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Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen

Titel: Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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kam dann aber dochheraus, dass sie einen Vertrag mit der Diätfirma über 35   000   Euro abgeschlossen hatte. Das ZDF gab kurz darauf bekannt, den Vertrag mit der Moderatorin aufzulösen. Das hat mit dem Mere-Exposure-Effekt allerdings nichts mehr zu tun. Das nennt man Schadensbegrenzung.

DER SLEEPER-EFFEKT
    Warum wir Werbelügen glauben
    Im Jahr 2006 schlüpfte der U S-Schauspieler Justin Long in eine ungewöhnliche Rolle   – die eines Apple-Computers. Den Werbespot begann Long, leger gekleidet, mit den Worten: »Hallo, ich bin ein Mac.« Neben ihm stand, im Anzug, der U S-Schauspieler John Hodgman. Seine Begrüßungsworte: »Hallo, ich bin ein PC.« Insgesamt 66 verschiedene Spots drehten Long und Hodgman für die Apple-Werbekampagne »Get a Mac«, bei der sie die Unterschiede der Rechner und Hersteller personifizierten. Die Werbung saß: Ende 2009 kürte das Werbemagazin ›AdWeek‹ die Kampagne zur erfolgreichsten des gesamten Jahrzehnts. Der zuständigen Werbeagentur sei es gelungen, die beiden unterschiedlichen Philosophien   – PC und Mac   – emotional aufzuladen. Während Long wie der junge Steve Jobs agierte (cool), erinnerte Hodgman eher an Bill Gates (nicht so cool). Was aber noch viel wichtiger war: Die Imageaussagen setzten sich in den Köpfen fest, noch lange nachdem die Spots abgesetzt waren. »Apple ist ja so viiiiiiel cooler«   – dieser Eindruck hat nicht zuletzt auch den Siegeszug des iPhone und des iPad begründet.
    Der Mensch ist ein vergessliches Wesen. Wahrscheinlich muss das auch so sein. So viele Enttäuschungen, Rückschläge und negative Erfahrungen, wie wir im Leben erleiden   – man stelle sich mal vor, all diese unschönen Gedanken blieben für immer aufunserer geistigen Festplatte gespeichert. Nicht auszuhalten! Manchmal müssen wir einfach Platz im Oberstübchen schaffen, Großreinemachen, ausmisten, auskehren, sonst würden wir völlig verrückt. Es ist aber auch so, dass sich manche Botschaften im Großhirn hartnäckig einnisten und es sich dort gemütlicher machen als Italiens Söhne bei ihren Mammas. Selbst nach Jahren der Reifung und Läuterung sind sie noch da   – selbst dann, wenn wir sie von Anfang an rausschmeißen wollten.
    Klingt kompliziert? Okay, ein Beispiel: Im Jahre 1943 zeigte der amerikanische Psychologe Carl Hovland Rekruten einen Propagandafilm der U S-Armee . Hovland wollte testen, wie sich der militärische Werbespot auf das Vertrauen in die Truppenstärke auswirken würde. Die Meinung seiner Probanden ermittelte der Forscher zu drei Zeitpunkten: vorher, fünf Tage danach und neun Wochen später. Ergebnis: Einige gewünschte Imageeffekte des Films traten erst spät auf. Mit anderen Worten: Kurz nach dem Betrachten des Films wussten die Versuchspersonen selbst noch nicht, dass sich ein geschickt inszenierter Gedanke längst in ihrem Kopf festgesetzt hatte. Sie mussten ein paar Nächte darüber schlafen, weshalb Hovland seine Entdeckung später »Sleeper-Effekt« taufte.
    Der Psychologe war so fasziniert von seinem Befund, dass er einige Jahre später eine weitere Studie zu dem Thema ausarbeitete. Diesmal verteilte er vier schriftliche Stellungnahmen zu einem beliebigen Thema an die Studenten auf seinem Campus. Zwei der Meinungsäußerungen waren bejahend, zwei verneinend. Der Clou an diesem Experiment: Hovland hatte jeder dieser Aussagen unterschiedliche Quellen zugeordnet   – zwei mit hoher und eine mit niedriger Glaubwürdigkeit. Wieder hielt Hovland die Einschätzungen seiner Teilnehmer vorher, direkt danach und Wochen später fest. Das Resultat deckte sich mit dem der vorigen Studie, gab aber auch Aufschluss darüber, wie bedeutungsvoll die Urheberschaft solcher Botschaften ist, nämlich gar nicht: Je länger die Eindrücke zurücklagen, desto unwichtiger war es den Personen, ob die Quelle glaubwürdig gewesenwar oder nicht. Zwar wurde den zuverlässigen Quellen unmittelbar nach dem Versuch mehr vertraut, jedoch nahm das Vertrauen im Laufe der Zeit ab. Genau anders erging es den unglaubwürdigen Quellen   – die Zweifel schmolzen, je mehr Zeit ins Land ging. Der Schluss daraus: Je länger eine Mitteilung zurückliegt, desto unwichtiger ist unserem Gehirn, wer diese abgesondert hat   – und desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns nur noch an den Inhalt der Botschaft erinnern.
    Das allerdings macht den Sleeper-Effekt im Alltag enorm gefährlich. Schon beim gelangweilten Zappen durch die Kanäle laufen wir Gefahr, ihm auf den

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