Ich arbeite immer noch in einem Irrenhaus
Hälfte meiner Prä mie.
Ich verwies erneut auf meinen asthmakranken Mitarbeiter, dessen Krankheitstage sich weiter erhöht hatten: »Aber es kann doch nicht sein, dass Sie mir einen chronisch Kranken zum NachÂteil auslegen!«
Die Personalleiterin meinte: »Vielleicht muss er nicht ewig bei uns in der Firma beschäftigt sein â wo sich seine Gesundheit doch so verschlechtert.«
Aha, daher wehte der Wind! Man erwartete, dass ich den Kranken eiskalt aus meiner Abteilung mobbte. Das Prämiensystem wedelte mit einem Kopfgeld. Seit diesem Tag schreibe ich die Hälfte meiner Prämie freiwillig ab â und sehe die Mobbing-Fälle in meinen Nachbarabteilungen mit neuen Augen.
Christian Bredow, Abteilungsleiter (Finanzdienstleister)
Betr.: Wie ein unsichtbarer Testkäufer mir
eine Abmahnung zuschusterte
Ich arbeite in einer Kleinstadt-Filiale eines groÃen Discounters, bin gewerkschaftlich organisiert und deshalb bei meiner Firma unbeliebt. Einiges an Hinterhältigkeit war mir schon begegnet. Doch was mir letztes Frühjahr passierte, übertrifft alles. Mein Verkaufsleiter lieà mich in seinem Büro antanzen. In süffisantem Ton sagte er: »Frau Wiesler, was haben Sie zu tun, wenn ein Kunde mit Einkaufstasche im Wagen die Kasse passiert?«
»Ich hebe die Tasche an. Immer!« Ich vergaà das niemals, diese Handbewegung war für mich so selbstverständlich wie das Anschnallen vorm Autofahren.
»So, so«, höhnte der Verkaufsleiter. »Aber gestern ist ein Testkunde bei Ihnen mit zwei Aufschnitt-Packungen unter einer solchen Tasche durch die Kasse spaziert.«
»Unmöglich!«
»Und ob. Und deshalb gibtâs jetzt Post von mir.«
Mit diesen Worten drücke er mir meine Abmahnung in die Hand.
Wer war dieser Testkäufer gewesen? Wie sah er aus, hatten ihn die Kolleginnen auch gesehen? Und was hätte ihn daran hindern sollen, mich direkt nach dem Durchschreiten der Kasse anzusprechen und mit dem Beweisstück zu überführen?
Noch am gleichen Tag telefonierte ich mit anderen Filialen und fand heraus: Mit derselben Masche waren schon mehrere Kolleginnen in Nachbarfilialen abgemahnt worden. InteressanÂterweise traf es immer solche, die in der Gewerkschaft organisiert und kritisch gegenüber der Firma waren.
Verdi organisierte mir einen Anwalt. Der forderte meinen Arbeitgeber auf, die Identität des Testkäufers preiszugeben und ihn mir und meinen Kolleginnen gegenüberzustellen.
Ein paar Tage später schrieb mir die Zentrale: Man habe meine Abmahnung »aus der Personalakte gelöscht, um eine langwierige juristische Auseinandersetzung zu vermeiden«. Die Wahrheit hätte lauten müssen: »Wir haben versucht, dich zu linken, aber sind dabei aufgeflogen. Doch sei dir sicher: Wir versuchen es wieder!«
Kerstin Wiesler, Supermarkt-Kassiererin
Betr.: Wie sich die Firma bei mir für
30Â Jahre Treue bedankte
Als mich mein Chef Mitte September 2009 zur Seite nahm, ahnte ich das Thema schon: Am 1. Oktober stand mein dreiÃig jähriges Firmenjubiläum an. Eigentlich spendierte die Firma zu diesem Anlass einen Geschenkkorb, ein Abendessen mit Kollegen und ein zusätzliches Monatsgehalt. Doch mein Chef druckste herum: »Also, mit Ihrem DreiÃigjährigen â wie fixiert sind Sie auf den Termin?«
»Ich habe im Oktober keinen Urlaub geplant. Wir können das ansetzen, wann immer es passt.«
Er kniff die Lippen zusammen. »Nein, ich meine: Würde es Ihnen auch noch später passen? Die Geschäftsleitung schlägt eine Sammelveranstaltung vor.«
Das Wort »Sammelveranstaltung« klang für mich nach Altkleidersammlung: viel billiges Zeug auf einem Haufen.
Er erklärte: »Nächstes Jahr feiern noch zwei Kollegen ihr Drei Ãigjähriges. Wir würden dann eine ganz groÃe Sache machen, eine Dreier-Veranstaltung.«
»Und wann?«
Nervös trat er von einem Fuà auf den anderen. »Nun, der letzte Kollege hat sein Jubiläum im Oktober. Ihr DreiÃigjähriges wäre dann in einem Jahr.«
Eine peinliche Pause entstand, und mit gezwungenem Humor fügte er hinzu: »Dann können Sie sich bis dahin noch ein wenig jünger fühlen!«
Mir erschien dieser Vorgang absurd â als hätte mir jemand angeboten, mir zu meinem 60. Geburtstag mit einem Jahr Verspätung zu gratulieren. Es ging nur ums Sparen. Wenn wir
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