Ich gegen Dich

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Autoren: Jenny Downham

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»Hallöchen.«
    Er nickte ihr zu und breitete die Flügel aus. Sie staunte über das aufscheinende Tieflila, eine völlig verrückte Farbe für einen Vogel – wie etwas, das ein König als Nachtgewand anlegen würde. Dann sah sie zu, wie er in den Himmel aufstieg, über den Hausgiebel auf- und davonflog. Sein Schrei hallte ihr noch lange in den Ohren. Das war etwas, woran sie sich festhalten konnte, es gab ihr seltsamerweise Sicherheit.
    Sie lief die Haustürstufen runter und über den Rasen. Es war großartig – beide Beine gehorchten ihr, weder geriet sie in einen Wirbelsturm, noch wurde sie vom Blitz getroffen, am Tor wartete kein wütender Mob mit Steinen in den Händen. Es war sonnenklar, sie steigerte sich da zu sehr hinein. In anderen Ländern wüteten Kriege. Genau in diesem Moment wurde jemand in irgendeinem anderen Teil der Welt auf offener Straße bei lebendigem Leib verbrannt. Und da hatte sie all diese albernen Zweifel an ihrem Bruder – schob zu große Panik, um sich vor den Richter hinzustellen und zugunsten Toms auszusagen.
    Als sie aus dem Weg auf die Acacia Avenue einbog, fiel ihr auf, wie weit der Himmel über ihrem Kopf war – nicht der matte kleine Streifen über der Fahrbahn, sondern eine ganze Straßenschlucht voll Himmel.
    Die Welt war wunderschön.
    Sie nahm alles wahr, während sie ging – die auf der Grasböschung verstreuten Gänseblümchen, wie sie noch im Schatten standen und auf die Sonne warteten, um sich zu öffnen, wie schlafende Kinder. Wie schwer die Blüten an den Kirschbäumen hingen. Das Flugzeug, silbern und winzig, das dort oben zwischen ein paar Wolkenfetzen aufblitzte. Komisch, dachte sie, wenn man an all die Leute dachte, dort hoch oben über ihrem Kopf an ihre Sitze geschnallt.
    Es war nicht weit. Nur noch zwei Straßen, an der Kirche vorbei und um die Ecke. Da war die Bäckerei – ihre Leuchtreklame blinkte – neben dem Wohltätigkeitsladen, der geschlossen war, und dem Zeitungskiosk, der eben aufmachte. Die Luft roch so gut.
    Als Ellie den Laden betrat, bimmelte eine Glocke. Eine fette Frau stand schnaufend von einem Hocker auf, eine Zeitschrift an ihre Brust gedrückt. Sie wirkte genervt. »Ja?«
    Es gab glasierte Wecken und Doughnuts, Honigkuchenmänner und Kekse in Sternform mit Silberstreuseln.
    »Haben Sie Schokoladenmuffins?«
    Die Frau zeigte auf ein Blech im Schaufenster. »Wir haben Croissants. Da ist Schokolade drin.«
    »Okay.«
    Die Zange, die die Frau von einem Haken neben der Kasse nahm, war zuckerverschmiert. Wie konnte sie benutzt sein, wo der Tag doch noch so neu war?
    »Nur eins, richtig?«
    Die Frau schnaufte vom Bücken und Sich-Aufrichten, vom Fragen. Beim bloßen Hinsehen fühlte Ellie sich aufgehen wie ein Hefekloß.
    »Ja, nur eins.«
    So ging es mit einem, wenn man Kuchen aß. Man wurde eine fette alte Frau. Aber zuvor wurde man erst mal ein Mädchen wie Alicia Johnson, die ihre Schulbrote auf der Toilette verschlang, damit niemand sehen konnte, wie viel sie sich in den Mund schob.
    In den letzten Wochen hatte Ellie Alicia verstanden. Aber nach diesem Gebäckstück würde sie aufhören, sich mit Essen vollzustopfen. Mit hoch erhobenem Kopf würde sie ihrem Bruder zur Seite stehen.
    »Das macht fünfundachtzig Pence.«
    Ellie nahm ihre Papiertüte und das Wechselgeld und ging. Pling. Auf die Straße.
    Doch da, direkt vor der Tür, war ein Hund. Ein großer Hund mit bulliger Schnauze und O-Beinen wie ein Cowboy. Seine Leine war um das Geländer geschlungen, und als er auf sie zulief, drückte sie sich in den Türeingang.
    Lass ihn nicht springen. Lass ihn nicht beißen.
    Ein Mann kam aus dem Kiosk, eine gefaltete Zeitung unter dem Arm. Lachend tätschelte er dem Hund mit der flachen Hand die Brust und sagte: »Der tut dir nichts, meine Liebe.«
    Aber als er die Leine löste, kam der Hund an und schnüffelte – an der Gebäcktüte, zwischen Ellies Beinen, an ihren Fingern. Sie verharrte reglos, und der Mann sagte immer noch lächelnd: »Ein großer alter Softie ist das.«
    Wieso fand er es völlig in Ordnung, dass sein Hund sie so beschnüffelte? Rasch lief sie über die Straße. Ein Auto hupte. Plötzlich waren überall Leute – ein Mann, der den Zeitungskasten nachfüllte, ein anderer, der etwas zu einem Fenster hochrief. Eine Autodiebstahlssirene heulte los, irgendwo weit weg sang eine Frau. Aber alles wirkte wie in Zeitlupe, als wäre die Welt ihrer ganzen Kraft beraubt.
    Ein Junge stieß mit ihr zusammen. Boots, Jeans, Kapuzenshirt,