Ich ein Tag sprechen huebsch
»Mein Gott, ich liebe dieses Kunststückchen. «
Ich wälzte mich zur Seite, um mein Gesicht zu schützen.
»Das ist kein Kunststück! «
Meine Mutter drückte noch einmal ab. »Ach, sei kein Pedant. Immerhin, es funktioniert. «
Nachdem wir alle groß und aus dem Haus waren, nahmen meine Schwestern und ich logischerweise an, das Leben unserer Eltern werde zum Stillstand kommen. Es war ihre Bestimmung, zu erstarren und in der Vergangenheit zu leben. Wir waren das rechtmäßige Zentrum ihres Lebens, doch stattdessen hatten sie einen neuen Familienverband gegründet, bestehend aus Melina und den Gründungsmitgliedern ihres Fanklubs. Jemand, der offenbar nur wenig von ihr wusste, hatte meiner Mutter einen lustigen Teddybären mit einem auf die Brust gestickten Stoffherzen geschenkt. Nach Angaben des Herstellers hieß der Bär Brummel und brauchte zu seinem Wohlergehen nicht mehr als zwei Babyzellen und regelmäßige Streicheleinheiten.
Wenn meine Mutter »Wo ist Brummel?« rief, sprang die Hündin sofort auf, riss den Bären von seinem Platz auf dem Kühlschrank und schleuderte ihn immer wieder durch den Raum, als wolle sie ihm das Genick brechen. Manchmal bis Melina auf den Anschaltknopf, worauf das unselige Ding mit den Armen zu rudern begann und eine seiner fünf gespeicherten Herzenssprüche losließ.
»Braves Mädchen«, lobte meine Mutter. »Nicht wahr, wir mögen Brummel nicht, hm?«
»Wir?«
Während der letzten Jahre von Mädchen zwei und der ersten Hälfte der Melina-Periode lebte ich mit einer Katze namens Neil zusammen. Sie hatte ein mattgraues Fell und war von einem dämonischen Alkoholiker mit langen Fingernägeln und einer riesigen Kimono-Sammlung ausgesetzt worden. Der Mann war ein echter Fiesling, und als er irgendwann umzog, holte meine Schwester Gretchen die Katze zu uns und gab ihr einen neuen Namen. Später wanderte das Tier dann an mich weiter. Als ich aus Raleigh fortging, passte meine Mutter vorübergehend auf Neil auf, um sie, sobald ich eine neue Wohnung gefunden hatte, im Flugzeug nach Chicago zu bringen. Ich hatte das billigste Apartment genommen, das ich hatte auftreiben können, und so sah es auch aus. Meine Nachbarn waren nette Leute, sahen aber nicht den Zusammenhang zwischen ihrer privaten Lebensweise und den Armeen von Mäusen und Kakerlaken, die sich auf aggressive Weise im Haus breit machten. Dankbar für jeden Tapetenwechsel, veranstalteten ganze Familien regelmäßig Picknicks im Flur und ließen kandierte Früchte und angebissene Tacos auf dem Boden zurück. Neil fing vierzehn Mäuse, während Dutzende weitere mit fehlenden Gliedmaßen oder abgebissenem Schwanz entkommen konnten. In Raleigh hatte sie nur faul im Haus herumgelegen, aber hier hatte sie eine wirkliche Aufgabe.
Bald hatte sie ihre Interessen so sehr erweitert, dass sie stundenlang vor dem Radio hockte und gebannt die Entwicklungen in Politik und Wirtschaft verfolgte, die mir völlig schnuppe waren. »Noch ein Wort zu den Iran-Contra-Verhandlungen, und du schläfst draußen bei den Asylbewerbern«, drohte ich ihr, obwohl wir beide wussten, dass ich es nicht so meinte.
Neil war bereits alt, als sie nach Chicago kam, und sie wurde mit jedem Tag älter. Nachdem sie den Offenbarungen Oliver Norths gelauscht hatte, fing sie an, Zähne in ihrem Napf zu verlieren und die Sorte Atem auszustoßen, mit der man Farbe abbeizen konnte. Als sie auch noch aufhörte, sich selbst zu putzen, wurde sie von mir regelmäßig im Waschbecken gebadet. Wenn ihr Fell triefendnass war, sah man erst, wie abgemagert und zerbrechlich sie geworden war. Außerdem waren ihre Nieren auf die Größe von Rosinen geschrumpft. Natürlich wollte ich nur das Beste für sie, doch hielt ich es zuerst für einen Scherz, als der Tierarzt Dialyse vorschlug. Abgesehen davon, dass sie alt, zahnlos und inkontinent war, konnte ich sie jetzt auch noch für eine Summe von mehreren tausend Dollars dreimal in der Woche an ein Dialysegerät anschließen lassen. »Klingt sehr vielversprechend«, sagte ich. »Geben Sie uns ein paar Tage Bedenkzeit« Ich wollte noch den Rat eines zweiten Experten einholen. Tierarzt Nummer zwei machte eine Blutuntersuchung und riet mir ein paar Tage später am Telefon zu Euthanasie.
Ich hatte den Ausdruck seit ewigen Zeiten nicht mehr gehört und musste sogleich an ein ungleiches Paar japanischer Jungen denken, die auf einem verlassenen Schulhof standen. Einer von ihnen, ein ziemlicher Fettkloß, versuchte vergeblich eine
Weitere Kostenlose Bücher