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Ich blogg dich weg!

Ich blogg dich weg!

Titel: Ich blogg dich weg! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agnes Hammer
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kannst du nicht machen!“
    „Aber es stimmt doch, was Marek gesagt hat. Es läuft alles auf eine Blamage hinaus, oder?“
    Ich ging langsam die Kellertreppe hoch. Meine Eltern waren immer noch nicht zu Hause, aber Jasmina und Sebastian kannten sich bei uns aus. Ich nahm meine Jacke und zog die Haustür hinter mir zu.
    SEBASTIAN
    Anscheinend merkte ich bestimmte Dinge erst, wenn es längst zu spät war. Jetzt zum Beispiel, als ich das leise Tappen von Julies Schritten über uns hörte, war mir noch gar nicht klar, was das alles mit mir zu tun hatte. Aber dann, als Jasmina und Marek ganz selbstverständlich zum ersten Stück von unserem Set zurückblätterten und Marek zu zählen begann, hatte ich ein unangenehmes Prickeln in der Magengegend. Als wir das Stück zu Ende gespielt hatten, fragte mich meine Schwester, wie ich ihre Stimme bei diesem Stück fand.
    „Gut“, sagte ich. Während ich dieses eine Wort aussprach, wurde mir richtig schlecht. Ich hörte wieder Julies Füße, dann die Haustür, die anscheinend von außen zugezogen wurde. Wo ging Julie denn jetzt hin? Wieso sagte sie uns nichts davon?
    Auch Marek und Jasmina mussten das doch gehört haben, oder? Aber Marek starrte bloß Jasmina an und meine Schwester senkte schüchtern den Blick, um dann wieder aufzusehen und Marek ein Lächeln zu schenken. Was sollte das? Nur, weil es mit Ben nicht lief?
    Als nächsten Song hatten wir eigentlich True Colours von Cindy Lauper eingeplant. Das war Julies Lied, jedenfalls für mich, und auch Jasmina schien zu zögern.
    „Lass uns mit der vier weitermachen“, sagte ich, als die beiden wieder blätterten.
    „Versuch’s doch mal!“, sagte Marek dagegen. „So schwer ist das nicht zu singen.“
    „Was verstehst du denn davon?“, fragte ich scharf. Schärfer, als ich eigentlich wollte.
    „Ach, komm“, meinte Marek bloß und heftete seinen Blick dann wieder auf Jasmina. „Versuch’s einfach mal.“
    Am liebsten hätte ich den Verstärker abgekoppelt, mir meinen Gitarrengurt über den Kopf gezogen und wäre gegangen. Ich wollte nicht, dass dieses Lied von irgendjemand anderem als von Julie gesungen wurde. Es war – besonders das Intro, das Julie und ich zu zweit spielten – in gewisser Weise unser Lied und alle anderen waren dabei, na ja, eben die anderen. Aber das konnte ich Jasmina und Marek nicht erklären, denn dann hätte ich auch alles andere zugegeben: Dass Ela recht hatte und ich in Julie verliebt war. So verliebt, dass mein Magen sich umdrehte, als Jasmina mir zunickte und die ersten Worte sang. Ich stand so steif da, als sei ich aus Beton gegossen, und verpasste meinen Einsatz.
    „Okay, dann spielen wir es eben nicht“, sagte Jasmina. Sie klang so erleichtert, wie ich mich fühlte.
    Bei deinem Gesang laufen sogar die Katzen davon!
    nbat23
    JULIE
    Das war’s dann mit Jase Noju , dachte ich, als ich den kleinen Weg zur Hauptstraße hinunterging. Die Buchen über mir rauschten. Einige Blätter wurden schon gelb und rollten sich zusammen. In ein paar Wochen würde hier regelmäßig die Kehrmaschine hochfahren und das abgefallene Laub zu großen Haufen schichten.
    Es kam kein Bus, aber ich war die Strecke zur Stadt schon oft gelaufen, es machte mir nichts aus. Ich wollte einfach nicht zu Hause sein, auch nicht in der Förstersiedlung; und oben am See – dorthin war ich früher oft gegangen – war mir irgendwie unheimlich.
    Ein Auto schoss an mir vorbei und ich zuckte zusammen. In letzter Zeit war ich ganz schön schreckhaft geworden. Früher war das nicht so.
    Bei der Post nahm ich den Weg zur Fußgängerzone. Es war nach sieben, die Geschäfte waren geschlossen, aber ich wollte sowieso in keinen der Läden hineingehen. Das Musikgeschäft, in dem ich früher Gesangsunterricht genommen hatte, stand inzwischen leer. Ich spähte durch die Scheibe auf staubige, leer geräumte Regale und einen Teppichboden, der sich wellte. Die Tür zum Hinterzimmer, dort wo Frau Oprea-Kahn mir die Feinheiten der Atemstütze beigebracht hatte, stand offen. Einen einsamen Notenständer konnte ich erkennen. War es der, auf den ich vor Jahren meine eigenen Stimmübungen und Songtexte gelegt hatte?
    Ich ging weiter. Neben dem Musikladen war immer noch eine Geschenkboutique mit hoffnungslos traurigen Engeln, die anscheinend die Besitzerin selbst getöpfert hatte. Die Flügel sahen aus, als seien sie viel zu klein. Diese Engel würden niemals fliegen können. Ich fragte mich, ob jemals einer dieser Engel verkauft

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