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Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Titel: Ich. Darf. Nicht. Schlafen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Watson
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sagte nichts. »Ich liebe dich«, murmelte er, und seine Worte verloren sich in meinem Haar, in der Beuge meines Halses. Ich wusste, dass ich etwas sagen wollte – obwohl ich nicht wusste, was –, aber mir war nicht klar, wie ich das machen sollte. Mein Mund hatte anscheinend keine Verbindung zu meinem Gehirn, und so lag ich da, während er mich küsste und in mein Haar sprach. Ich erinnerte mich, dass ich ihn gewollt hatte und zugleich gehofft, dass er aufhörte, dass ich mir vorgenommen hatte, nicht mit ihm zu schlafen, als er anfing mich zu küssen, doch seine Hand war an der Wölbung meines Rückens hinab zu meinem Po geglitten, und ich hatte es zugelassen. Und als er meine Bluse hochgeschoben hatte und seine Hand darunterglitt, dachte ich wieder:
Weiter lass ich dich aber nicht gehen. Ich halte dich nicht auf, nicht jetzt, denn ich genieße es. Weil deine Hand sich warm anfühlt auf meiner Brust, weil mein Körper mit kleinen lustvollen Schaudern reagiert. Weil ich mich zum ersten Mal wie eine Frau fühle. Aber ich werde nicht mit dir schlafen. Nicht heute Nacht. Weiter werden wir nicht gehen, auf gar keinen Fall.
Und dann hatte er mir die Bluse ausgezogen und den BH geöffnet, und es war nicht seine Hand auf meiner Brust, sondern sein Mund, und ich dachte noch immer, ich würde ihn stoppen, bald. Das Wort
Nein
hatte sogar schon begonnen, sich zu formen, verankerte sich fest in meinem Kopf, doch als ich es schließlich aussprach, hatte er mich schon nach hinten auf das Bett gedrückt und schob meinen Slip herunter, und das Nein hatte sich in etwas anderes verwandelt, in etwas, das ich vage als lustvolles Stöhnen erkannte.
    Ich spürte etwas zwischen meinen Knien. Es war hart. »Ich liebe dich«, sagte er wieder, und ich begriff, dass es sein Knie war, dass er mit einem Bein meine Beine auseinanderdrückte. Ich wollte es nicht zulassen, doch gleichzeitig wusste ich, dass ich es zulassen sollte, dass ich zu lange gewartet hatte, sah förmlich, wie meine Chancen, etwas zu sagen, dem hier Einhalt zu gebieten, nacheinander verschwanden. Und jetzt hatte ich keine andere Wahl. Dann wollte ich es, als er seine Hose geöffnet und unbeholfen seine Unterwäsche abgestreift hatte, und deshalb musste ich es jetzt wohl immer noch wollen, wo ich unter seinem Körper lag.
    Ich versuchte, mich zu entspannen. Er bäumte sich auf und stöhnte – ein wilder, erschreckender Laut, der tief aus seinem Innern kam –, und ich sah sein Gesicht. Ich erkannte es nicht, nicht in meinem Traum, aber jetzt wusste ich Bescheid. Ben. »Ich liebe dich«, sagte er, und mir war klar, dass ich etwas sagen sollte, dass er mein Mann war, obgleich ich meinte, ihn an dem Morgen zum ersten Mal gesehen zu haben. Ich konnte ihn zurückhalten. Ich konnte darauf vertrauen, dass er sich selbst zurückhielt.
    »Ben, ich –«
    Er brachte mich mit seinem nassen Mund zum Schweigen, und ich spürte, wie er in mich hineinstieß. Schmerz oder Lust. Ich konnte nicht sagen, wo das eine aufhörte und das andere begann. Ich klammerte mich an seinen Rücken, feucht vor Schweiß, und versuchte, mich ihm zu öffnen, versuchte zunächst, zu genießen, was geschah, und dann, als ich merkte, dass es nicht ging, versuchte ich, es zu ignorieren.
Ich hab es ja so gewollt
, dachte ich, und gleichzeitig,
Ich hab es nie gewollt
. Ist es möglich, etwas gleichzeitig zu wollen und nicht zu wollen? Dass Begehren und Furcht Hand in Hand gehen?
    Ich schloss die Augen. Ich sah ein Gesicht. Einen Fremden mit dunklem Haar, Bart. Eine Narbe zog sich über seine Wange. Er kam mir bekannt vor, und doch konnte ich nicht sagen, woher. Vor meinen Augen verschwand sein Lächeln, und in diesem Moment schrie ich auf, in meinem Traum. Das war der Augenblick, als ich wach wurde und merkte, dass ich in einem stillen, leisen Bett lag, neben Ben, und keine Ahnung hatte, wo ich war.
    Ich stand auf. Um auf die Toilette zu gehen? Zu fliehen? Ich wusste nicht, wohin ich wollte, was ich tun würde. Wenn ich irgendwie von der Existenz meines Tagebuchs gewusst hätte, hätte ich die Kleiderschranktür geöffnet, so leise wie möglich, und den Schuhkarton herausgenommen, in dem es sich befand, aber ich wusste es nicht. Und so ging ich nach unten. Die Haustür war verschlossen, das Mondlicht fiel bläulich durch das Milchglas. Ich merkte, dass ich nackt war.
    Ich setzte mich unten auf die Treppe. Die Sonne ging auf, die Diele färbte sich von blau zu dunkelorange. Nichts ergab einen Sinn; der Traum am

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