Ich bin o.k. – Du bist o.k. • Wie wir uns selbst besser verstehen und unsere Einstellung zu anderen verändern können. Eine Einführung in die Transaktionsanalyse
anfangen lässt. Wenn ein Kind seine Kreativität mit Schuhcreme an den Zimmerwänden austoben darf, treffen es die schmerzlichen Folgen der gleichen Aktivität in der Nachbarswohnung unvorbereitet und um so härter. Schmerzhafte «Folgen» bewirken keine o.k.-Gefühle. Es gibt andere Konsequenzen, die noch viel zeitraubender sind, etwa ein Krankenhausaufenthalt nach einem «umwerfenden Lernerlebnis» mit Autos im Straßenverkehr. Die Computerzeit ist begrenzt. Konflikte nehmen viel davon weg. Ein äußerst zeitraubender Konflikt entsteht, wenn die Behauptungen der Eltern vom Erwachsenen-Ich nicht anerkannt werden können. Am kreativsten ist das junge Individuum, nach dessen Erfahrung ein großer Teil des Eltern-Ichs der Realität entspricht. Es kann dann diese überprüfte und als zutreffend erwiesene Information im Erwachsenen-Ich einordnen, kann ihr vertrauen, sie vergessen und sich anderen Dingen zuwenden – etwa wie man einen Drachen steigen lässt, wie man eine Sandburg baut oder wie man eine Differenzialgleichung löst.
Doch viele Kinder sind lange Zeit vorwiegend mit dem Konflikt zwischen den Daten ihres Eltern-Ichs und ihrer eigenen Kenntnis der Realität beschäftigt. Am meisten beunruhigt sie dabei, dass sie nicht verstehen, warum das Eltern-Ich solche Macht über sie hat. Wenn die Wahrheit an die Tür zum Eltern-Ich klopft, dann sagt das Eltern-Ich: «Komm, jetzt diskutieren wir erst mal.» Das kleine Kind, dessen Vater im Gefängnis sitzt und dessen Mutter stiehlt, um es zu ernähren, hat in seinem Eltern-Ich laut und deutlich die Aufzeichnung: «Mit der Polente darf man sich niemals einlassen!» Dann trifft das Kind einen freundlichen Polizeibeamten. Sein Erwachsenen-Ich rechnet alle Daten über diesen netten Mann durch, wie er auf dem Bolzplatz ein Fußballspiel organisiert, wie er allen Kaugummi schenkt, wie er freundlich ist und mit ruhiger Stimme spricht. Für diesen Jungen entsteht ein Konflikt. Was er als Realität sieht, unterscheidet sich von dem, was man ihm beigebracht hat. Das Eltern-Ich sagt so und das Erwachsenen-Ich so. Solange tatsächlich seine Sicherheit von seinen Eltern abhängt, mag diese Sicherheit auch noch so dürftig sein, wird er wahrscheinlich das Urteil seiner Eltern übernehmen: «Bullen sind schlecht.» So werden Vorurteile übertragen.
Für ein kleines Kind ist es manchmal weniger riskant, an eine Lüge zu glauben als an das, was es selber hört und sieht.
Das Eltern-Ich bedroht in solchen Fällen das Kindheits-Ich in einem fortwährenden inneren Dialog dermaßen, dass das Erwachsenen-Ich aufgibt und nicht mehr versucht, in den Kampfgebieten Aufklärung zu treiben. Darum wird der Satz: «Bullen sind schlecht» als Wahrheit aufgenommen. Dieser Vorgang nennt sich
Trübung (contamination)
des Erwachsenen-Ichs. Mehr darüber findet sich im sechsten Kapitel.
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3. Die vier Lebensanschauungen
Denn das Traurige im echten Humor besteht darin, dass er ehrlich und ohne Täuschung rein menschlich beleuchtet, was es heißt, ein Kind zu sein.
Søren Kierkegaard
Sehr früh im Leben kommt jedes Kind zu dem Schluss: «Ich bin nicht o.k.» Ebenso kommt jedes Kind schon früh zu einem Gesamturteil über seine Eltern: «Du bist o.k.» Dies ist das erste Resultat, zu dem schon das winzige Menschenkind kommt – eine Ungleichung am Beginn der lebenslangen Bemühung, sich selbst und die Umwelt auf einen Nenner zu bringen. Diese Anschauung: ICH BIN NICHT O.K. – DU BIST O.K . ist die folgenschwerste Entscheidung im Leben eines Menschen. Es ist
die
Grundsatzentscheidung, sie ist für die Dauer aufgezeichnet und wird alles beeinflussen, was ein Mensch auch immer tut. Weil es sich jedoch um eine Entscheidung handelt, kann sie durch eine neue Entscheidung geändert werden – aber erst, wenn sie verstanden wird.
Zur Unterstützung dieser Behauptung will ich im ersten Teil dieses Kapitels die jeweilige Situation des Neugeborenen, des Säuglings und des Kleinkindes, bevor und nachdem es sprechen gelernt hat, untersuchen. Viele Menschen bestehen darauf, dass sie eine «glückliche Kindheit» hatten und dass sie niemals zu einer Folgerung gekommen waren wie ICH BIN NICHT O.K . – DU BIST O.K . Ich bin der festen Ansicht, dass
jedes
Kind dazu kommt, wie glücklich eine Kindheit auch erlebt worden sein mag. Zuerst will ich die Situation seines Eintritts ins Leben untersuchen und dabei nachweisen, dass die Ereignisse seiner Geburt und seines Säuglingsdaseins sehr
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