Ich begehre dich noch immer
keine Liebe, die andauern konnte, weil ich zu jung war, um zu verstehen, worauf ich mich einließ. Ich weigere mich, deswegen Schuldgefühle zu haben, weil wir beide daran beteiligt waren. Wir haben zu früh zu viel haben wollen.”
Sie ließ eine Lüge der anderen folgen, und es machte sie tief unglücklich. Sie setzte herab, was sie für Mark empfand, und sie hasste sich dafür. Aber es blieb ihr keine andere Wahl. Es würde niemandem etwas nützen, wenn sie Mark gestand, dass sie ihm ihre Schwangerschaft verheimlicht hatte, damit er seine Zukunftspläne nicht aufzugeben brauchte. Also musste sie lügen, und das Gewicht dieser Lügen lastete schwer auf ihr.
„Um Himmels willen, Mark”, sagte sie schließlich, „wenn es dir immer noch schwer fällt, die Vergangenheit von der Gegenwart zu unterscheiden, dann brauchst du mich doch nur einmal genau anzusehen. Was siehst du? Die schlanke, sportliche Emily, deren Taille so winzig war, dass du sie mit deinen Händen umfassen konntest?” Sie schüttelte den Kopf.
„Wach endlich auf, Mark. Ich bin eine pummelige einunddreißigjährige Frau, die schon zunimmt, wenn sie nur an etwas Kalorienreichem schnuppert. Ich habe einen zwölfjährigen Sohn, ein uraltes Auto, das sich nur mit Ach und Krach fortbewegt, eine Hypothek auf diesem kleinen Haus und ein Geschäft, das zwar ständig wächst, aber noch sehr weit davon entfernt ist, meine finanziellen Probleme zu lösen. Konzentriere dich lieber auf diese Tatsachen statt auf das, was früher einmal war.”
„Das ist eine wirklich beeindruckende Liste”, meinte er trocken und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Das kann man wohl sagen.”
„Aber du hast etwas ausgelassen.”
„Nämlich?”
„Gefühle, Empfindungen. Wer ist Emily MacAllister jetzt? Was lässt sie lächeln, was bringt sie zum Lachen oder zum Weinen? Welche Träume haben unsere gemeinsamen Träume von damals abgelöst?”
„Was macht das für einen Unterschied?” fragte Emily ungeduldig.
„Ich weiß nicht”, antwortete er, plötzlich erschöpft. „Dir scheint es nicht besonders schwer zu fallen, die Vergangenheit zu vergessen, aber für mich ist es nicht so leicht. Vielleicht liegt das daran, dass ich fort war und bei meiner Rückkehr von meinen Erinnerungen sozusagen überfahren werde, wo ich auch hingehe. Und dann ist da noch Trevor. Kannst du dir vorstellen, wie es ist, zu erfahren, dass man einen Sohn hat, von dessen Existenz man gar nichts wusste? Er ist der lebende Beweis für alles, was wir damals füreinander gewesen sind.
Emily, ich bin gekommen, um endlich reinen Tisch zu machen.”
„Reinen Tisch? Du hast mich all die Zeit nicht vergessen?” sagte Emily, wie betäubt von der Bitterkeit in seiner Stimme. „So sehr hast du mich all diese Jahre über gehasst?”
Nein, dachte Mark, ich habe dich all diese Jahre über geliebt. Aber er zögerte mit der Antwort, denn jetzt wusste er, dass sie ihm Trevors erstes Lächeln vorenthalten hatte, seine ersten Schritte, seine ersten Worte. Er hatte niemals Trevors kleine Hand gehalten, um ihm Mut zu machen, als er sich vor seinem ersten Tag im Kindergarten fürchtete.
Er hatte ihm nicht beigebracht, einen Ball zu werfen oder Rad zu fahren oder sich die Schnürsenkel zu binden. Er hatte ihn nicht ins Bett gebracht, ihm keine Märchen vorgelesen und nicht mit ihm gebetet.
Mark hatte nichts davon mit seinem Sohn erlebt, weil Emily Trevor erzählt hatte, dass sein Vater gestorben war. Und das tat ihm mehr weh als der Brief, mit dem sie damals ihre Beziehung beendet hatte.
Seine wachsende Wut verdrängte die Leidenschaft für Emily. Vielleicht würde es ihm doch nicht schwer fallen, sein Herz von Emily MacAllister zurückzuverlangen. Sie hatte sehr wichtige Entscheidungen getroffen, und sie hatte kein Recht gehabt, das ohne ihn zu tun. Sie hatte einfach Schicksal gespielt und ihr Leben so eingerichtet, wie es ihr gefiel, ohne seine Gefühle dabei in Betracht zu ziehen und sein Recht, von der Existenz seines Sohnes zu erfahren. Doch jetzt würde sein Sohn endlich erfahren, wer sein Vater war, und wenn es das Letzte war, was Mark in diesem Leben zu Stande brachte.
„Du hast in den letzten zwölf Jahren das Sagen gehabt, Emily”, erklärte er kühl, „aber jetzt bin ich an der Reihe. Ich war einverstanden, dass Trevor und ich uns erst besser kennen lernen, bevor wir ihm die Wahrheit sagen. Aber wenn ich glaube, dass der Zeitpunkt gekommen ist, werde ich ihm alles
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