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Ich bin kein Serienkiller

Ich bin kein Serienkiller

Titel: Ich bin kein Serienkiller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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im Schutz der Bäume, gab keinen Laut von mir und machte mich klein.
    »Warten Sie mal«, sagte der Fremde. »Jetzt meldet sich gerade der Kaffee. Ich muss mal pinkeln.« Er stellte den Eimer ab und legte die Angelrute quer darüber. »Dauert nicht lange«, versprach er Crowley. Dann eilte er die Böschung wieder hinauf, und ich fürchtete, er könne sich ausgerechnet meine Bäume zum Pinkeln aussuchen, doch er ging zur anderen Seite hinter das Auto.
    Dort stand mein Fahrrad. Er würde es sicher bemerken.
    Der Mann blieb gerade lange genug weg, um mich misstrauisch zu machen. Ich warf einen Blick zu Crowley hinunter und vermutete, dass auch er nervös wurde, denn er hatte das Gesicht in nachdenkliche Falten gelegt und spähte immer wieder zum Eis hinaus, als gäbe es dort eine riesige Uhr, die ihm sagte, er komme zu irgendetwas zu spät. Er hustete unter Schmerzen.
    Die ganze Zeit rechnete ich damit, dass der Streuner mein Fahrrad bemerkte und etwas rief oder dass er eine Kettensäge aus einem Versteck zwischen den Bäumen holte, um heulend die Böschung hinabzustürmen. Doch nichts geschah. Er fand einen Platz, der ihm zusagte, stand still da, zog nach einer Weile den Reißverschluss seiner Hose wieder zu und drehte sich um.
    Er musste praktisch über mein Fahrrad gestolpert sein. Warum hatte er nichts gesagt? Vielleicht hatte er es gesehen und wusste, dass ich in der Nähe war. Jetzt wartete er ab, bis er Crowley und mich zusammen umbringen konnte.
    »Ich muss schon sagen, das ist schrecklich nett von Ihnen«, erklärte der Streuner. »Ich stehe wirklich in Ihrer Schuld, Sir, und weiß gar nicht, wie ich mich dafür erkenntlich zeigen kann.« Er lachte. »Am schönsten finde ich, dass ich jetzt diesen Hut habe, und Sie haben ihn mir gekauft.«
    »Da wird uns schon was einfallen«, entgegnete Crowley. Er zog einen Handschuh aus, um sich an den Bartstoppeln zu kratzen. »Und wenn ich behaupte, ich hätte alle die guten Fische allein gefangen.« Er lächelte breit, dann hustete er wieder.
    »Das klingt, als würde es schlimmer bei Ihnen«, sagte der Fremde.
    »Nur ein kleines Problem mit den Lungen.« Crowley wandte sich wieder zu dem gefrorenen See um. »Das wird bald besser werden.« Er betrat das Eis und prüfte es mit einem Fuß.
    Der Streuner war gerade wieder angekommen und blieb einen Augenblick lang vor seinem Eimer stehen. Er bückte sich, um ihn aufzuheben, hielt inne, blickte rasch zur Straße zurück, steckte die Hand in die Manteltasche und zog ein Messer heraus – kein Klappmesser oder Jagdmesser, sondern nur ein langes, schmutziges und rostiges Küchenmesser. Es sah aus, als hätte er es auf dem Schrottplatz gefunden.
    »Ich denke, wir sollten da entlang gehen.« Crowley deutete nach Nordosten. »Der Wind weht überall gleich schlimm, aber dort befindet sich der tiefste Teil des Sees, und es ist nicht sehr weit bis zur Flussmündung. Dadurch gibt es unter uns eine gewisse Strömung, und man fängt dort mehr.«
    Der Streuner tat einen Schritt, in der rechten Hand hielt er das Messer, und den linken Arm hatte er ausgestreckt, um das Gleichgewicht zu halten. Er stand jetzt direkt hinter Crowley. Noch ein Schritt, und er konnte den tödlichen Streich führen.
    Crowley kratzte sich wieder am Kinn. »Ich möchte Ihnen danken, dass Sie mit mir hier herausgekommen sind.« Er hustete. »Zusammen sind wir sicher ein gutes Team.«
    Der Streuner kam einen Schritt näher.
    »Sie haben keine Angehörigen«, sagte Crowley, »und ich kann kaum noch atmen.« Er hustete. »Zusammen sind wir zwei wohl ein ganzer Mensch.«
    Warte mal – wie war das?
    Der Streuner hielt inne, offenbar ebenso verwirrt wie ich, und genau in diesem Augenblick fuhr Crowley herum und schlug mit jener Hand zu, die nicht im Handschuh steckte. Sie war irgendwie länger und dunkler geworden, und die Fingernägel hatten sich in scharfe, elfenbeinhelle Klauen verwandelt. Der erste Hieb riss dem erschrockenen Fremden das Messer aus der Hand. Es flog an meiner Baumgruppe vorbei. Dann traf der Handrücken das Gesicht des Fremden und warf ihn in den Schnee. Sofort wollte sich der Streuner wieder aufrappeln, doch Crowley ließ seine Frischhaltebox und die Angel fallen und sprang, wie ein Tier brüllend, den Fremden an. Eine weitere Krallenhand brach durch Crowleys zweiten Handschuh, und dann zerfetzten beide Klauenhände zusammen den erhobenen Arm des Fremden und schlitzten das Fleisch bis auf den Knochen auf. Der Mann lag im tiefen Schnee, und ich

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