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Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus

Titel: Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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Reinigungsdienst.
    Hochbezahlte Spezialisten, die mindestens das Fünffache einer Reinigungskraft verdienen, verschwenden ihre Zeit mit solchen »Ordnungsdiensten«. Derweil bleibt viel Arbeit liegen. Die Papierschnipsel heben wir auf. Doch das Geld fliegt aus dem Fenster.
    Alexandra Pfeiffer, Vertriebsassistentin
    Betr.: Weshalb unsere Meeting-Räume verschwunden sind
    Wenn ich einen Meeting-Raum brauche, zittere ich jedes Mal: Ist noch was frei? Ständig gibt es mehr Mitarbeiter, die reservieren wollen, als Räume, die zu reservieren sind. Meist behauptet das System, alle Räume seien ausgebucht. »Ausgebucht« heißt aber nicht: tatsächlich belegt. Mindestens die Hälfte der Räume wird »auf Verdacht« reserviert (man weiß ja, wie knapp die Räume sind!), aber dann nicht in Anspruch genommen.
    Viele Stunden habe ich schon damit verbracht, durch Ge bäudetrakte zu schleichen und an den Türen der Meeting-Räume zu lauschen: Ist jemand drinnen? Oder nicht? Einmal, als ich kein Geräusch gehört und die Tür geöffnet hatte, scheuchte ich eine Personaler-Runde auf: Im Rahmen eines Trainings hatten sie gerade meditiert.
    Ein anderes Mal hatte ich gerade mein Ohr an eine Tür gelegt, als sie aufflog und mir der Chef meines Chefs gegenübertrat. »Was machen Sie hier?«, fauchte er, als hätte er einen Spion ertappt.
    Â»Nach einem leeren Raum suchen.«
    Â»Aber dieser Raum ist doch im System reserviert!«
    Eigentlich hätte er wissen müssen, dass diese Reservierungen nichts zu heißen haben. Schon mehrfach hatten wir uns beim Management beschwert.
    Warum es an Meeting-Räumen fehlte? In den letzten Jahren waren immer mehr Zeitarbeiter eingestellt, aber keine neuen Büros gebaut worden. Man hatte einen Meeting-Raum nach dem anderen zum Großraumbüro umfunktioniert. Mit dem einen Problem, das man so gelöst hatte, war ein anderes geschaffen worden.
    Aber das musste den Managern nicht unbedingt auffallen. Für ihre eigenen Sitzungen nahmen sie meist zwei exklusive Räume im siebten Stock in Anspruch. Diese Räume waren nicht im Reservierungssystem gelistet. Und hier wurde auch kein Großraumbüro geplant.
    Martin Schumacher, Key-Account-Manager
    Betr.: Wie man es schafft, Verkäufer vom Verkaufen abzuhalten
    Ich bin im Vertrieb eines erfolgreichen Mittelständlers tätig. Die Firma sitzt in Süddeutschland, mein Vertriebsgebiet liegt 800 Kilometer entfernt in Ostdeutschland. Bis zum letzten Jahr war ich fünf Tage pro Woche bei Kunden, stellte unser Sortiment vor und pflegte Beziehungen. Nach Erstbesuchen bekam der Kunde ein schriftliches Angebot. Dazu telefonierte ich mit einem Kollegen aus der Zentralverwaltung, der das Angebot schrieb. Meist brachte ich es selbst beim Kunden vorbei, besprach es und fuhr oft mit einem Auftrag vom Hof.
    Doch vor einem Jahr kam es zu einer »Verschlankung der Zentralverwaltung«. Mehrere Mitarbeiter, darunter mein Angebotsschreiber, waren entlassen worden. Wir Außendienstler waren nun aufgefordert, mindestens einmal pro Woche in die Zentrale zu kommen (früher hatte ein Besuch pro Quartal gereicht). Dort sollten wir selbst erledigen, was bislang für uns erledigt worden war: Verkaufsstatistiken pflegen und Angebote schreiben.
    In der Praxis bedeutete das für mich und alle Kollegen, deren Vertriebsgebiet fern vom Firmensitz lag: Ein kompletter Verkaufstag ging uns verloren, weil wir ja in der Zentrale waren. Und zwei weitere Tage verbrachten wir mit den Hin- und Rück ­fahrten.
    Statt an fünf Tagen bei den Kunden zu sein und gute Geschäfte zu machen, blieben mir fürs Verkaufen nur noch zwei Tage – meine Verkaufschancen waren um mehr als 50 Prozent beschnitten worden!
    Dennoch war die Geschäftsführung völlig verblüfft, als die Verkäufe um eine zweistellige Prozentzahl einknickten. Sofort wurde eine Gegenmaßnahme ergriffen. Man drängte uns eine »Vertriebsschulung« auf. Wir, die immer Spitzenergebnisse erzielt hatten, wurden zum Nachsitzen verdonnert. Von einem Typen, der offensichtlich noch nie etwas anderes als seine Seminare verkauft hatte, mussten wir uns über »die Geheimnisse des gelungenen Kundengespräches« aufklären lassen. Danach glich unsere Motivation einer Rakete – der Challenger nach ihrer Explosion!
    Wer den Nachhilfeunterricht eigentlich gebraucht hätte, war klar: die

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