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Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Titel: Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rajesh Parameswaran
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längst verhungert. In ihrer Jugend herrschten bessere Zeiten, doch seit ich auf der Welt bin, gab es nur Mangel. Siehst du die Augen? Sie war mal die Scharfsichtigste unter uns, die Geschmeidigste und Furchterregendste. So werden wir, wenn wir den Großteil unseres Lebens im Wohlstand führen: stumpf und trübe, empfänglich (wartet es nur ab!) für Gemeinplätze und Schmeicheleien. Wie traurig es doch ist, einen hellen Stern verblassen zu sehen. Besser, man löscht ihn ganz aus. Heute Morgen habe ich in einem nahe gelegenen Tal eine Tigerin herumschleichen hören. (Selbst die Tigerin hat mehr Verstand als Ania – angesichts der Trockenheit hat sie ihre heimatlichen Gefilde verlassen und ist auf der Suche nach Fleisch hierher zu uns gekommen.) Ich gebe Ania eine letzte Chance, ihre Meinung zu ändern und die Herde aus diesem toten Land wegzuführen. Falls sie sich starrsinnig weigert (und das wird sie ganz sicher), locke ich sie mit diesem Stück Obst, das ich in der Hütte eines längst toten Affen gefunden habe. Ich schicke Ania zum Weiden ins Tal zu der Tigerin, dort soll sie die Gesetze des Dschungels kennenlernen. Alleine hat diese fette alte Kuh keine Chance. Ich werde ihr schmeicheln und Futter geben. Ihre Gefräßigkeit wird ihren Niedergang besiegeln!

ANIA : Da sind wir. Warum hast du uns gerufen?

AMUTA : (zu Ania) Hattet Ihr einen weiten Weg, Ania? Das tut mir leid. Bleibt im Schatten dieses Baumes. Hier ist etwas Obst, das ich gefunden und für Euch aufgehoben habe.

ANIA : Obst? Welch eine Seltenheit, wie köstlich!

AMUTA : Ganz frisch ist es nicht mehr.

ANIA : Ach, rede keinen Unsinn! Dieses faulige Obst mag etwas unansehnlich sein. Gut möglich, dass es sich um die unverdauten Teile aus dem Kot eines Affen von weit her handelt. Ganz egal. In Zeiten wie diesen ist solch ein Happen erfrischend wie ein Regenschauer und ein Schlammbad. Man bekommt ja heute kaum noch Obst zu Gesicht.

AMUTA : Da habt Ihr recht. Diese Saison war auch wieder dürftig. Wir hatten nicht den erhofften Regen.

ANIA : Ja, aber der nächste Frühling kommt bestimmt. Wir haben den Lauf der Jahreszeiten weit öfter erlebt als du, Amuta. Manche sind trocken, andere wieder feucht.

AMUTA : Eure Erfahrung hat Euch weise gemacht. Aber diese Dürre ist ganz sicher anders als alle, die Ihr vorher miterlebt habt. Manch anderer in unserer Lage könnte es in Betracht ziehen, nach neuem Weideland zu suchen.

ANIA : Weggehen? Das hier ist unser Zuhause. Wir gehen hier nicht weg, das ist undenkbar!

AMUTA : (beiseite) Das war deine letzte Chance, alte Kuh! Du hast dein Leben gelebt, es gibt also nichts zu bedauern. Ich lasse nicht zu, dass wir nur aus Respekt vor deinen bloßen Jahren sterben sollen. (zu Ania) Eure Jahre haben Euch weise gemacht, ehrwürdige Ania, und unter Eurer Führung können wir nur auf Fülle und Zuwachs hoffen. Hat Euch das Obst wohl gemundet?

ANIA : Ja, junge Kuh. Es ist ja bekanntlich nur eines besser als ein Bulle auf dem Rücken, und zwar eine Banane im Mund. Du scheinst gescheiter zu sein als deine Verwandten. Das Obst hat Uns sehr wohl gemundet.

AMUTA : Ich weiß, wo Ihr noch mehr davon findet.

ANIA : Was?

AMUTA : Altehrwürdige Ania, es soll nicht den Anschein haben, als wollte ich der Herde etwas vorenthalten, was ihr zusteht. Ich habe es selbst erst heute Morgen entdeckt und noch nicht angerührt.

ANIA : Entweder das ist ein schlechter Scherz, Amuta, oder du sagst Uns jetzt auf der Stelle, wo du das hier gefunden hast.

AMUTA : Verehrte Ania, es ist nicht genug für uns alle da, und allein aus diesem Grund wollte ich es nicht vor der Herde bekannt geben. Ich fürchte, es reicht nur für Euch allein, und Ihr allein sollt es auch haben, denn Euer Überleben ist unser Überleben. Was ist schon ein Körper, dem der Kopf fehlt!

ANIA : Lass das mal Unsere Sorge sein! Sag Uns einfach, wo du es gefunden hast.

AMUTA : In dem kleinen Tal nicht weit von hier, in dem einst immergrüne Bäume Schatten spendeten. Dort wächst jetzt eine neue Baumart, aus irgendwelchen Samen, die der Wind hergeweht hat; dieser Baum liebt Trockenheit und braucht kein Wasser. Es hängen Bananen daran, die noch viel süßer sind als das, wovon Ihr gerade gekostet habt – ich habe in meiner Eile bloß das faulige Stück aufgehoben, das daneben auf dem Boden lag. Aber es hängen auch Mangos, Jackfrüchte und Feigen daran.

ANIA : Alles an einem Baum? Das klingt fantastisch.

AMUTA : Er muss eine Belohnung für Eure Weisheit und Eure

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