Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich bin kein Serienkiller

Ich bin kein Serienkiller

Titel: Ich bin kein Serienkiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
Vom Netzwerk:
Zeit wie möglich mit seinen Opfern und verschwindet wieder.«
    »Aber was bedeutet das?«, fragte ich.
    »Zunächst einmal«, sagte Neblin, »tut er es vermutlich nicht gern.«
    »Das leuchtet mir ein.« Ich nickte. »Daran hatte ich noch nicht gedacht.« Ich bekam sogar Schuldgefühle, weil es mir nicht eingefallen war. Wie konnte ich nur die Möglichkeit übersehen, dass der Mörder nicht gern tötete? »Andererseits hat er den Leichnam des Reporters entstellt«, bemerkte ich. »Da gab es offenbar neben der eigentlichen Tötung noch ein weiteres Motiv.«
    »Serienmörder«, erwiderte Neblin, »haben häufig emotionale Motive. Die Täter sind oft wütend, frustriert oder verwirrt. Glaub nur nicht, Soziopathen hätten keine Gefühle – sie haben sogar sehr klare Gefühle. Sie wissen nur nicht, was sie damit anfangen sollen.«
    »Sie sagten, er tötet nicht gern«, überlegte ich, »aber bisher hat er bei allen drei Leichen ein Andenken mitgenommen. Das verstehe ich nicht – warum nimmt er Erinnerungsstücke von einem Ereignis mit, an das er sich gar nicht erinnern will?«
    »Das ist eine gute Frage«, stimmte Neblin zu und notierte sie auf seinem Block. »Aber jetzt wird es Zeit für meine Frage.«
    »In Ordnung.« Seufzend blickte ich wieder aus dem Fenster. »Bringen wir es hinter uns.«
    »Sag mir, was Rob Anders getan hat, kurz bevor du gedroht hast, ihn zu töten.«
    »Ich habe nicht gedroht, ihn zu töten.«
    »Du hast auf bedrohliche Weise über seinen Tod gesprochen«, beharrte Neblin. »Wir wollen hier keine Haare spalten.«
    »Wir waren auf dem Halloweentanz in der Turnhalle der Schule«, berichtete ich. »Er hat mich genervt – er hat mich aufgezogen und meinen Punsch umgekippt und so weiter. Als ich gerade mit jemand anders gesprochen habe, kam er wieder und machte sich über mich lustig. Mir war klar, dass es nur zwei Möglichkeiten gab, ihn loszuwerden. Ich konnte ihn schlagen oder ihm Angst machen. Da ich eine Regel habe, niemandem wehzutun, habe ich ihm Angst gemacht.«
    »Hast du keine Regel darüber, andere Menschen nicht mit dem Tod zu bedrohen?«
    »So etwas ist mir bisher noch nicht passiert«, antwortete ich. »Jetzt habe ich so eine Regel.«
    »Mit wem hast du gesprochen?«
    »Warum ist das so wichtig?«
    »Ich bin nur neugierig, mit wem du gesprochen hast.«
    »Mit einem Mädchen.«
    Das Monster knurrte hinter der Mauer. Leise und grollend.
    Dr. Neblin nickte. »Hat sie auch einen Namen?«
    »Brooke«, sagte ich. Auf einmal fühlte ich mich sehr unwohl. »Sie ist aber nicht wichtig. Sie wohnt seit ein paar Jahren in meiner Straße.«
    »Ist sie hübsch?«
    »Sie ist etwas zu jung für Sie, Doktor.«
    »Dann will ich es anders formulieren«, sagte er lächelnd. »Findest du sie anziehend?«
    »Ich dachte, wir reden über Rob Anders«, erwiderte ich.
    »Ich bin nur neugierig.« Er notierte sich wieder etwas. »Wir sind für heute sowieso fast fertig. Möchtest du noch über etwas anderes reden?«
    »Ich glaube nicht.« Ich starrte aus dem Fenster. Zwischen den Häusern fuhren die Autos wie die Käfer in einem Irrgarten umher. Der Lieferwagen von Five Live News bewegte sich langsam nach Osten – aus der Stadt hinaus.
    »Es sieht so aus, als hätte er sie verschreckt«, meinte Neblin, der meinen Blick bemerkt hatte.
    Vermutlich hatte er damit recht – halt! Das war es. Das war das fehlende Bindeglied.
    Der Killer hatte sie verscheucht.
    »Es ist kein Serienmörder«, entfuhr es mir.
    »Nein?«, fragte Neblin.
    »Das stimmt alles nicht, es passt nicht«, sagte ich. »Er ist danach nicht weggelaufen. Er hat Rasks Leiche zur Schau gestellt, wie Sie es sagten, und sie mit diesem Dreck beschmiert. Er wollte nicht nur verhindern, dass über ihn berichtet wird, sondern wollte auch die Reporter verscheuchen. Sehen Sie das nicht auch so? Er hatte ein Motiv!«
    »Glaubst du denn, Serienmörder hätten keine Motive?«
    »Nein, die haben sie nicht«, antwortete ich. »Gehen Sie alle Ihnen bekannten Kriminalfälle durch. Sie finden keinen einzigen Serienmörder, der jemanden tötet, nur weil er ihm zu nahe kommt. Die meisten geben sich sogar große Mühe, durch die Medien bekannt zu werden. Sie wollen sich nicht verstecken, sondern genießen die Aufmerksamkeit. Die Hälfte schreibt den Zeitungen sogar Briefe.«
    »Ist Ruhm denn nicht Grund genug?«
    »Das ist was anderes«, erklärte ich. »Sie töten nicht, weil sie Aufmerksamkeit wollen, sondern sie wollen Aufmerksamkeit, weil sie töten. Jeder soll

Weitere Kostenlose Bücher