Ich gegen Dich
keine an. Was der aber nicht zu bemerken schien, er summte zu irgendeinem Schrott aus dem Radio.
Jetzt näherten sie sich der Küste. Es war eine lange gerade Straße. Sie kamen an einer Reihe Häuschen mit Kaninchen zum Verkauf vorbei, Feuerholz, Pferdemist.
Mikey spürte, wie ihm freier um die Brust wurde, als sie näher ans Meer kamen. Der Himmel war wolkenlos. Blendend. Allmählich beruhigte er sich.
Er wedelte mit dem Tabak in Jackos Richtung. »Soll ich dir eine drehen?«
»Danke.«
Er machte sie hübsch dick, zündete sie ihm sogar an, ein Zeichen von Brüderlichkeit.
»Vielleicht sollten wir Rettungsschwimmer werden«, sagte Jacko, als er die Zigarette nahm. »Das hatten wir doch immer vor, weißt du noch?«
Es stimmte, dafür hatten sie sich als Kinder begeistert. Die Rettungsschwimmer hatten eine Hütte am Strand und eine Tafel, auf der stand: HEUTE IST IHR STRANDWÄCHTER... und die Namen. Sie hatten immer so coole Namen – Troy, Guy, Kurt. In ihren roten Dienst-T-Shirts lungerten sie rum, sahen sich die Frauen an, wechselten ab und an die Fahnen aus und riefen Kindern zu, dass sie von den Felsen runterkommen sollten. Weil die Flut aus zwei Richtungen in die Bucht kam, war auch eine gewisse Verantwortung mit dem Job verbunden, und es gab immer etwas zu beobachten – Wasserskiläufer, Surfer. Manchmal segelte eine Yacht vorbei, oder drei Tiefflieger schossen aberwitzig schnell über den Horizont, Sekunden später von ihrem Motorengeräusch gefolgt.
»Was meinst du, Mikey? Besorgen wir uns Jobs als Rettungsschwimmer, wenn aus dem Kochen nichts wird?«
»Warum nicht«, stimmte Mikey ihm zu.
Jacko zog auf Lunge und stieß den Rauch aus. »Du und ich, Mann.«
Sie bogen links um die Kurve, und da auf der Grasböschung saßen zwei Mädchen – Landkarte in der Hand, Rucksäcke, Wanderstiefel, das volle Programm.
»Hey«, sagte Jacko, als sie vorbeifuhren. »Nehmen wir sie mit.«
»Besser nicht, die sehen religiös aus.«
Lachend legte Jacko den Rückwärtsgang ein und dröhnte zurück. Er hielt am Straßenrand und lehnte sich über Mikey aus dem Fenster. Erst schaute ein Mädchen auf, dann das andere.
Jacko schob seine Sonnenbrille auf den Kopf. Als sie seine Augen sehen konnten, schienen sie sich etwas zu entspannen; eine von beiden lächelte, die blonde. »Hi«, sagte sie.
»Habt ihr euch verlaufen?«
»Alles in Ordnung, danke. Wir machen nur Pause.«
»Ihr seht euch die Karte an. Ihr müsst euch verlaufen haben.«
»Eigentlich nicht.«
Die Dunkelhaarige senkte den Blick und sagte mit leiser Stimme etwas zu ihrer Freundin, die daraufhin auch von ihnen wegschaute und mit dem Finger über die Landkarte fuhr. Mikey beobachtete sie genau. Etwas daran, wie sie nicht mehr aufschauten, kam ihm bekannt vor. Er hatte es an Karyn gesehen, wenn sie etwas ignorierte, das sie direkt vor der Nase hatte, und im Stillen hoffte, dass es von allein wegging.
Offenbar in der Erwartung, damit weiterzukommen, beschloss Jacko, sie vorzustellen. »Der da ist Mikey«, sagte er, »und ich bin Jacko.«
Die Blonde lächelte wieder. »Und zusammen seid ihr Michael Jackson?«
Das fand Jacko witzig. Das andere Mädchen ebenso; selbst Mikey ertappte sich bei einem Lächeln. Schon besser. So machte man es mit Mädchen – man lachte über ihre Witze, das nahm dem Ganzen die Anspannung.
»Und«, sagte Jacko wieder im Vollbesitz seines Selbstvertrauens, »sollen wir euch mitnehmen?«
Die Dunkelhaarige erwiderte: »Nicht nötig, danke.« Sie stand auf, hievte sich den Rucksack auf die Schultern und hielt ihrer Freundin eine Hand hin, die sie ergriff und aufstand. »War nett, euch kennenzulernen«, sagte sie. »Wir gehen jetzt.«
»Sei doch nicht so«, redete Jacko auf sie ein. »Kommt schon, wir laden euch auf einen Kaffee ein. Oder ein Bier. Wir arbeiten in einem Pub. Seid ihr alt genug für Bier?«
Die Blonde lächelte wieder. »Wir sind alt genug.« Mikey konnte sehen, dass sie versucht war. Aber die Dunkelhaarige war misstrauisch und hatte offenbar das Sagen.
»Lass sie«, sagte Mikey. »Sie wollen nicht.«
»Klar doch, sie wollen bloß überredet werden.«
Jacko ließ das Auto im Schneckentempo anfahren und folgte ihnen auf der Fahrbahn. Sie sahen verletzlich aus, wie sie so weggingen, nach leichter Beute. So vieles im Zusammenhang mit Mädchen löste in Mikey jetzt Schuldgefühle aus – Sachen im Fernsehen, die Reihen von Pornoheften im Zeitungskiosk, Songtexte, die Seite Drei von Boulevardblättern. All das
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