Ich bin an deiner Seite
entschuldigte sich erneut, dann beobachtete er, wie sein kleines Mädchen oben auf einen Felsen kletterte und Holly die Hand hinstreckte. »Ich weiß es nicht. Diese Reise – sie war gut, denke ich. Eine echte Tempoveränderung. Aber ich wünschte, sie würde mehr lachen. Ich wünschte, sie würde sich nicht so anders fühlen als ihre Freunde, so viel älter.«
Georgias Handy klingelte, aber sie stellte es aus. »Anders ist nicht immer schlecht, Ian. Kate war anders. Glaubst du, viele Frauen würden das College beenden und sich dann in einen Flieger nach Japan setzen? Sie hatte keinen Job, konnte kein Japanisch. Und doch ist sie geflogen. Und sie hat dort dich getroffen.«
»Kates Mutter lebte damals noch.«
»Aber Mattie hat dich. Und das ist viel. Denkst du, Holly hat es nicht verletzt, dass es ihrem Vater wichtiger war, Geld für sein heiliges Museum zu sammeln, als Zeit mit ihr zu verbringen? Dass wir beide uns getrennt haben? Natürlich hat ihr das wehgetan. Es hat ihr wirklich wehgetan. Aber Kinder sind robust. Robuster als Erwachsene. Und obwohl Holly manchmal noch wegen ihres Vaters weint, bin ich diejenige, die sich nie verabredet, die keinem Mann mehr vertraut, die Angst hat. Holly ist schon seit langer Zeit darüber hinweg. Genauso wie Mattie darüber hinwegkommen wird. Sie wird lernen, wieder glücklich zu sein.«
»Sie sollte nicht lernen müssen, wie man glücklich ist.«
»Nein, sollte sie nicht. Aber sie wird es.«
»Aber …«
»Die Tage werden zu Wochen, die Wochen zu Monaten, und die Monate zu Jahren. Und Matties Schmerz … das meiste davon … wird verschwinden. Was immer noch übrig ist, wird sie in ihrem Leben nicht bremsen. Es wird sie nicht ausmachen. Glaub mir, Ian. Ich kenne Mattie gut genug, um zu wissen, dass sie wieder lachen wird.«
Ian wollte ihr glauben. Er wollte sie bitten, jedes Wort zu wiederholen, ihm ihre Gedanken aufzuschreiben, damit er sie jeden Morgen lesen konnte. Er bedankte sich bei ihr und drehte sich leicht auf der Bank, um sein kleines Mädchen zu beobachten, das kopfüber oben auf einer Rutsche lag und sich darauf vorbereitete, zu Holly hinunterzurutschen, die unten auf sie wartete.
***
Einige Stunden später gingen Ian, Mattie, Georgia und Holly Richtung Innenstadt. Holly ging mit Mattie an der Hand voraus einen Fußgängerweg hinunter, der parallel zu einer Reihe von Rollbändern verlief, auf der Geschäftsleute aus der Innenstadt unterwegs zu ihren Häusern in den Bergen waren. Die Rollbänder hatten keine Stufen und waren flach und steil. Glas- und Stahldächer schützten die sich bewegenden Bänder vor den Elementen, obwohl die Seiten offen waren.
Die gefliesten Stufen neben den Rollbändern waren breit und in großem Abstand zueinander angelegt. Hollys Füße verfielen in einen lange erprobten Rhythmus, sie machte vier Schritte und trat dann eine Stufe runter, wiederholte das wieder und wieder. »Jeden Tag, Mattie, bewegen sich die Rollbänder von sechs bis zehn Uhr morgens von den Bergen nach unten«, sagte Holly, und sie sprach so schnell, wie ihre Füße sich bewegten. »Sie bringen all die Berufstätigen zu ihren Büros. Dann ändern die Rollbänder ihre Richtung und von zehn Uhr morgens bis Mitternacht fahren sie nach oben, tragen die Leute nach Hause. Meine Mama und ich benutzen die Rollbänder jeden Tag, um zur Schule und zur Arbeit zu kommen. Wir benutzen fast nie die Treppe, so wie wir jetzt. Aber da wir in die Innenstadt wollen, während die meisten Leute sie verlassen, sind wir in die falsche Richtung unterwegs und müssen laufen, laufen, laufen.«
Mattie lächelte, beobachtete Einkäufer und Geschäftsleute auf dem nach oben fahrenden Rollband. Viele Leute lasen Zeitschriften oder Zeitungen. Andere kommunizierten mit ihren Handys, tippten eine SMS ein oder sprachen mit jemandem. »Ich möchte da rauffahren«, sagte Mattie. »Von ganz unten nach ganz oben.«
»Und das kannst du. Nach dem Essen kannst du bis ganz hinauf zu eurem Hotel fahren.« Holly verließ den Weg, überquerte eine Straße und nahm dann eine weitere Treppe. Sie winkte einem chinesischen Mädchen, das auf dem benachbarten Rollband stand, und begrüßte es auf Mandarin. »Das ist Lian«, erklärte Holly. »Wir gehen zusammen zur Schule. Sie hat sieben Geschwister. Stell dir das vor. Ich wette, die verbrauchen eine Menge Toilettenpapier.«
»Du … du kannst Chinesisch?«
»Ich spreche Mandarin. Eine der chinesischen Sprachen. Die am weitesten verbreitete. Es ist gar
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