Ich gegen Dich
sagen. Aber er ließ es, weil es nicht auszureichen schien.
»Bei dem Streichkäse weiß ich wirklich nicht«, sagte sie. »Er schmeckt, als wär er nur ein Molekül von Plastik entfernt. Wusstest du, wenn man einen Becher Margarine auf den Rasen stellt, rührt kein einziges Insekt das Zeug an, weil sie es nicht als was Essbares erkennen?«
Er lachte. »Woher weißt du das?«
»Aus Bio.«
»Ich erinner mich an gar nichts aus der Schule. Das einzige Fach, das ich mochte, war Kochen, alles andere war der langweiligste Mist, den ich mir je anhören musste.«
»Fandest du es so schrecklich?«
»Du nicht?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Manche Sachen gefallen mir, und mit dem Rest find ich mich halt ab. Hast du irgendwelche Abschlüsse gemacht?«
»Sie haben mich in fünf Fächern angemeldet, aber ich hab nur Kochen und ITG geschafft.«
»Hast du gelernt?«
»Nicht so richtig. Es war immer irgendwas anderes los, das mir wichtiger vorkam. Du weißt schon – mit meiner Mum und meinen Schwestern und allem.«
Sie nickte, sagte aber nichts.
»Schieb deinen Teller rüber«, sagte er. »Ich bring ihn raus, wenn du fertig bist.«
Vielleicht hatte er nicht den tollsten Schulabschluss, aber er konnte ein Feuer anzünden, was zu essen machen und hinterher aufräumen; das war schließlich auch was wert.
Das Wasser war nicht abgestellt, aber es kam rostfarben aus der Leitung, und er musste es ewig lange laufen lassen. Er spülte die Teller, schüttelte das Wasser ab und stellte sie in den Schrank zurück. Wenn irgendwer merkte, dass sie hier gewesen waren, könnten sie vielleicht nicht wiederkommen, was er aber wollte. Im Schrank stand ein großes Glas, und er füllte es mit Leitungswasser und trank es aus. Es schmeckte nicht schlecht, obwohl es immer noch fies verfärbt war. Er machte das Glas nochmal voll und brachte es ihr rein.
»Hier«, sagte er.
Er setzte sich wieder auf den Teppich und sah ihr beim Trinken zu. Ihm gefiel, wie sich ihre Kehle bewegte, das glucksende Geräusch, wenn das Wasser runterrann. Es gefiel ihm so gut, dass er sich rüberbeugte und seinen Kopf auf ihre Schulter legte.
Sie lachte. »Was machst du da?«
»Dir zuhören.«
Er spürte ihren Atem an seiner Schulter.
»Wie hör ich mich an?«, flüsterte sie.
»Schön.«
Er fühlte sich so, wie sich in seiner Vorstellung ein Junkie fühlte, während er sich weiter vorbeugte, um sie zu küssen.
Sie hatte es sich vorgestellt, davon geträumt, und jetzt war es da – wie ein langsames Ertrinken, als seine Lippen auf ihre trafen. Sie spürte sein Herz gegen ihre Brust schlagen, hörte den pochenden Pulsschlag an ihrem Hals. Es war, wie es die ganze Zeit schon hätte sein sollen, und warum hatten sie Stunden um Stunden damit verschwendet, sich überhaupt nicht zu berühren?
Als sie Mikey McKenzie auf dem Teppich im Häuschen ihrer Großeltern küsste, fühlte sich die Welt vertrauter und passgenauer auf sie zugeschnitten an, als Ellie das je für möglich gehalten hätte. Es war, als hätte eine Gussform sie ausgesucht, um sie vom Gewöhnlichen zum Besonderen umzuformen. Sie war wie ein Tier durch den Regen gelaufen und hatte ihn aufgespürt. Sie hatte einen Bus erwischt und ihn hierher gebracht.
Draußen wurde es allmählich dunkel. Es würde immer dunkler und immer später werden. Die Rückfahrt mit dem Bus war lang. Hier gab es weder einen Festnetzanschluss noch Handyempfang, keine Nachbarn, und niemand wusste, dass sie da waren.
Zwischendurch sickerte immer mal wieder ein Bild von zu Hause in ihr Bewusstsein – das wütende Gesicht ihres Vaters, das enttäuschte ihrer Mutter, Toms tief getroffener Blick. Mittlerweile hatten die drei mit dem Verteidiger den Sonntagsbraten gegessen. Bestimmt tranken sie gerade Kaffee und redeten über sie, fragten sich, wo sie wohl steckte.
Doch je länger sie Mikey küsste, desto weiter trat das alles in den Hintergrund zurück.
Er streichelte ihr Haar. Sie traute sich, seine Hüfte zu berühren. Unter ihren Fingern loderte es wie verrückt, wo ihre Haut seine berührte. Sie vergrub sich an seinem Hals und atmete seinen Jungengeruch ein.
»Ich kann dir nicht nah genug sein«, sagte sie.
Mit dunklen Augen sah er sie an, sein Atem wie eine Dampflok. Er sah aus, als versinke er, als könne er sich nicht helfen, während er nach ihr griff, um sie wieder zu küssen. Am liebsten hätte sie laut losgelacht. Das machte sie mit ihm. Sie. Ellie Parker. Nie im Leben hätte sie auch nur im Traum gedacht, dass
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