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Ich Bin Gott

Titel: Ich Bin Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giorgio Faletti
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schauten sich auf eine Weise in die Augen, die nicht auf bloße Freundschaft schließen ließ. Vivien kam sich wie eine Voyeurin vor und ging rasch weiter, bevor Richard sie entdecken würde. Doch der schien ohnehin nur Augen für seine Begleiterin zu haben. Vivien wunderte sich nicht, ihn hier zu sehen, denn er wohnte in dieser Gegend. Sie waren häufiger zusammen in diesem Café gewesen.
    Vielleicht hätte es ein paarmal mehr sein sollen.
    Etwa ein Jahr lang war Vivien mit Richard zusammen gewesen, ein Jahr voller Lachen, Essen, Wein und zärtlichem Sex. Eine Beziehung, die nur noch einen Schritt von Liebe entfernt gewesen war.
    Doch sie – mit all ihrer Arbeit, mit Sundance und ihrer Schwester – hatte immer weniger Gelegenheit gefunden, die Beziehung zu pflegen. Am Ende war der Schritt zu groß für ihre kurzen Beine gewesen, und die Geschichte hatte ein Ende gefunden.
    Auf dem Weg wurde ihr bewusst, dass sie mit den Menschen in dieser Straße, in dieser Stadt und in dieser Welt eines teilte: die Anmaßung, leben zu wollen, und die Gewissheit zu sterben. Leider gab es keine andere Welt, und sosehr man die Illusion hegen mochte, alles hinauszögern zu können, hatte man doch nie wirklich genug Zeit.

10
    Ziggy Stardust war ein Meister der Tarnung.
    Er war der perfekte Niemand unter den Millionen von Niemanden, die jeden Tag die New Yorker Luft atmeten, ein vorzügliches Beispiel für weder-noch: weder groß noch klein, weder dick noch dünn, weder schön noch hässlich. Ein auf grandiose Weise nichtssagender Mann. Einer von denen, die man nicht bemerkt, an die man sich nicht erinnert, die man nicht liebt.
    Der König des Nichts.
    Doch genau daraus hatte er eine Kunst gemacht. Auf seine Weise hielt er sich nämlich für einen Künstler. Und für einen Reisenden. Im Schnitt fuhr er an einem einzigen Tag mehr Meilen mit der Subway als ein normaler Fahrgast in einer ganzen Woche. Für Ziggy Stardust war die Subway ein Hort von Idioten. Und der Ort, an dem er einer seiner vielfältigen Tätigkeiten nachging: dem Taschendiebstahl. Eine andere Beschäftigung, die er eher nebenher pflegte, die deshalb aber nicht weniger wichtig war, sah ihn als Lieferanten des Vertrauens für Leute mit viel Geld, die risiko- und problemlos an weißes Pulver oder andere Substanzen kommen wollten.
    Mit ihm hatten sie nie Probleme gehabt.
    Handel im großen Stil war das nicht, aber doch ein beständiger Fluss, eine Art kleine Rendite. Ein Anruf unter einer sicheren Nummer, und die Damen und Herren der Upperclass erhielten alles geliefert, was sie für ihre Abendveranstaltungen brauchten. Oder bekamen Adressen für ihre Spielchen. Sie hatten das Geld, er hatte, wofür sie zu bezahlen bereit waren. Hier trafen sich Angebot und Nachfrage auf so natürliche Weise, dass es jegliche Skrupel im Keim erstickte, sofern Ziggy überhaupt je von so etwas befallen gewesen war.
    Gelegentlich, wenn er welche besaß, verkaufte er auch Informationen. Manchmal an die Polizei, die im Tausch gegen so manch fruchtbaren vertraulichen Tipp die Augen vor Ziggys Subwayreisen verschloss.
    Ziggy Stardust war natürlich nicht sein wirklicher Name. An den konnte sich niemand mehr erinnern, manchmal nicht einmal mehr er selbst. Seinen Spitznamen hatte er vor langer Zeit erhalten, als jemand eine Ähnlichkeit zwischen ihm und dem David Bowie von Ziggy Stardust and the Spiders from Mars festgestellt hatte. Er wusste nicht mehr, wer und welche Substanz für diesen Vergleich verantwortlich gewesen war, doch der Name war geblieben.
    Er war das Einzige, das ihn ein wenig aus der Anonymität hervorhob, in der er immer zu leben versucht hatte. Niemals ging er mitten auf der Straße, sondern hielt sich dicht an den Mauern und blieb immer im Schatten. Wenn er die Wahl hatte, war es ihm lieber, wenn man ihn vergaß, als dass man sich an ihn erinnerte. Abends verzog er sich in sein Loch in Brooklyn, sah fern, surfte im Internet und verließ sein Zimmer nur, um zu telefonieren. Dienstgespräche führte er ausschließlich von öffentlichen Fernsprechern aus, daher hatte er zu Hause immer eine Rolle mit Vierteldollarmünzen, für alle Fälle. Viele Leute begriffen nicht, dass ein Handy die Fahrkarte direkt in den Knast sein konnte. Wer dort landete, weil er abgehört worden war, hatte es nicht besser verdient. Nicht weil er kriminell, sondern weil er dumm war.
    Auch jetzt, als er in seiner Verkleidung als ganz normaler Fahrgast die Treppe zur Subwaystation Bleecker Street

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