Ich bin der letzte Jude
sammeln, änderten die Verbrecher
ihre Taktik.
Wir leben im Dreck. Am Tag tragen wir immer dieselben Kleider und
dieselben Schuhe voller Blut. Nachts legen wir die Sachen zusammengerollt unter
unsere Köpfe. Wir schlafen eng zusammengedrängt.
Monatelang haben wir dasselbe Hemd getragen. Die Würmer sind auf uns
herumgekrochen. Wir konnten unsere Hemden nicht waschen. Die Verbrecher ließen
ganze Güterwagen voll Kleider wegfahren, und wir bekamen nichts zum Anziehen.
Unser Hunger war groß. Wir bekamen nur einen kleinen Teil der Lebensmittel, die
die Juden mit auf die Reise genommen hatten. Es kam so weit, dass einige
Häftlinge das Brot aßen, das sie bei den Leichen fanden, die sie aus den Gaskammern
gezogen hatten.
Mitten im zwölften Monat ist die Arbeit unregelmäßiger
geworden. Die Zahl der Transporte nimmt ab, und das Arbeitstempo verlangsamt
sich. Die SS -Männer sind größtenteils in Urlaub
gefahren. Zu dieser Zeit wütet das Fleckfieber, viele Häftlinge haben vierzig
Grad Fieber. Wir können uns kaum auf den Beinen halten, fürchten aber nichts
mehr, als uns krankzumelden.
Bei einem Appell verkündet der stellvertretende Lagerchef Karol
Spezinger (ein SS -Mann im Rang des Scharführers),
die Kranken sollten zum Arzt gehen, man werde ihnen nichts antun, und sie
könnten in der Baracke liegen bleiben. Er sagt noch, dass in der letzten Allee
eine Baracke in ein Lazarett 37 umgewandelt wird, um die Kranken aufzunehmen.
Die Angst ist groß. Trotzdem melden sich viele krank, denn sie
können ohnehin nicht mehr auf ihren Beinen stehen. Nach ein paar Tagen ist das
Lazarett mit mehr als hundert Kranken überfüllt. Ich bin einer von ihnen. Wir
glühen vor Fieber und bleiben liegen. Wir bekommen keinerlei ärztliche
Behandlung, aber es tut schon gut, ein paar Tage lang nicht aufstehen zu
müssen. Der Mörder hat sein Wort gehalten, wie die Deutschen alle ihre abscheulichen
Versprechen halten.
Ein paar Tage später gegen fünf Uhr abends kommen SS -Männer und befehlen, neunzig Kranke aus dem Lazarett
zu schaffen. Die Ukrainer stürmen in die Baracke und ziehen einen nach dem
anderen an den Füßen von der Pritsche.
Jetzt bin ich an der Reihe. Ein Mörder packt mich am Fuß, aber ich
kann mich frei machen. Ich ziehe die Beine an. Nach einer Viertelstunde haben
die Mörder schon über achtzig rausgeschafft. Zeit zum Anziehen hatten sie
nicht, sie nehmen die Decken mit, unter denen sie gelegen haben. Von hundert
Kranken sind nur noch wir dreizehn übrig. Die anderen sind auf dem Appellplatz
versammelt. Nach ein paar Minuten sind die Gewehre zu hören, die ihr Spiel
beginnen.
Wir Übriggebliebenen sind überzeugt, dass wir morgen an der Reihe
sein werden. Deshalb melden wir uns gesund. Der Arzt ordert Wäsche für uns. Wir
müssen uns ausziehen und waschen. Tür und Fenster der Baracke stehen weit
offen, es herrschen sicher zwanzig Grad Kälte, und wir waschen uns. Ich will
mich anziehen, kann mich aber nicht auf den Beinen halten. Meine Kameraden sind
nicht besser dran. Es ist vier Uhr nachmittags. Um sechs Uhr müssen wir zum
Appell. Er dauert eine Stunde, und man befiehlt uns zu singen. Der
Hauptmusikliebhaber ist der Mörder Karol Spezinger. Ganz besonders liebt er
Rezitationen. Kamerad Szpigl, der Schauspieler in Warschau war, muss, vom
Orchester begleitet, Texte deklamieren.
Nach diesem Zwischenspiel kommt der Befehl: »Abtreten,
rechts um!« Wir müssen in Reih und Glied über den Appellplatz
marschieren. SS -Mann Gustav lässt die heraustreten,
die nur mit Mühe laufen, und belohnt sie mit ein paar Kugeln. Einer der
Aufgerufenen, der genau weiß, was ihn erwartet, tritt lächelnd aus der Reihe
und ruft zum Abschied laut: »Ich wünsche euch, das hier zu überleben, was mir
nicht vergönnt ist!«
Der Mörder, von einem wilden Trieb erfasst, erledigt ihn mit einer
einzigen Kugel.
Ich tue, was ich kann, um meine Füße vom Boden zu heben, und wir
Halbtoten marschieren singend bis zu unserer Baracke.
Wegen des allgegenwärtigen Schmutzes breitete sich im ganzen Lager
die Krätze aus, und wir wurden alle krank. Da wir keine Medikamente hatten,
rieben wir uns mit gewöhnlichem Benzin ein, was zu Geschwüren auf dem ganzen
Körper führte. Die Schmerzen waren unerträglich. Aber in Treblinka musste man
auch das ertragen und aushalten.
14
Oberscharführer Franz und sein Hund Bari.
Die Mörder trinken auf die Ankunft der englischen Juden.
Ein neuer »Spezialist«.
Es ist schönes Wetter, die Mörder
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