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Ich bin ein Genie und unsagbar böse

Titel: Ich bin ein Genie und unsagbar böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Lieb
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Aber noch einmal: Die letzten beiden verdienen nicht die Ehre, als böse bezeichnet zu werden - die waren nur paranoide, perverse Psychopathen.
    Deshalb nennen wir den einen Diktator Alexander den Großen, den anderen Hitler, das Monstrum mit dem Schnurrbart.
    Wenn ich meinen Thron besteige - und das werde ich eines Tages tun -, wird das Leben der meisten Menschen auch nicht viel schlimmer sein als heute. In mancher Hinsicht vielleicht sogar besser. Ich werde zum Beispiel das Lied »Jingle Bell Rock« verbieten lassen, das nach einhelliger Expertenmeinung das übelste Lied ist, das je komponiert wurde. 48 Mit diesem einen Gesetz werde ich Weihnachten um zweihundert Prozent verbessern!
    Aber was bringt es denn, böse zu sein?, werdet ihr jetzt vielleicht fragen. Warum nicht einfach leben und leben lassen?
    Als Antwort verweise ich erneut auf meinen geliebten Captain Beefheart, einen Musiker, der so brillant, ja so böse war, dass er seine eigene Band in den Wahnsinn
trieb . 49 Er ließ sie nicht essen. Er ließ sie nicht schlafen. Sie durften sein Haus nicht mehr verlassen. Er zwang sie, Kleider anzuziehen (obwohl sie keine Mädchen waren). Er nahm ihnen ihre eigentlichen Namen weg und zwang sie, an stundenlangen, entwürdigenden Gruppentherapien teilzunehmen. Und wenn es einem deprimierten, verzweifelten Mitglied der Magic Band gelang, sich aus den Klauen des Captains zu befreien, dann fing Beefheart ihn wieder ein und schleifte ihn mit Gewalt zurück ins Tonstudio.

    Es war grausam - natürlich! Unmenschlich - zweifellos! Böse - und wie! Aber wer Trout Mask Replica hört, der weiß, dass sich alles gelohnt hat. 50
    Doch genug von der Theorie des Bösen. Kehren wir zur Praxis zurück.
    In meinem Kontrollzentrum sitzen Sheldrake und ich in vibrierenden Massagesesseln aus Leder, während wir die Personalakten von Jack Chapman und Liz Twombley durchgehen. Immer wieder sind knatternde Geräusche zu hören. Auf der Brücke über unseren Köpfen wird gerade meine neuste Erfindung getestet - der Elektrisierer.
Es handelt sich um einen Stab, mit dem ich auf jeden beliebigen Gegenstand zeigen kann, um diesem einen Stromstoß zu versetzen. Einfacher ausgedrückt, um eure Spatzenhirne nicht zu überfordern: Ihr wisst doch, dass eine Türklinke manchmal unangenehm prickelt, wenn ihr sie mit euren Patschhändchen anfasst. Mit dem Elektrisierer kann ich dafür sorgen, dass sich jede beliebige Türklinke so anfühlt, solange ich sie im Auge behalte. Die Energieübertragung ist nicht effizient, aber ich denke, sie wird ihren Zweck erfüllen.
    Liz’ Akte ist ein wenig dünn. Jacks Akte ist zwar auch nicht dicker, aber äußerst zufriedenstellend. Die wird auf jeden Fall ausreichen.
    »Durchsage an die Rechercheabteilung«, verkünde ich. »Ihr dürft heute Abend alle ins Kino gehen - auf meine Kosten.«
    Aus den verschiedenen Winkeln meiner Zentrale schallt mir ein gedämpftes«Hurra!« entgegen. Kleinlichkeit kann mir niemand vorwerfen.
    »Wir sind fertig. Es funktioniert.«
    Ich blicke nach oben. Einer meiner neusten Techniker, ein Jungspund mit wirrer Frisur und Silberblick (heißt er nicht Chauncey?) lehnt sich über das Brückengeländer und hält sich mit einer Hand an den Gitterstäben fest. In seiner anderen Hand befindet sich der Elektrisierer.
    »So schnell?«, frage ich. »Hast du den Kontrolltest schon tausend Mal durchgeführt?«
    Chauncey kichert. Sein Laborkittel ist nicht zugeknöpft und gibt den Blick frei auf ein Jonas-Brothers-T-Shirt. 51 »Nichts für ungut, Boss, aber ich war Jahrgangsbester
auf dem College.« Mir fällt auf, dass die anderen Techniker, die schon länger für mich arbeiten, zu ihm so viel Abstand halten wie nur möglich. »Ich brauche so was nicht tausend Mal zu testen, um zu wissen, dass es funktioniert.«
    »Tatsächlich?«, frage ich. »Lass mal sehen.« Ich signalisiere ihm, dass er den Elektrisierer zu mir hinunterwerfen soll. Er wirft ihn mir vorsichtig zu, worauf Lolli mit gewölbtem Rücken aufsteigt wie ein braunschwarzer Regenbogen und ihn mit ihren perlweißen Zähnen auffängt. Sie lässt den cirka dreißig Zentimeter langen Stab aus Gummi und Stahl in meinen Schoß fallen. Ich betrachte ihn sorgfältig und schalte ihn ein. Er fängt an zu summen, worauf sich meine Nasenlöcher sofort mit dem Geruch nach verbranntem Aluminium füllen, den Ozon an sich hat.
    »Sehen Sie!«, sagt Chauncey. »Er funktioniert perf…«
    Ich richte den Stab auf das Gitter, an dem er sich festhält, und

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