Ich bin der letzte Jude
Lager zurück. Er sah schlechter aus als zuvor bei
uns im Lager. In Treblinka hatte er sich offensichtlich besser gefühlt als zu
Hause. Die Luft von Treblinka tat ihm gut. Während der beiden Weihnachtstage
waren keine Transporte angekommen.
Erst um den 10. Januar herum kamen sie wieder regelmäßig. Der Tag,
an dem sie wieder einsetzten, war sehr schwer. Wir empfingen einen »Gast« aus
dem Lager Nr. 1, den Untersturmführer Franz 34 , genannt »Lalka«, »die Puppe«. Er brachte auch
seinen Hund Bari 35 mit, der so berühmt war wie sein Herr.
Als die Arbeit wieder aufgenommen wurde, wandten die
Deutschen neue Methoden an.
Um den 10. Januar herum kamen Transporte aus den Grenzgebieten, aus
Białystok, Grodno und Umgebung. Der Winter war äußerst hart, es herrschte
klirrende Kälte. Die Sadisten hatten sich einen neuen Zeitvertreib ausgedacht.
Bei zwanzig Grad unter null schickten sie die jungen Frauen nicht gleich in die
Gaskammer, sondern ließen sie erst einmal nackt im Freien stehen. Die Männer
und älteren Frauen waren schon erstickt, aber die Mädchen, in Reihen
aufgestellt, mussten halb erfroren mit bloßen Füßen im Schnee warten, sie
zitterten vor Kälte, sie weinten, drängten sich aneinander und flehten
vergeblich, »ins Warme« gelassen zu werden, wo der Tod auf sie wartete.
Die Ukrainer und die Deutschen blickten amüsiert auf diese jungen
Körper, sie machten Witze und lachten, bis sie sich endlich gütig zeigten und
dazu herabließen, sie ins »Bad« zu schicken.
Solche Szenen wiederholten sich noch oft den ganzen Winter über.
Es ist wichtig anzumerken, dass im Winter das Ziehen der
Zähne um vieles schwieriger war. Vielleicht waren die Leichen nach dem Öffnen
der Klappen erfroren, oder die Kälte hatte schon vor dem Eintritt in die
Gaskammern ihre Wirkung getan, auf jeden Fall kostete es viel Mühe, die Münder
zu öffnen. Und je mehr wir uns anstrengten, umso heftiger schlugen die Mörder
auf uns ein.
Überhaupt war es auch im Sommer so, dass die Menschen so schnell wie
möglich die Gaskammer erreichen wollten, wenn sie das letzte Stück durch den Schlauch
getrieben wurden. Die Kammern boten ihnen Schutz vor den Schlägen, und sie
wollten so schnell wie möglich alles hinter sich bringen.
Im Februar 1943 trat das Problem mit den Aschehaufen auf,
die nach der Verbrennung der Leichen übrig blieben. Man richtete eine
»Aschekolonne« ein. Am Morgen begannen die Träger damit, die Asche in Kisten
wegzuschaffen, die an den Tragen befestigt waren. Man muss dazu sagen, dass die
Leichen, die aus den Massengräbern geholt wurden, meistens in einem solchen
Zustand der Verwesung waren, dass sie nicht mehr auf der leiterartigen Trage
transportiert werden konnten. Deshalb legten wir die Teile in die Kisten und
kippten dann Asche darüber.
Die Glieder der Leichen, die auf den Rosten verbrannt wurden, waren
oft noch ganz. Wir zogen verkohlte, aber ganze Köpfe, Arme und Beine aus der
Asche hervor. Das Aschekommando musste sie mit Holzstampfern zerkleinern.
Diese ähnelten Eisenschaufeln, die zum Zerkleinern des Schotters auf den
Straßen eingesetzt wurden, so wie andere denen ähnelten, die bei Sand- und Steinarbeiten
eingesetzt wurden. Man hatte Gitter aus engmaschigem Eisendraht aufgestellt:
Damit konnte die zerkleinerte Asche gesiebt werden, so wie man Kiesel vom Sand
trennt. Was auf dem Gitter hängen blieb, wurde erneut zermalmt. Das geschah auf
einem Stück Blech. Die Leute vom Kommando durften die Knochen erst dann von
diesem Gitter nehmen, wenn sie vollkommen verkohlt waren. Solange das nicht der
Fall war, blieben sie neben dem Ofen liegen und wurden dann auf eine neue
Ladung Leichen geworfen. »Beendet« war die Arbeit, wenn die Asche auch von den
kleinsten Knochenteilchen befreit und so fein wie Zigarettenasche geworden war.
Als sich große Haufen dieser feinen Asche angesammelt hatten,
führten die Deutschen verschiedene Experimente durch, um sich der Asche zu
entledigen und die Spuren der begangenen Morde zu vertuschen.
Zuerst haben sie versucht, die Asche mittels spezieller Flüssigkeiten
in »Erde« zu verwandeln. Dafür kamen sogar Fachleute angereist. Sie standen vor
den Haufen und mischten in verschiedenen Anteilen Sand unter die Asche, dann
schütteten sie geheimnisvolle Flüssigkeiten auf das Gemisch. Was dabei
herauskam, befriedigte sie nicht. Am Ende dieser Versuche beschlossen sie dann,
die Asche unter einer dicken Sandschicht zu begraben.
Auf dem Boden der Gruben, aus
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