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Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Titel: Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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scheint es hier häufiger Tornados zu geben. Das Wetter ist wechselhaft, es kommt häufig zu Naturkatastrophen. Wahrscheinlich wurde diese Stadt schon einmal von einem Wirbelsturm verwüstet. »Adam –« Ich greife nach seinem Arm. Wir ducken uns hinter eine niedrige Mauer, und ich zeige ihm unseren möglichen Fluchtweg.
    Er drückt meine Hand. »Gut aufgepasst.« Aber wir rühren uns nicht vom Fleck. Dann hören wir jemanden stolpern. Ein unterdrückter Schrei. Es ist finster, Strom gibt es hier wohl schon lange nicht mehr. Der Soldat ist über eines von Adams Hindernissen gestolpert.
    Adam hebt die Pistole. Holt tief Luft. Feuert.
    Gut gezielt.
    Eine Fluchtirade ist der Beweis. Adams Atem klingt zittrig. »Ich versuche sie nur kampfunfähig zu machen«, sagt er. »Ich will niemanden töten.«
    »Das weiß ich«, sage ich. Obwohl ich mir nicht ganz sicher war.
    Wir rennen zu der Schutztür, Adam zerrt an dem festgerosteten Riegel. Wir dürfen keine Zeit verlieren, wissen nicht, wer uns inzwischen auf den Fersen ist. Ich will gerade vorschlagen, das Schloss aufzuschießen, als sich der Riegel löst.
    Adam tritt die Tür auf, und wir stürzen auf die Straße hinaus. Da stehen 3 Autos.
    Ich könnte heulen vor Glück.
    »Wird auch Zeit«, sagt er.
    Aber es ist nicht Adam, der da spricht.

39
    Überall Blut.
    Adam krümmt sich am Boden, ich weiß nicht, wo er getroffen wurde. Er ist umringt von Soldaten. Ich kratze und trete nach allen Seiten, als ich festgehalten werde, schreie ins Leere. Jemand zerrt mich weg, ich sehe nicht, was sie mit Adam machen. Schmerz rast durch meinen Körper, schüttelt mich, bricht mir die Knochen. Ich will zum Himmel hochbrüllen, auf die Knie fallen und in die Erde schluchzen. Verstehe nicht, warum das Grauen nicht durch meine Schreie fliehen kann. Warum eine Hand auf meinem Mund liegt.
    »Wenn du versprichst, nicht mehr zu schreien, lasse ich dich los«, sagt Warner zu mir.
    Er berührt mit bloßen Händen mein Gesicht. Ich weiß nicht, wo ich meine Pistole verloren habe.
    Warner zerrt mich in ein Gebäude und tritt eine Tür auf. Drückt einen Schalter. Neonlampen erwachen summend zum Leben. An den Wänden hängen Poster, an einer Pinnwand sind bunte Buchstaben angeheftet. Überall im Raum stehen kleine Tische. Wir sind in einem Klassenzimmer.
    Ich frage mich, ob das James’ Schule ist.
    Warner lässt die Hand sinken. Seine glasgrünen Augen blicken so erfreut, dass ich förmlich zu Stein erstarre. »Gott, hab ich dich vermisst«, sagt er. »Du hast doch wohl nicht geglaubt, dass ich dich so einfach entkommen lasse?«
    »Sie haben auf Adam geschossen.« Andere Worte kommen mir nicht in den Sinn. Ich bin völlig benommen. Sehe immer wieder Adams schönen Körper am Boden, rot rot rot. Ich muss wissen, ob er lebt. Er muss leben.
    Warners Augen blitzen auf. »Adam ist tot.«
    » Nein –«
    Warner drängt mich in eine Ecke, und mir wird klar, dass ich in meinem ganzen Leben noch nie so angreifbar gewesen bin. So verletzlich. 17 Jahre lang habe ich mir gewünscht, meinen Fluch loszuwerden, aber in diesem Augenblick sehne ich ihn mit ganzer Kraft herbei. Warners Blick ist plötzlich herzlich und mitfühlend. Seine abrupten Stimmungswechsel sind unberechenbar. Und unerträglich.
    »Juliette«, sagt er. Er berührt meine Hand so sanft, dass ich erschrocken zusammenzucke. »Ist dir etwas aufgefallen? Ich scheine immun zu sein gegen deine Gabe.« Er sucht meinen Blick. »Ist das nicht unglaublich? Ist es dir aufgefallen? Als du geflüchtet bist? Hast du es gespürt …?«
    Warner, dem nichts entgeht. Warner, der noch das kleinste Detail wahrnimmt.
    Natürlich weiß er es.
    Die Zärtlichkeit in seiner Stimme erschüttert mich. Das aufrichtige Interesse an meiner Antwort. Er kommt mir vor wie ein wilder Hund, rasend und blutrünstig und zugleich ausgehungert nach Zuwendung und Anerkennung.
    Nach Liebe.
    »Wir können wirklich zusammen sein«, sagt er, von meinem Schweigen unbeirrt. Er zieht mich an sich, viel zu dicht. Ich erstarre in 500 Schichten Angst. Betäubt von Schmerz und Entsetzen.
    Seine Hände ertasten mein Gesicht, seine Lippen suchen meine Lippen. Mein Hirn steht in Flammen, möchte explodieren ob der Unfassbarkeit dieses Moments. Es kommt mir vor, als betrachte ich alles von außen, losgelöst von meinem Körper, als sei ich außerstande zu handeln. Am meisten erschüttert mich die Sanftheit von Warners Berührung, die Ernsthaftigkeit in seinem Blick.
    »Ich möchte, dass du mich

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