Ich gegen Dich
sie Jacko so bescheuert fand. Er ging in die Küche zurück und schrieb ihr. Sie schrieb sofort zurück: Stirb du Spast. Warum nicht? Er verdiente es.
Um sich noch mieser zu fühlen, sah er sich seinen SMS-Ausgang an und klickte die Entwürfe an Ellie durch, die er nie abgeschickt hatte. Wie Herzschläge, immer und immer wieder. Du fehlst mir. Treffen wir uns. Verzeih mir.
Er löschte alle miteinander.
Sie hielt zu ihrem Bruder, Karyn hatte Recht. Es war idiotisch von ihm gewesen, etwas anderes anzunehmen.
Als Mikey ins Wohnzimmer zurückging, laberte Jacko gerade rum, dass Karyn zu viel allein sei, was nicht gut für sie sei, dass sie Leute zu sich einladen solle.
»Ich hätte dir heute Vormittag Gesellschaft leisten können«, sagte er. »Ehrlich, wär kein Problem für mich gewesen.«
»War schon okay. Gillian war da.«
Jacko schaute verwirrt drein. »Gillian ist ihre Polizistin«, erklärte ihm Mikey. »Karyn himmelt sie an.«
Karyn schüttelte den Kopf. »Stell mich nicht als Trottel hin, Mikey.«
»Ich bring Mum ihre Tasse rauf«, sagte er. »Und dann gehen wir, Jacko, okay?«
Jacko nickte, ehe er sich gleich wieder Karyn zuwandte. »Was ist«, sagte er, »meinst du, du traust dich bald aus der Bude hier raus, bisschen spazieren fahren oder so?«
Was für ein Wichser.
Oben saß seine Mum auf ihrer Bettkante, den Ascher auf dem Schoß. Er stellte den Kaffee neben sie auf den Tisch.
Sie fragte: »Wie geht's Karyn so?«
»Überraschend gut.«
»Hast du ihr gesagt, dass er sich nicht schuldig bekennt?«
»Sie weiß es von Gillian. Aber das kommt ja wohl nicht allzu unerwartet, oder?«
»Das nicht.« Sie zog ausgiebig an ihrer Zigarette und blies den Rauch zum Fenster. »Ich weiß nicht, was ich zu ihr sagen soll, Mikey.«
»Mach dir darüber keine Sorgen. Jacko hält sie auf dem Laufenden.«
»Ich mein nicht wegen heute, sondern überhaupt. Ich hab hier gesessen und mir darüber den Kopf zerbrochen.« Sie wandte sich ihm zu, etwas Dringliches im Blick. »Ich bin sauer auf sie, und das ist nicht richtig, oder? Ich denk andauernd: Warum müssen wir alle da durch? Warum hat sie es so weit kommen lassen? Du weißt schon, warum hat sie sich dermaßen betrunken, warum hat sie ihn nicht abgewehrt?«
Mikey stand sehr still. Manchmal hatte er genau den gleichen Gedanken gehabt, aber er hatte nicht angenommen, dass man ihn laut aussprechen sollte.
Mum nahm einen letzten Zug von ihrer Kippe und drückte sie im Aschenbecher aus. »Ich bin wütend auf den Jungen, der ihr das angetan hat, wütend auf mich selbst, weil ich mit ihr zur Polizei gegangen bin, und auf ihre Freundinnen, weil sie sich nicht um sie kümmern. Wo sind sie jetzt, hä? Seit Wochen haben wir keine von denen mehr gesehen.«
»Weil sie sich weigert, sie zu treffen, deshalb.«
»Also, es wär einfacher, sie hätte überhaupt nie den Mund aufgemacht. Sie hätte so weitermachen sollen, als wenn nichts gewesen wäre, und versuchen, es zu vergessen. Das ist nicht unmöglich. Schlimme Sachen unterdrückt man einfach und tut so, als wenn nie was gewesen wär.«
»Das ist nicht dein Ernst, Mum.«
»Aber wie soll dieser Prozess ihr irgendwas nützen, hä? Ich finde, sie sollte wieder zur Schule gehen und ihre Prüfungen machen. Dann wird sie sich besser fühlen, und dann kann sie Arbeit finden und das hier alles hinter sich lassen. Aber nein, wenn ich ihr mit dem Vorschlag komme, schüttelt sie den Kopf und bleibt auf diesem verfluchten Sofa hocken.« Sie griff nach dem Kaffee, nahm einen Schluck und stellte die Tasse gleich wieder ab, als ob er scheußlich schmeckte. »Sag du mir, wie ich damit umgehen soll, Mikey. Sag du mir, was ich machen soll.«
»Du musst einfach weiter ihre Mum sein, das ist alles. Ihr helfen und so.«
Sie stützte den Kopf in beide Hände. »Aber das geht jetzt schon so lange so. Ich hatte ja keine Ahnung.«
Er war sich nicht sicher, ob sie den Prozess meinte oder Kinder im Allgemeinen.
»Sie haben uns das Jugendamt auf den Hals gehetzt«, sagte sie. »Die hatten sogar die Frechheit, mir einen Kurs über Kindererziehung anzubieten – haben mir Broschüren und Telefonnummern in die Hand gedrückt.«
Er wusste, dass er da raus musste. »Jacko wartet unten«, sagte er. »Ich muss jetzt los.«
Sie sah zu ihm hoch. »Holst du Holly ab?«
»Nein, ich muss zur Arbeit. Du holst sie ab, weißt du noch?«
»Kannst du es nicht machen?«
»Ich hab Spätschicht. Ich hab getauscht, damit ich zum Gericht konnte.«
»Sie
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