Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)
Amar Selvaratnam gegründet, besser bekannt als Amar Selva (oder manchmal auch Silva, Selvar oder Silvar), und noch besser unter dem Namen Amos Silver. Selvaratnam / Selva / Silva / Selvar / Silvar / Silver war ein dunkelhäutiger Mann unbekannter Herkunft, dessen Name in verschiedenen Abwandlungen Mitte der 1850er-Jahre beim Gefangenenappell in Gefängnissen und Zuchthäusern so weit verstreuter Städte wie San Francisco, Kalifornien und Chicago, Illinois, aufzutauchen begann. Um seinen Gläubigern zu entgehen, versucht Silver bisweilen auch, sich als sein Zwillingsbruder »Andy Silver« auszugeben (daher der Name »Silver Brothers«). Natürlich wurde die Existenz Andy Silvers nie bestätigt, und Andy galt bis zu Amos Silvers Tod im Jahr 1928 gemeinhin als ein weiterer seiner zahlreichen Scherze und Betrügereien. Damals entdeckte man jedoch in einem selten besuchten, fensterlosen Wohnwagen des Silver-Brothers-Konvois, inmitten einer bösartigen und verdreckten Schimpansenfamilie, einen kleinen Käfig, in dem ein verschrumpelter, nackter und ebenso aggressiver alter Mann hockte. Er bleckte die Zähne, schleuderte seinen Dreck um sich wie ein Schimpanse und trommelte sich auf die Brust wie ein Gorilla, und wie ein Gibbon umklammerte er mit einer Hand seine nicht enden wollende Erektion. Die Schimpansenfamilie, bei der der nackte Mann lebte, schien ihn je nach Laune als Gott, Dämon, Prügelknaben, Hätschelkind oder Idioten zu betrachten – ein Quell des Ärgers, der Furcht und der Belustigung.
Die Entdeckung des unbekannten und nicht zu identifizierenden Mannes wurde (von der neuen Zirkusleitung) als Entdeckung jenes »realen« Andy verkauft, um den sich so viele Gerüchte gerankt hatten, und er avancierte schon bald zum Star des unter neuer Leitung auf Vordermann gebrachten Zirkus. »Andy der Menschenaffe« überlebte knapp vierzehn Monate im grellen Schein der Gasfackeln und Blitzlichter, aber es waren vierzehn fieberhafte und ergebnisreiche Monate. Man schreibt ihm eine siebenundzwanzigköpfige Nachkommenschaft zu, alle während dieser verrückten Zeit gezeugt und von Akrobatinnen, Schlangenfrauen, bärtigen Damen, Wahrsagerinnen, Liliputanerinnen und weiblichen Clowns sowie (angeblich) den Weibchen mehrerer nichtmenschlicher Arten (Schimpansen, ja, aber auch Giraffen, Nilpferde, Krokodile) zur Welt gebracht. Diese mutmaßlichen Kinder, hybrid und halbmenschlich, sollten dann ihrerseits die Attraktionen eigener Monstrositätenschauen werden.
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AMUTA : Großtante Thoosha, du bist schon alt und glaubst vielleicht, aufgrund deines Alters stünde dir Nachsicht zu. Doch eigentlich trägst du umso mehr Verantwortung. Du hast kein Recht, die Herde aufzuhalten. Steh auf! Vergiss nicht, ich bin jetzt die Leitkuh!
THOOSHA : Ja, das bist du, Amuta. Deshalb führe deine Herde vorwärts. Neue Wege sind nichts für mich. Ich bin müde. Wenn meine Kraft reicht, werde ich nach Hause zurückkehren und mich unter den vertrauten Bäumen niederlassen, damit meine Knochen neben denen meiner Mütter zu Staub zerfallen. Ich kenne nur das alte Leben und möchte kein anderes mehr kennenlernen; wegen einer Generation der Entbehrung gebe ich unsere Erinnerungen nicht auf.Doch jetzt bin ich müde. Ich werde auf den Schlaf warten und mich dann allein durchschlagen.
AMUTA : Selbst wenn du es zurück schaffst, Thoosha, drei Wochen einsamer Wanderung werden dich, wie du selbst sagst, nur in den Tod führen. Und mit dem Sterben wirst du ein weiteres Mal fortgegangen sein. Warum begrüßt du jene Reise ins unentdeckte Land, doch schreckst vor dieser hier zurück?Und nun lass die Kapriolen und steh auf, alte Memme! Wir haben jetzt keine Zeit für so etwas. Du feiger Affenfuß! Du klappriges, kurzrüsseliges Elendswrack! Das ist keine Bitte mehr, das ist ein Befehl. Dein einziges Zuhause ist die Herde, Thoosha. Du scheinst vergessen zu haben, dass die alte Heimat uns nur Leid gebracht hat.
THOOSHA : Es ist keine Reise in ein unentdecktes Land. Ich sehe den Weg klar vor mir. Es ist ein einfacher Ort, dunkel und kühl. Mein Körper sehnt sich danach.
DIE ELEFANTEN : Tatsächlich, Thoosha? Siehst du denn auch den neuen Ort vor dir? Amuta sagt, es ist kühl und grün dort, nicht trocken. Es wird Wasser und süße Gräser geben.
THOOSHA : Besser als Wasser und Gras ist es, keinen Hunger und Durst mehr zu spüren. Ich mache mich auf den Weg in unser einziges Zuhause. Und ihr werdet mir nachfolgen, eine nach der anderen.
AMUTA :
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