Ich bleib so scheiße, wie ich bin
Schauspieler. Am Morgen wachte sie auf, weil sie heftiges Atmen neben sich hörte: Der Schauspieler machte auf dem Teppich neben ihrem Bett Liegestütze. Als er merkte, dass sie wach war, unterbrach er die Übung und erklärte, er sei bereits joggen gewesen, habe auf dem Rückweg frische Brötchen eingekauft, und wenn er mit den Liegestützen fertig sei, würde er ein schönes Frühstück machen. »So viel Vitalität und gute Laune am Morgen finde ich entsetzlich«, meinte Ines. Sie hat sich kein weiteres Mal mit ihm getroffen, und zwar aufgrund des »Dramas, das in einer möglichen Beziehung immer wieder neu inszeniert werden würde«. Ein Drama, in dem ihr permanent ihre Unsportlichkeit und Bequemlichkeit vor Augen geführt werden würde. Eine für sie ganz und gar unattraktive Vorstellung.
BIN ICH SCHÖN?
Man ist so schön, wie man sich fühlt, heißt es, und daher gibt es viele mentale Übungen, die darauf abzielen, das eigene Schönheitsempfinden zu steigern. Man solle sich zum Beispiel jeden Morgen vor den Spiegel stellen, sich dabei fest in die Augen sehen und dabei das Mantra »Ich bin schön« sprechen. Das wird dann so lange wiederholt, bis man glaubt, was man sagt – und siehe da, von diesem Augenblick an wird einen auch die Umgebung anders wahrnehmen.
»Aber schön zu sein – das ist doch auch wieder die Norm«, meint Werner Katzengruber. »Will ich denn die Norm sein, und was bringt mir das? Warum muss ich › schön ‹ sein? Reicht es nicht, sich vor den Spiegel zu stellen und zu sagen: ›Ich bin o.k.‹?«
Die Übung »Ich bin o.k.« ist der Realität angemessener, und man ruiniert mit ihr auch nicht seine gesunde Selbsteinschätzung. Darüber hinaus integriert diese Einstellung auch die Tage, an denen man sich einfach hässlich und bescheuert fühlt. Denn die wird es immer geben, da kann man »Sich-schön-Fühlen« üben, wie man will.
BEZIEHUNGSUNFÄHIGKEIT –
WAS IST DAS?
Ist man als Frau nicht nur zu schön, sondern auch zu gebildet, wird es ganz schwierig. Viele sehr erfolgreiche Frauen sind allein, weil man als Chefarzt zwar die Krankenschwester heiraten kann, aber als Chefärztin nicht unbedingt den Krankenpfleger. Die Auswahl »gleichwertiger« Männer wird eben kleiner, wenn man Professorin für Wirtschaft und neue Medien ist.
Natürlich ist es wundervoll, Professorin oder Chefärztin zu werden, wenn man Professorin oder Chefärztin werden will. Aber man erhöht damit nicht seine Chancen auf dem Beziehungsmarkt. Mit diesem Beispiel will ich mitnichten Frauen auffordern, die Suche nach einem Mann wichtiger zu nehmen als ihre Karriere. Ich will an dieser Stelle nur deutlich machen, dass die Verbesserung der eigenen sozialen und ökonomischen Situation nicht unbedingt die Partnerfindung erleichtert, und schon gar nicht, wenn man sich innerhalb der gesellschaftlichen Konventionen bewegt – sich also nur vorstellen kann, mit einem Partner zusammen zu sein, der eine vergleichbare gesellschaftliche Stellung innehat.
Es gibt drei Geschlechter:
Männer, Frauen und Doktorandinnen.
Chinesischer Witz
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Viele Menschen mit einem hohen Anspruch an sich selbst und der Bereitschaft, über sich nachzudenken, fragen sich, ob es an ihnen liegt, wenn sie keine oder nur kurze Beziehungen haben. Sie sind bereit zu lernen, an sich zu arbeiten, mit sich und anderen ehrlich zu sein und Fehler zuzugeben. Aber einer stabilen und schönen Beziehung bringt sie das auch nicht näher.
Sie ahnen nicht, dass sie mit ihren Bemühungen ihre Situation noch verschärfen, da sie bereits in jeder Hinsicht überqualifiziert sind: Denn stabile Beziehungen haben nichts mit der vermeintlichen »Beziehungsfähigkeit« der Beteiligten zu tun. Beziehungen zwischen Menschen sind dann stabil, wenn gewisse äußere Zwänge sie zusammenhalten. Das kann ein gemeinsames Haus, gemeinsame Kinder, eine gewisse ökonomische und/oder seelisch-körperliche Abhängigkeit sein, also alles, was zwei Menschen aneinander bindet, ohne dass sie sich lieben müssen. Freiheit und Beziehungsfähigkeit sind also umgekehrt proportional. Diese Erfahrung macht jeder, der nach Freiheit strebt.
Trennen oder nicht trennen? Das fragen sich
nur Leute, denen es zu gut geht.
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Menschen, für die die freie Auswahl auf dem Beziehungsmarkt aufgrund spezieller Bedürfnisse, finanzieller Abhängigkeiten und/oder körperlicher Voraussetzungen nicht gilt, sind von der unendlichen Suche nach dem optimalen Partner erlöst. So leben stark Übergewichtige
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