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Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Titel: Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rajesh Parameswaran
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Behörden informieren sollen. Das arme, besorgte und verwirrte Kind. Ich präparierte das arme Wesen allein; ich bat mein Kind nicht um Hilfe. Meine arme Nippima – sie hat es nicht immer leicht gehabt.
    Unter meiner Maschine gingen Fremde barfuß am Boden der Via entlang – die Sparsamen, die Rucksacktouristen, die sich einfache Baue abseits des Stadtzentrums nehmen und gar nicht erst mit Maschinen fliegen. Sie tragen keine Schutzanzüge und essen zum Abendessen Blattläuse und Wiesel, um Folie zu sparen. Man kann sich an zwei Fühlern abzählen, dass viele von ihnen die Ruhr bekommen.
    So viel unerfahrene, verletzliche Jugend lebt auf unserem Planeten, und wir müssen uns um sie kümmern. Auf gleicher Höhe mit meiner Maschine flatterten ein paar Wesen an den Bäumen am Rand der Via entlang. Ich überholte eins nach dem anderen, flog an ihren sanft dahingleitenden Gestalten vorbei, bis ich einen langen, vertrauten Körper entdeckte: Es war Nippima, auf dem Rückweg zum Bau. Ich freute mich sehr, sie zu sehen. Sie flog allein und langsam.
    Ich ließ das Fenster aufschnappen und rief sie lächelnd, aber sie hörte mich nicht, deshalb beugte ich mich aus dem Fenster und ließ den Alarm aufheulen. Ich hatte sie jetzt eingeholt, aber sie sah mich immer noch nicht an.
    »He, Nippima!«
    Jetzt drehte sie sich endlich zu mir um. Ihre Augen waren riesig und leuchteten orange, und aus ihrem Saugrüssel lief das Salzwasser.
    »Was ist passiert, Nippima? Mein Kind! Ist alles in Ordnung?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Steig ein.« Ich schwebte jetzt auf der Stelle. Hinter mir wartete geduldig eine große Frachtmaschine.
    »Lass mich in Ruhe«, zischte sie.
    »Irgendetwas stimmt doch nicht. Komm, steig ein.«
    Die Frachtmaschine hinter uns ließ den Alarm ertönen. Hinter ihr schwebten noch mehrere andere Maschinen auf der Stelle.
    »Bitte«, flehte ich. Sie stellte meine Geduld auf die Probe, machte mir eine Szene. Aber ich zwang mich, sanft zu reden. Nippima ist ein dickköpfiges Wesen, aber das habe ich mir von ihr abgeschaut. Und ich habe ihr gegenüber den Vorteil, dass mir nicht so schnell etwas peinlich ist. Hinter uns heulten immer mehr Alarme auf. Ganz langsam flog ich weiter, gerade so, dass ich neben ihr blieb. Plötzlich drehte sie sich um, riss in einer Art Wutausbruch die Tür der fliegenden Maschine auf, schlüpfte hinein und knallte die Tür hinter sich zu.
    Jetzt sah ich sie an und trat kräftig auf den Beschleuniger. Keuchend und wutschnaubend vergoss sie überall Salzwasser. Woher dieser Zorn? Ich hatte ihr doch nichts getan. Sie wirkte auf mich verwirrt und brodelnd, irgendwie ungeheuerlich. Es gibt Momente, in denen ist mein Kind so unergründlich, dass ich mir keine Kreatur vorstellen kann, die mir fremder sein könnte.
    »Ist es wegen dem Erdling?«, fragte ich. »Erzähl deinem Ka, was passiert ist.«
    Sie funkelte mich wütend an. »Ich hasse dich«, fauchte sie. »Ich hasse die Erdlinge!«
    Sie begann bitterlich zu weinen. Es war schier unerträglich, das Elend in ihrem Blick zu sehen. Wie wünschte ich, ich könnte mein Kind vor den Enttäuschungen des Lebens bewahren!
    Ich wollte ihr irgendetwas sagen, und mir brannte mehreres auf der Zunge, was sie offenbar noch nicht verstanden hatte: »Ich fand diesen Fremden ganz nett. Ich will nicht schlecht über ihn reden. Aber es gefällt mir nicht, dass du meintest, ihn anlügen zu müssen. Kann irgendjemand diese Schande wert sein?«
    Sie antwortete nicht.
    »Wir haben einen ehrwürdigen Beruf. Wir üben ihn seit mindestens vier Generationen aus. Wenn er diesen Erdlingen nicht gefällt, dann können sie uns mal , wie du sagen würdest. Müssen wir denn alles nach ihrem Vorbild machen? Sollen wir die alten Geschichten vergessen, den letzten Rest unserer Kultur aufgeben? Sind wir denn nicht genauso gut wie sie?« Sie sagte immer noch nichts, hatte aber aufgehört zu schluchzen. Zu meiner Verwunderung schien sie mir zuzuhören. Und schließlich redete sie.
    »Du verstehst überhaupt nichts«, sagte sie. »Ich habe ihm die Wahrheit gesagt. Ich habe ihm erzählt, was wir wirklich machen. Und weißt du was? Er war überhaupt nicht verstört. Oh nein, keineswegs. Es war genauso, wie ich befürchtet hatte: Er war fasziniert . Ich sollte ihm alles haarklein erzählen. Er hält uns für Freaks, Ka. Er hat sich nur mit mir abgegeben, um mich zu erforschen.«
    Ich sah zu ihr hinab, und erst da fiel mir auf, dass ihre Fühler schmutzig und blutverklebt waren.
    »Was

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