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Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Titel: Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rajesh Parameswaran
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keine Ahnung, was passiert war. Er stand da und schwatzte mit ihr wie an jedem anderen Tag. Sie öffnete die Tür ein Stück weiter. »Wie geht es Ihnen denn so?«, fragte sie Doug.
    »Ganz gut, danke«, sagte Doug. »Ich dachte bloß, ich sag mal Bescheid, weil, na ja, man weiß ja nie. Es sind in letzter Zeit komische Gestalten hier in die Gegend gezogen, und vielleicht sieht jemand den Wagen und dass der Schlüssel steckt und denkt sich – ach du lieber Himmel.« Er hielt inne. »Was ist denn mit Mr V. los?«
    »Was meinen Sie, Doug?«, fragte Savitri und lächelte dabei unbeirrt weiter.
    Doug zeigte auf den Boden hinter Savitri. Sie wandte sich um und sah die Beine ihres Mannes, die seltsam verdreht hinter dem Sofa hervorragten.
    Das war’s, dachte Savitri. Ich sage es ihm einfach. Spreche es aus, ganz ruhig und vernünftig. Vielleicht hilft mir Doug und sagt mir, was ich tun soll. Er wird für mich mit den richtigen Leuten reden. Er wird bestätigen, dass ich an all dem keine Schuld trage.
    Aber vielleicht war Doug Naples doch nicht ganz der Richtige, um einem aus einer solchen Klemme zu helfen. Savitri erinnerte sich daran, wie er Ravi vor sechs Wochen angeboten hatte, ihm beim Reparieren des Riegels an der Gartenzauntür behilflich zu sein. Weil Ravi darauf bestanden hatte, hatte sich selbst Savitri widerwillig beteiligt und war zwischen Haus und Garten hin- und hergelaufen, um Werkzeuge oder Gläser mit kaltem Sodawasser nach draußen zu bringen. Es war ihr sonnenklar gewesen, dass bei der Aktion nichts herauskommen konnte. Und als hätte sie es geahnt, hatten die beiden Männer am Ende unerklärlicherweise auf der gesamten Länge des Zauns die Holzpfosten herausgerissen, sodass der Rasen der prallen Sonne ausgesetzt war und der frei stehende Swimmingpool darauf thronte wie ein gefährlicher Tempel, geradezu eine Einladung für ein Gerichtsverfahren. Jeder Nachbar konnte sie wahrscheinlich wegen vorsätzlicher Gefährdung seiner ahnungslosen Kinder verklagen, wegen der damit einhergehenden seelischen Belastung und noch dazu wegen schlechten Geschmacks, miserabler Gartengestaltung und seltsamer Gerüche aus ihrem Küchenfenster. Wenn Savitri zum Pool ging, fürchtete sie jedes Mal, dort zwischen Laub und toten Insekten könnte die bleiche, aufgeschwemmte Leiche eines kleinen amerikanischen Kindes treiben, das Gesicht nach oben. Dann hätten Savitri und Ravi eine Menge zu erklären.
    Oh Savitri, pass auf, was du denkst. Pass bloß auf.
    Anstatt Doug also die Wahrheit über Ravi zu sagen, atmete Savitri tief ein. »Ravi macht gerade Yoga«, sagte sie. »Yoga, Doug. Das machen wir in Indien nämlich. Tut sehr gut.«
    Doug zog die Augenbrauen hoch. »Mhmm«, brummte er beeindruckt und nickte. »Yoga, echt abgefahren«, raunte er ehrfürchtig. »Mein Arzt hat mir das auch schon geraten. Ich habe es doch so schlimm im Rücken. Weißt du, ich habe das indische Essen gerochen, das du da kochst, und der alte Vee liegt da und macht Yoga. Tolle Sache.«
    »Komm doch mal irgendwann zu uns rüber, Doug«, sagte Savitri. »Dann zeigen wir dir, wie man Yoga macht.«
    »Ja klar«, sagte Doug. »Das wäre echt abgefahren. Riecht auf jeden Fall interessant. Und richte Vee aus, er soll mir ruhig Bescheid sagen, wenn er es mit dem Zaun noch mal versuchen will. Mein Neffe kommt uns über Thanksgiving besuchen, der kann auch noch mit anpacken.«
    »Danke, Doug«, sagte Savitri. »Das sag ich ihm.«
    Sie schloss die Tür und sah Doug nach, der wieder nach Hause ging, wo er von morgens bis abends ohne Arbeit herumsaß und darauf wartete, dass seine übergewichtige Frau nach Hause kam. Er war genau die Art von Amerikaner, an die sich ihr Mann drangehängt hatte. Genau wie ihr Mann sah Doug immer aus wie jemand von einem fremden Stern, hier ausgesetzt und fasziniert, aber völlig perplex, sobald es um ganz praktische Belange ging, wie zum Beispiel einen Zaun zu reparieren oder sich eine Arbeit zu suchen.
    Savitri ging zur Garage und fuhr den Wagen hinein. Sie nahm die Milch und den Truthahn aus dem Kofferraum und brachte sie ins Haus. Nachdem sie die Milch in den Kühlschrank gestellt hatte, wickelte sie das in Folie und eine Tüte verpackte Fleisch des Truthahns in eine weitere Plastiktüte, räumte am Rand der Tiefkühltruhe eine Ecke frei und legte ihn hinein, wobei sie peinlich darauf achtete, dass er mit nichts anderem in Berührung kam.
    Sie spürte jetzt, dass sie in der Lage war, einfach ganz normal weiterzumachen, dass ihr

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