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Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Titel: Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rajesh Parameswaran
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spürte ich den Filz ihres Gesichts und ihres Saugrüssels, und sie umfasste meinen Kopf mit ihren Fühlern. Ich sog ihren Atem ein und sie meinen, wir spürten den Körper des anderen und gewannen immer mehr Sicherheit, bis unser Verlangen schließlich so drängend wurde, dass es sich anfühlte, als wäre es jeden Preis wert. Es gab keine Diskussion – eins geworden erhoben wir uns.
    Ich erinnere mich noch an das Knacken, mit dem sich ihre Beine spreizten, und wie ihr Leib nachgab, als ich mich auf sie presste, krümmte und in sie hineinstieß. Das Sinken und Wogen, jede unerträglich schöne Bewegung in ihr, und dann der Moment in der Schwebe: jener zarte Augenblick zwischen Berühren und Loslassen, das süße Verzehren. Und schließlich der Schrei aus ihrem Mund und meinem – ein grandioser, zerreißender Ausbruch. Ich zog meinen Leib zurück und knickte die Hinterbeine wieder ein, aber mit dem Gesicht schmiegte ich mich weiterhin an den geröteten Filz von ihrem, und sie hatte ihre Fühler noch immer um meinen Kopf geschlungen. Wir wollten jene letzten Momente der Zärtlichkeit auskosten, denn auch wenn wir es noch nicht begriffen, bekamen wir allmählich Angst vor dem, was jetzt kommen würde.
    Wir vergruben einander im Hals des anderen, rieben unsere Wangen aneinander und flüsterten uns zärtliche Worte zu. Doch dann nahm sie die Fühler von meinem Kopf und stieß mich von sich. Ihr Abdomen wand sich und bebte; unter Stöhnen und Wimmern krümmte sie sich und presste den Unterleib auf den Boden, und durch ihren schmerzzuckenden Leib liefen Wellen, bis schließlich das befruchtete Ei herausglitt und weich auf die Erde fiel. Wie gebannt sahen wir es an: ein Ei, nicht mehr – ein leises, unerklärliches Gefühl der Enttäuschung. Wir trippelten darauf zu, sie noch wackelig von der Geburt. Zusammen beschnupperten wir es, liefen darum herum und begutachteten es von allen Seiten. Meine Gefühle hatten sich bereits verändert – mein brennendes Verlangen nach ihr war zu einer friedlichen Leere abgeflaut, und aus dieser Leere wurde nach und nach ein Mangel, eine schmerzhafte Sorge um das entstandene Ei. Jetzt zählte nur noch das Ei, unser Kind, und dieses Gefühl wiederum intensivierte sich zu einer noch heftigeren Liebe – ich würde es als Wahnsinn bezeichnen – für dieses schleimüberzogene, zarte weiße Oval.
    Bald würde es Hunger haben. Die kommenden Minuten waren entscheidend für sein Überleben. Meine Partnerin stellte sich schützend vor das Ei und stellte die Fühler auf. Ich wurde unruhig, weil sie mir die Sicht auf mein Kind versperrte, und geriet in Panik. Ich versuchte, um sie herumzugehen, aber sie drängte mich weg. Ich hob die Fühler, um sie zu vertreiben, und damit begann der Kampf.
    Wir breiteten beide die Flügel aus und rangen, Fühler in Fühler. Wir achteten noch darauf, dass das Ei nicht zu Schaden kam, und krabbelten rangelnd ein paar Schritte davon weg. Als wir schließlich Platz hatten, rammte sie mich mit der Schulter und warf mich zu Boden. Mit den Beinen hielt sie meine Fühler und meine Beine fest und befreite ihre eigenen Fühler, um sie mir um den Hals zu schlingen.
    Sie sah mir in die Augen, ihr Gesicht der Inbegriff von Zorn und Bedauern. Ich erkannte sie kaum wieder. Ich konnte nicht glauben, wie schlagartig unsere Verwandlung stattgefunden hatte und wie machtlos wir ihr gegenüberstanden. Ihre Miene spiegelte meine eigene traurige Bestürzung wider, und alles entwickelte sich genau so, wie meine Ka es mir warnend vorhergesagt hatte, genau so, wie es jedes Wesen seit Anbeginn der Zeit erlebt hatte. Wir waren nicht anders. Schlimmer noch, wir wollten gar nicht anders sein, denn es war jetzt vollkommen klar, dass das der einzige Weg war, die beste Hoffnung für das Überleben unseres Kindes. Und obwohl wir trotzdem versuchten, in den Augen des anderen einen letzten Funken der Zuneigung zu entdecken, hatte es wenig Zweck. Der Kampfinstinkt war zu stark. Ich konnte keinen Gedanken daran verschwenden, wer diesen Kampf gewinnen und wer ihn verlieren würde, ich wollte einfach nur kämpfen, unser Ei retten und diesem Drama, das wir mit unserer ungeduldigen Liebe in Gang gebracht hatten, ein Ende bereiten. Ich versuchte sie von mir zu stoßen, aber sie war zu groß. Ich wehrte mich mit aller Kraft, und sie riss den Mund auf und senkte ihn zu mir herab, und ich zappelte und wand mich, um ihr irgendwie zu entkommen. Dann sah sie hinauf in die Bäume und bog sich anmutig nach hinten,

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