Ich gegen Dich
geben?«
»Eine Menge. Da draußen wartet 'ne ganze Welt.«
»Und trotzdem bist du noch hier, die ausdauerndste Küchenhilfe, die wir je hatten.«
Mikey sah, dass Jacko keine Antwort darauf einfiel. Er wusste, dass er schon hundertmal in dem Versuch, aus dem Pub wegzukommen, zum Arbeitsamt gegangen war. Gemüse schälen und schneiden war überhaupt nicht sein Ding, und der Essensgeruch, sagte er, würde sich überall an seinem Körper festsetzen. Aber er hatte nur ein Angebot als Packer bekommen, und die Frau im Arbeitsamt hatte gesagt, selbst dafür gäbe es Konkurrenten. Plötzlich tat Jacko Mikey leid, und es machte ihm was aus, ihn rot werden zu sehen.
»Vielleicht lernst du ja 'ne Frau kennen«, sagte Mikey, »die für dich sorgt.«
Es war nett gemeint. Es sollte Jacko zum Lächeln bringen, so dass zwischen ihnen alles wieder gut wäre; aber der Blick, den Jacko in seine Richtung abschoss, verriet ihm, dass er es anders aufgefasst hatte.
»Du redest wohl von dir, Mikey?«
»Geht's noch?«
»Weil du ständig neue Weiber aufreißt, was?«
Mikey ließ den Schneebesen ruhen. »Was soll das denn jetzt?«
Jacko wich einen Schritt zurück und hielt die Hände hoch, als ob Mikey ihn mit dem Schneebesen erschießen wollte. »Ich sag nur, dass wir einen Plan hatten, weißt du nicht mehr?«
»Doch, klar.«
»Und du hast mich gebeten, dir zu helfen. Aber dann lässt du dir von einem Mädel dazwischenfunken.«
»Ganz so einfach ist es nicht, okay?«
Jacko zuckte mit den Schultern. »Sie hat dir nichts Brauchbares verraten, und jetzt hast du noch fünf Tage drangehängt. Sie ist nicht die Lösung, Mikey. Das ist doch wohl klar.«
»Vorige Woche hatte ich eine Menge um die Ohren.« Mikey redete extra langsam, um Jacko daran zu erinnern, dass seine Mum abgehauen war und er allein mit Holly und Karyn fertigwerden musste. »Und heute Morgen hatte ich ein Meeting, weißt du noch? Oder findest du vielleicht, ich hätte vorher bei ihm zu Hause vorbeigehen und ihm vor seinen Alten eins aufs Maul geben sollen?«
»Vielleicht.«
»Spinnst du jetzt total?«
»Jungs, Jungs!«, beschwichtigte Dex. »Seht nur, jetzt habt ihr mit eurem Krach die Chefin angelockt.«
Sue stand mit verschränkten Armen in der Tür und musterte alle drei von Kopf bis Fuß. »Ich brauch 'nen Kellner.«
»Dabei sag ich dir doch tagtäglich, dass du hier Köche vor dir hast«, konterte Dex.
»Na, also eigentlich«, erwiderte sie, »hab ich einen Koch, eine Küchenhilfe und einen Tellerwäscher vor mir.« Sie trat einen Schritt vor und piekste Mikey in die Schulter. »Und ich glaube, du weißt, welcher von den dreien du bist.«
Darüber konnte Mikey nur den Kopf schütteln. »Als Kellner bring ich's nicht.«
»Du kriegst Trinkgeld.«
»Ich lass Sachen fallen.«
»Ich hab ein Hemd, das dir passen wird, und mit dieser Hose muss es gehen.«
»Aber ich bin grad voll dabei, eine Soße zu machen.«
»Ich schlag dir einen Tauschhandel vor. Du kellnerst jetzt etwas, und ich schau mal nicht ganz so genau auf deine Zeiten.«
Jacko lachte, während Mikey sich das Hemd schnappte und zum Umziehen in die Toilette ging. Sue lungerte draußen vor der Tür herum und wartete auf ihn, nahm ihn dann mit in den Gästebereich und reichte ihm ein Namensschild.
»Heute heißt du Tyler«, informierte sie ihn.
In der Gaststätte warteten jede Menge Leute. Vom Wetter enttäuschte Touristen, die sich in Wohnwagen und Ferienhäusern verkrochen; dies hier sollte der Höhepunkt ihres Tages werden. Ein Pärchen mit vom Nebel feuchten Haaren hockte da wie zwei Seehunde, die glatten Köpfe über die Speisekarte gebeugt. So normale saubere Leben. Daneben kam sich Mikey wie der letzte Dreck vor.
Er fragte sich, was wohl mit seiner Mutter war, ob sie schon aufgestanden war, ob Karyn es geschafft hatte, sie auszunüchtern, ob es Holly in der Schule gefiel. Plötzlich beneidete er seine kleine Schwester – all der Glitter, die Fingerfarben und das Rumsitzen mit ihren Schulfreundinnen.
Sue nahm ihn mit, als sie eine Familie begrüßen ging, die zögernd in der Tür stand. »Tisch für vier, nicht wahr? Bitte folgen Sie mir.«
Sie führte sie nach hinten in den Gästebereich – Vater, Mutter, zwei Kinder. Mikey schlurfte hinterdrein. Er fragte sich, wie es wohl wäre, ihr Sohn zu sein, ihr Großer, den sie zu diesem Mittagessen mitnähmen. Doch die Fantasie hielt nur so lange vor, bis sie Platz genommen hatten, Sue sich zu ihm umdrehte und sagte: »Ich sag das jetzt nur
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