Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Downham
Vom Netzwerk:
erzählen.
    Ihre Mutter erschien auf der Türschwelle. Mit ihren Gartenschuhen und demselben Schirm, den sie Barry geliehen hatte. Schritt für Schritt kämpfte sie sich über den Rasen vor, als könnte ihr der Himmel jeden Moment auf den Kopf fallen.
    »Was hast du ihm gesagt?«, fragte sie, als sie nahe genug war. »Er will im Arbeitszimmer mit Tom unter vier Augen reden, nicht mal Dad darf mit rein.« Ihre Augen bohrten sich in die Ellies. »Hast du ihm gesagt, was du mir erzählt hast?«
    »Alles wird gut«, flüsterte Ellie.
    »Das hab ich nicht gefragt.«
    »Tut mir leid, Mum, ich halt das nicht mehr durch.«
    Ihre Mum rief: »Ellie, wo gehst du hin? Komm sofort wieder her!«
    Um das Haus herum, durch das Tor auf die Straße raus, quer durch Pfützen tretend, verspritzten ihre Füße Matsch, stampften ihre Beine Abstand zwischen ihrer Familie und der Welt dahinter. Seit Wochen war sie nicht mehr gelaufen. Es fühlte sich an, als hätte sie sich seit Jahren nicht mehr bewegt. Sie würde ewig so weiterlaufen. Ihr Körper war stark und gesund. Sie fühlte sich wie ein Tier, lief und lief, vorbei an Bäumen, von denen der Regen troff, vorbei an den Häusern und Gärten anderer Leute, auf dem matschigen Fahrweg in Richtung Stadt.

DREIUNDDREISSIG
    M ikey stürmte aus der Tür und die Treppe runter. Scheiß auf den Fahrstuhl, zu Fuß ging es schneller, fünf Stockwerke runterrennen, mit hämmerndem Herzen. Kurz bevor er ganz unten ankam, hielt er an, denn da stand sie draußen, reckte das Gesicht in den Regen. Er stieß die Tür auf und stampfte zu ihr.
    »Was machst du hier?«
    Ihr Kleid war nass, ihre Jeans war nass, selbst von ihren Wimpern tropfte der Regen. »Ich musste dich sehen.«
    »Du kannst mir nicht einfach schreiben und verlangen, dass ich runterkomme, sonst kommst du rauf. Was soll das?«
    »Tut mir leid. Ich wär nicht wirklich raufgekommen. Ich weiß nicht mal, welches eure Wohnung ist.« Eine Hand zum Schutz gegen den Regen über die Augen haltend, suchte sie den Wohnblock vor ihnen ab. »Welche ist es?«
    Er schüttelte den Kopf. »Du solltest gehen.«
    Ihr Blick wanderte die Balkone entlang, eine Tür nach der anderen. »Weiß Karyn, dass ich hier bin?«
    »Geht's noch?«
    Da sah Ellie traurig aus und verwirrt. »Bitte schick mich nicht weg. Am Anfang bist du hinter mir hergelaufen, weißt du nicht mehr?«
    Das stimmte, und nun kam er sich ein wenig mies vor. Zum Ausgleich zeigte er ihr die Wohnung. Sie sollte wissen, dass er sie nicht hasste. Das war es nicht.
    »Blaue Tür«, sagte er, »mit dem Weihnachtsbaum draußen.«
    Es war ein toter Baumstrunk, ohne Nadeln, aber noch immer geschmückt, mit Lametta behängt. Es war schon fast Mai, und sie waren nicht weiter damit gekommen als bis zum Balkon. Er kam sich lächerlich vor, als würde er ihr Chaos öffentlich preisgeben.
    »Meine kleine Schwester mag ihn«, sagte er. »Sie glaubt, ihm würden wieder Nadeln wachsen. Im Dezember tausch ich ihn gegen einen neuen aus und hoffe, dass sie es nicht merkt.«
    Ellie sah ihn mit einem seltsam tiefen Blick an. »Das ist nett.«
    Er hatte nicht daran gedacht, dass es nett von ihm war. So machte man es halt, wenn man wollte, dass Holly froh war: Man tat so, als gäbe es Zauberei auf der Welt.
    »Hör mal«, sagte er, »du musst gehen. Im Ernst, ich muss in einer halben Stunde zur Arbeit, und Jacko holt mich ab. Der macht mir die Hölle heiß, wenn er dich hier sieht.«
    Er führte sie um die Ecke an den Fahrstuhl, wo man vor Regen geschützt war. Sie packte mit einer Hand ihre Haare und drehte sie, wrang sie aus. Er schälte sich aus seiner Jacke und bot sie ihr an.
    »Hier«, sagte er. »Nimm die hier, sonst holst du dir auf dem Heimweg 'ne Lungenentzündung.«
    Sie schlüpfte wortlos rein, zog den Reißverschluss zu und schob die Hände tief in die Taschen. Er hoffte, dass keine zerknüllten Taschentücher drin waren oder Kondompackungen, Telefonnummern von Mädchen...
    »Du bist der netteste Mensch, der mir je begegnet ist«, sagte sie.
    Sie musste voll die Arschlöcher kennen, wenn sie sich von einer Jacke so beeindrucken ließ.
    »Was auch immer«, sagte er. »Ich geh jetzt.«
    Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. »Ich muss dir was sagen.«
    »Ich will's nicht wissen.«
    »Bitte«, bettelte sie. »Du bist der einzige Mensch, dem ich es sagen kann.«
    Sie sah aus, als wollte sie einen Vogel locken, ihr aus der Hand zu fressen, herausfinden, wie nah sie ihm kommen konnte. Es war merkwürdig, so

Weitere Kostenlose Bücher