Ich bin kein Serienkiller
Nachbarschaft ein. Ich nahm die Einladungen immer an, beachtete allerdings die Menschen nicht und kümmerte mich ausschließlich um das Feuer. Wenn das Feuer eine Droge war, dann war Mr Crowley mein wichtigster Dealer.
»Johnny!«, rief Mr Crowley von der Veranda herüber. »Sie hat einen Kuss zurückgeschickt. Komm nur und sieh es dir an!« Ich lächelte und bemühte mich sehr, Gefühle zu zeigen, die ich nicht hatte. Ich wollte ein ganz normaler Junge sein.
Wenn man keine emotionale Bindung zu anderen Menschen herstellen kann, dann fühlt man sich zwangsläufig abgesondert und nicht dazugehörig, als beobachte man die Menschheit wie ein distanzierter, unwillkommener Gast aus einer fremden Ferne. So fühlte ich mich schon seit Jahren, und es hatte schon lange vor meinen Sitzungen mit Dr. Neblin und lange vor Mr Crowleys lächerlichen Liebesbotschaften begonnen. Die Leute eilten umher, erledigten ihre kleinen Jobs, ernährten ihre kleinen Familien und schrien ihre bedeutungslosen Gefühle in die Welt hinaus, und ich sah von der Außenlinie zu und verstand das alles nicht. Das bringt manche Soziopathen dazu, sich überlegen zu fühlen, als wäre die ganze Menschheit nur eine Herde von Tieren, die man jagen und niederstrecken kann. Andere empfinden eine heiße, eifersüchtige Wut, weil sie unbedingt haben wollen, was ihnen verwehrt bleibt. Ich fühlte mich nur einsam wie ein Blatt, das kilometerweit neben dem riesigen allgemeinen Haufen liegt.
Sorgfältig schob ich von unten Zunder in den Blätterhaufen und riss ein Streichholz an. Die Flammen fanden sofort Nahrung, wuchsen und zogen die Luft an. Gleich darauf toste das Feuer, und über dem Haufen tanzten böse Flammen.
Was blieb, wenn die Flammen ausgebrannt waren?
In dieser Nacht schlug der Killer wieder zu.
Ich erfuhr es beim Frühstück aus dem Fernsehen. Der erste Todesfall hatte, abgesehen von den grässlichen Einzelheiten, nur wenig Aufsehen erregt, aber der zweite – so blutig wie der erste und an einem belebteren Ort – hatte die Aufmerksamkeit eines Reporters aus der Stadt erregt, der sein Kamerateam mitgebracht hatte. Sehr zur Empörung des Sheriffs ging man live auf Sendung und verbreitete die unscharfen, verwackelten Bilder eines zerfetzten Körpers im ganzen Bundesstaat.
Jetzt gab es keinen Zweifel mehr. Es war ein Serienkiller. Meine Mutter kam, das Gesicht halb mit Make-up bedeckt, aus dem Nebenzimmer herüber. Ich sah sie an, und sie erwiderte meinen Blick. Keiner von uns sagte ein Wort.
»Hier ist Ted Rask live aus Clayton, einer sonst so friedlichen Stadt, die heute zum Schauplatz eines wirklich grässlichen Verbrechens wurde – und es ist schon das zweite in weniger als einem Monat. Dies ist ein Exklusivbericht für Five Live News . Ich stehe hier mit Sheriff Meier. Sheriff, erklären Sie mir doch bitte, was wir über das Opfer wissen.«
Unter seinem breiten grauen Schnurrbart schnitt Sheriff Meier eine Grimasse und starrte den Reporter böse an. Rask war für seine Sensationsberichte bekannt, und die finstere Miene des Sheriffs zeigte deutlich, was dieser davon hielt.
»Zu diesem Zeitpunkt möchten wir die Angehörigen des Opfers keinen unnötigen Belastungen aussetzen«, erklärte der Sheriff. »Wir wollen bei den Einwohnern des County auch keine unnötigen Ängste wecken und bitten alle, ruhig zu bleiben und über den Vorfall keine Gerüchte oder Fehlinformationen in Umlauf zu bringen.«
Damit war er der Frage des Reporters komplett ausgewichen. Wenigstens gab er sich nicht kampflos geschlagen.
»Wissen Sie denn schon, wer das Opfer ist?«, bohrte der Reporter nach.
»Er hatte einen Ausweis bei sich, aber zu diesem Zeitpunkt geben wir noch keine weiteren Informationen frei.«
»Und der Mörder?«, fragte der Reporter. »Haben Sie schon irgendwelche Hinweise auf den Täter?«
»Diese Information können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht freigeben.«
»Glauben Sie denn, dass es eine Verbindung zwischen den beiden Ereignissen gibt, die sich so kurz nacheinander zugetragen haben und die einander so ähnlich sind?«
Der Sheriff schloss kurz die Augen, es war ein stummes Seufzen, und ließ sich einen Moment Zeit, ehe er antwortete. »Zu diesem Zeitpunkt können wir, um unsere Ermittlungen nicht zu gefährden, nichts über die Natur dieses Falls sagen. Wie ich schon zuvor erklärte, bitten wir alle Mitbürger um Diskretion und Ruhe, damit keine unzutreffenden Gerüchte über den Vorfall in Umlauf kommen.«
»Vielen Dank,
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