Ich blogg dich weg!
ich …“ Julies Finger verkrampften sich um ihren Stift. „Das ist gefakt! Irgendjemand hat ein Profil gefakt! So, als sei es meins.“
„Möchtest du es noch mal versuchen?“, fragte der Klein mich. „Mir würde es ja reichen, wenn du einfach mal ein bisschen still sein könntest!“
„Entschuldigen Sie bitte“, sagte ich mit meiner höflichsten Stimme. „Julie geht es nicht gut.“
„Was ist los?“, fragte der Klein misstrauisch. Dann schaute er in Julies rotes Gesicht. „Willst du vielleicht mal an die frische Luft?“
Julie nickte und stand auf. Mit einem lauten Poltern fiel ihr Stuhl um. „Kann Jasmina mitkommen?“, fragte sie. „Ich bin ganz wackelig auf den Beinen.“
Der Klein machte ein genervtes Gesicht, aber er gab mir die Erlaubnis: „Also gut, dann geht Jasmina auch noch mit.“
Wir gingen zur Tür und ich hörte, wie Ela mit Isabelle und Alina tuschelte und kicherte.
„Alle anderen konzentrieren sich bitte wieder auf diese Gleichungen!“, sagte der Klein. „Nächste Woche schreiben wir darüber eine Klassenarbeit.“ Da war allgemeines Stöhnen in der Klasse.
„Ich muss dir auch etwas zeigen“, flüsterte Julie mir zu, als wir auf dem leeren Flur standen. Ihr Unterkiefer zitterte dabei. „Auf der hinteren Toilette.“
SEBASTIAN
Ich war noch keine Minute auf dem neuen Profil von Julie und ich konnte es nicht glauben. Ich kannte Julie seit Jahren. Als Kinder hatten wir zusammen mit unserem Playmobil gespielt, wir hatten aus alten Brettern eine Bude oben am Waldsee gebaut, während unsere Eltern die Wände unserer Häuser tapezierten, die Wohnzimmer einrichteten und die Gärten anlegten. Wir hatten zusammen Musik gemacht, seit wir hier wohnten, waren zusammen aufgetreten, und Julie war – bevor sie auf die Bühne musste – oft schüchtern, geradezu verklemmt. Das hier konnte sie nicht geschrieben haben. Ich hatte gesehen, wie Julie von einem mageren Kind, das nur aus zu langen Armen und Beinen zu bestehen schien, zu einer ziemlichen Schönheit wurde. Vielleicht wusste Julie sogar, wie gut sie aussah. Trotzdem, so etwas würde Julie nie schreiben: „Warnung an alle Mädels! Eure Freunde wollen in Wirklichkeit nur eine: MICH!“
Ich klickte mich durch ihr Album, das sie Sexy! Sexy!! Sexy!!! genannt hatte. Es waren Fotos von Julie, zweifelsohne war es Julie, die dort im Bikini in die Kamera lachte. Ich kannte den Bikini sogar, ich erkannte auch, dass diese Bilder am Waldsee aufgenommen worden waren.
Ich zog mein Smartphone aus der Tasche und wählte eine Nummer.
„Hast du was damit zu tun?“, fragte ich, als Ela sich schließlich meldete.
Sie lachte nur.
„Hast du?“, fragte ich. Meine Stimme zitterte vor Wut.
„Was meinst du?“, fragte Ela. „Etwa das neue Profil von Julie?“
„Ach, das weißt du schon?“, fragte ich. Ich war froh, dass ich mit ihr am Telefon sprach. Ich wollte mir ihre großen dunklen Augen und ihren süßen Duft nicht vorstellen, sondern ich hörte nur ihre Stimme und, ehrlich gesagt, klang meine Freundin ziemlich hämisch.
„Hast du auch schon was gepostet?“, fragte sie.
„Das ist doch so arm“, erwiderte ich.
„Komm, komm. Das tut Julie ganz gut, dass sie mal jemand von ihrem hohen Ross runterholt.“
„Und deshalb legst du ein Fake-Profil an?“, fragte ich. Ich fand Ela bei diesem Gespräch zum Kotzen.
„Wer? Ich?“ Einen Moment lang blieb die Leitung still. „Das glaubst du doch wohl nicht ernsthaft, oder? Dass ich …“ Ela beendete den Satz nicht und ihre letzten Wörter blieben zwischen uns hängen.
Ich sagte nichts, denn ich musste erst mal nachdenken. Glaubte ich es? Hatte ich sie nicht genau deshalb angerufen?
„Ich weiß nicht, ob ich das wirklich glaube“, sagte ich. Es klang ziemlich lahm.
„Was heißt das? Wenn ich sage, ich war’s nicht, dann war ich es nicht, oder?“ Ela atmete hörbar aus. „Du vertraust mir nicht. Überhaupt nicht.“
Ich scrollte auf der Seite weiter runter und suchte Elas Kommentar auf der Seite. „Du bist die letzte Schlampe!“ Das hatte Ela unter eines der Bikini-Fotos von Julie geschrieben.
„Bist du noch dran?“, fragte sie jetzt. „Wieso bist du eigentlich so sicher, dass das Profil gefakt ist? Kann doch sein, dass Julie uns mal zeigt, wie sie wirklich ist.“
„Ich kenne Julie eben“, sagte ich. „So ist sie einfach nicht.“
„Ach so“, sagte Ela in einem ganz ruhigen Ton. „Du kennst Julie eben. Was heißt das denn?“
Ich wusste nicht, was ich
Weitere Kostenlose Bücher