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Ich bin Nummer Vier - das Erbe von Lorien; Bd. 1

Ich bin Nummer Vier - das Erbe von Lorien; Bd. 1

Titel: Ich bin Nummer Vier - das Erbe von Lorien; Bd. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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der Tür und blicken zum Himmel: ein sehr junges Mädchen und eine Frau in Henris Alter. Und dann sehe ich mich selbst, einen weinenden Vierjährigen, hinter mir einen jüngeren Henri. Auch er sieht nach oben. Vor mir kniet meine Großmutter, sie hat mich an den Schultern gefasst. Mein Großvater steht hinter ihr, in seinen Brillengläsern spiegelt sich das Licht vom Himmel.
    »Komm zurück, hast du gehört? Komm zurück zu uns!«, fleht meine Großmutter abschließend. Wenn ich doch nur gehörthätte, was sie zuvor gesagt hat! Bis jetzt habe ich mich nie an etwas erinnert, das in jener Nacht zu mir gesprochen worden ist. Mein vierjähriges Ich antwortet nicht, es ist zu verängstigt. Der Kleine versteht nicht, was geschieht, warum die Umstehenden voller Furcht so sehr drängen. Meine Großmutter zieht mich an sich, dann steht sie auf und dreht mir den Rücken zu, damit ich nicht sehe, dass ihr Tränen das Gesicht hinablaufen. Der Vierjährige weiß, dass sie weint, aber nicht, warum.
    Der Nächste ist mein Großvater, verschwitzt, schmutzig, mit Blutspuren. Er hat offenbar gekämpft und sieht aus, als wolle er sich gleich wieder in die Schlacht stürzen, um erneut für das Überleben des Planeten und seiner Bewohner zu kämpfen. Auch er beugt sich auf ein Knie. Zum ersten Mal sehe ich um mich: verdrehte Metallhaufen, Betonbrocken, große Bombenlöcher, Glasscherben, Schmutz, zersplitterte Bäume, hier und da Feuer. Und mittendrin ein einziges Luftschiff, unversehrt, in das wir steigen wollen.
    »Wir müssen los!«, schreit ein Mann mit dunklen Haaren und Augen. Henri blickt ihn an und nickt. Kinder laufen die Rampe hinauf. Mein Großvater schaut mir tief in die Augen; er will etwas sagen, aber wieder werde ich weggerissen, durch die Luft geschleudert, wieder verschwimmt, was unten liegt. Nur Bomben sind zu erkennen, die ständig fallen, und die großen Feuer in allen Farben, die über den Nachthimmel sausen.
    Dann verharre ich wieder – ich bin in einem großen, offenen Raum, den ich noch nie zuvor gesehen habe. Es ist still, die Decke ist gewölbt, der Boden eine Betonplatte von der Größe eines Footballfeldes. Es gibt keine Fenster, doch die Bombeneinschläge dringen auch hier herein und hallen von den Wänden wider. Mitten im Raum steht groß und stolz eine weiße Rakete, die bis zum höchsten Punkt des Gewölbes reicht.
    Dann wird lautstark in der hintersten Ecke eine Tür geöffnet.Zwei Männer kommen herein, vertieft in lautem, hektischem Gespräch, gefolgt von etwa fünfzehn Tieren, die ständig ihre Gestalt wechseln. Manche fliegen, andere laufen auf zwei, dann auf vier Beinen. Ein dritter Mann hinter ihnen schließt die Tür. Der erste erreicht das Raumfahrzeug, öffnet eine Art Luke von unten und scheucht die Tiere hinein. »Los! Los! Hinauf und hinein, hinauf und hinein!«
    Alle Tiere gehorchen, einer der Männer folgt ihnen. Die beiden anderen werfen ihm Taschen und Kisten zu, und nachdem sie etwa zehn Minuten lang das Raumschiff beladen haben, machen sie es zu dritt startbereit. Sie schwitzen bei der hektischen Arbeit, und gerade in dem Augenblick, in dem sie selbst in die Rakete klettern wollen, läuft jemand mit einem Bündel herbei. Darin scheint ein Baby zu liegen.
    Als alle im Raumschiff sind, fällt die Tür hinter ihnen zu und wird versiegelt. Minuten vergehen. Draußen müssten jetzt gerade weiterhin die Bomben fallen. Und dann explodiert etwas in dem Raum selbst; ein Feuer schießt unten aus der Rakete und wird rasch größer, es verzehrt alles, auch mich.
    Ich schlage die Augen auf. Ich bin zu Hause, in Ohio, in meinem Bett. Es ist dunkel, aber ich spüre, dass ich nicht allein bin: Eine Gestalt bewegt sich und wirft einen Schatten auf mein Bett. Ich spanne mich an, bereit, meine Hände leuchten zu lassen und den Eindringling gegen die Wand schleudern.
    »Du hast gesprochen«, sagt Henri. »Im Schlaf.«
    Im Licht meiner Hände steht er in Pyjamahose und weißem T-Shirt neben meinem Bett. Seine Haare sind zerzaust, die Augen rot und müde.
    »Was habe ich gesagt?«
    »›Hinauf und hinein, hinauf und hinein.‹ Was war los?«
    »Ich war soeben in Lorien.«
    »In einem Traum?«
    »Ich glaube nicht. Ich war da, genau wie zuvor.«
    »Was hast du gesehen?«
    Ich setze mich auf und lehne den Rücken an die Wand. »Die Tiere.«
    »Welche Tiere?«
    »In dem Raumschiff, das ich sah. Das alte aus dem Museum. In der Rakete, die nach unserer gestartet ist. Ich habe gesehen, wie Tiere hineingeladen

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