Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus
Abitur â weshalb sie in der Berufsschule meist gute Noten haben.
Während sie kräftig arbeiten müssen, versüÃen die Schönen nur dem Chef seinen Alltag. Einmal pro Woche versammelt er die Häschen um sich, um ihnen zu sagen, wie der Hase läuft. Dabei greift er auf seine fast 40-jährige Erfahrung im Bankgeschäft zurück. Sicher berichtet er, wie er ein Dutzend Bankräuber überwältigt, zehn Börsencrashs auf den Tag genau vorausgesagt und den Chefposten bei der Weltbank dreimal abgelehnt hat. Jedenfalls spielt er sich zum groÃen Guru auf.
Gut, dass er nicht weiÃ, wie diese Dates unter den Azubis seit vielen Jahren heiÃen: »Opas Märchenstunde«.
Nicole Schill, Bankkauffrau
4.
Bewerber-Casting:
Das Dieter-Bohlen-Prinzip
E s gibt tausend Wege, die richtigen Bewerber zu vergraulen und die falschen einzustellen. Irrenhäuser lassen keinen davon aus, nicht einmal die Graphologie. Hier erfahren Sie â¦
wie Firmen an Ihrer Schädelform ablesen wollen, was Sie im Kopf haben,
warum Weltkonzerne ihren Bewerbern wie Vampire das Blut aus den Adern saugen,
weshalb Ihnen im Vorstellungsgespräch grundsätzlich niemand zuhört
und wie sich zwei Firmen-Niederlassungen fast um einen Bewerber geprügelt hätten.
Von Schädeldeutern und Scharlatanen
Fast hätte die Personalerin ein giftiges Tier angeheuert. Doch in letzter Sekunde warf sich der Geschäftsführer des mittelständischen Energieversorgers dazwischen. Der Ingenieur hatte im ersten Vorstellungsgespräch einen exzellenten Eindruck hinterlassen. Nun stand das zweite Vorstellungsgespräch an, diesmal mit dem Geschäftsführer. Der lieà sich von der Personalerin die Bewerbungsunterlagen vorlegen. Nach drei Sekunden schaute er auf und sagte: »Den nehmen wir nicht! Das hat keinen Zweck.«
»Aber warum denn?«, fragte die Personalerin. »Der passt doch perfekt zum Stellenprofil.«
»Haben Sie mal aufs Geburtsdatum geschaut?«
Sie überlegte kurz. »Stimmt, er ist für die Position noch ein wenig jung. Aber er hat schnell studiert und schon etliche PraxisÂerfahrung.«
»Nein«, knurrte der Geschäftsführer, »das meine ich nicht. Er hat Anfang November Geburtstag. Wissen Sie, was das heiÃt?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Er ist Skorpion! Und glauben Sie mir, jemand mit diesem Sternzeichen ist für den Umgang mit sensiblen Kunden nicht geeignet. Ich habe da so meine Erfahrungen.«
Der Geschäftsführer war nicht mehr umzustimmen. Die Sterne hatten ihm die Wahrheit geflüstert. Der Kandidat hat nie erfahren, warum sein zweites Vorstellungsgespräch kurzfristig abgeblasen wurde.
Die Hokuspokus-Methoden greifen bei der Personalauswahl um sich, nicht nur im finsteren Mittelstand. Die Firmen fühlen sich in einer Notwehr-Situation, weil ihre Standard-Personalauswahl nur zu Standard-Reinfällen führt (wie ich im ersten Irrenhaus-Band beschrieben habe).
»Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch«, schrieb einst Hölderlin. Das Rettende hat einen Namen: Dirk Schneemann. Der gelernte Autolackierer ist zum Star am Himmel der Personalauswahl aufgestiegen. Zu seinen Kunden gehören nach eigenen Angaben renommierte Unternehmen wie Daimler, Kraft Food, Thyssen Krupp, der TÃV sowie mehrere Bundesligavereine. 25
Die Methode, mit der Schneemann als Personalberater die Herzen der Unternehmen erobert hat, ist bemerkenswert. Die Physiognomik, sprich Schädeldeuterei, ist seine Kunst. Angeblich lässt sich ein Bewerber auf den ersten Blick durchschauen. Was seine Unterlagen und seine Aussagen vertuschen, all das verrät seine Schädelform. Man muss den Kopf nur zu deuten wissen!
Der Wirtschaftspsychologie-Professor Uwe Peter Kanning berichtet in seinem aufschlussreichen Buch »Von Schädeldeutern und anderen Scharlatanen«, wie er Guru Schneemann unverhofft in einem internationalen Konzern begegnete: »Eingeladen hatte eine Abteilungsleiterin, die das Auswahlverfahren für die Hochschulabsolventen überarbeiten wollte. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte ich niemals gedacht, dass ein solches Unternehmen auf die absurde Idee kommen könnte, einen Psycho-Physiognomen um Rat zu fragen. Eigentlich sollten hier Spezialisten sitzen, die über eine einschlägige Ausbildung verfügen (â¦). SchlieÃlich kommt der Auswahl des Personals eine (â¦) Schlüsselfunktion für
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