Ich habe einen Namen: Roman
Tischen und zwei herausgerissene Wandpfosten, und
bald schon konnte ich aus Fraunces Tavern in meine kleine, windschiefe Hütte
ziehen. Sie war gerade groß genug für mich. Die Beine des mit grünem Stoff
bezogenen Tisches wurden sauber abgesägt, und er kam flach auf den Boden, als
Unterlage für meine Strohmatratze. Ich hatte genug Platz für einen Stuhl, eine
Laterne und die drei aufeinander gestapelten Schubladen. Wenn es mir gelang,
irgendwo an ein Buch oder zwei zu kommen, konnte ich sie darin aufbewahren. Ein
Stück Sackleinen hing in der Tür, damit nicht jeder zu mir hereinsehen konnte,
und Claybourne versprach, mir eine Schwingtür zu bauen, die helfen sollte, die
Kälte draußen zu halten.
»Aber such dir’n Mann,
bevor der erste Schnee fällt«, sagte er.
»Ich habe bereits
einen, und ich hoffe, er findet mich«, sagte ich.
»Und wo iss er?«
»Weiß ich nicht genau.
Irgendwo in Süd-Carolina.«
Claybourne schüttelte
den Kopf, sagte aber nichts dazu.
Solomon Lindo
kam nicht zurück nach New York, und so schien es nicht gefährlich, auch weiter
zu Sam Fraunces zu gehen. Sam gab mir zu essen, befreite mich vom
Nachttopfdienst und ließ mich mehr Briefe für ihn schreiben und seine Bücher
führen. Er hob meinen Lohn auf sieben Schillinge die Woche an, was ausreichte,
um mir Sachen zum Anziehen zu kaufen, und wenn Reisende Bücher, Kleider oder
alte Schuhe in ihren Zimmern zurückließen, bekam ich sie ebenfalls. Im Übrigen
verbreitete sich die Nachricht, dass ich wusste, wie man Babys auf die Welt
brachte, und ich half zwei Frauen in Canvas Town, ohne mich dafür bezahlen zu
lassen. Während der Frühling zum Sommer wurde, wuchs die Gruppe der Neger, die
zu meinem Unterricht am Donnerstagabend kamen, von sechs auf zehn und später
fünfzehn. Manchmal warf der Pfarrer einen Blick in den Raum, aber dann ließ er
uns auch schon wieder allein, um uns nicht zu stören. Niemand bezahlte mich,
aber alle ein, zwei Wochen kam jemand zu meiner kleinen, schiefen Hütte und
brachte mehr Holz, Nägel und Stoff.
»Wir müss’n die Hütte
gut und fest abdicht’n«, sagte Bertilda, »damit wir uns’re afrikanische
Lehrerin durch’n New Yorker Winter krieg’n.«
Unter meiner Anleitung
lernte eine siebzigjährige weißhaarige Negerin innerhalb von drei Wochen das
Alphabet und las einen Monat später. Ich fragte, ob sie frei sei, und sie
erklärte mir, dass sie für diesen ganzen Unsinn zu viele Jahre auf dem Buckel
habe. Seit dreißig Jahren gehöre sie demselben weißen Mann, der, wie sie sagte,
König George verehre und kürzlich erst von Boston nach New York gezogen sei.
Jetzt, da sie alt und nutzlos sei, habe er nichts dagegen, dass sie lesen
lerne.
»Du muss sehen, dass du
freikomms’«, sagte Claybourne zu ihr.
»Um in dem
Schweinestall zu leben, den ihr Canvas Town nennt?«, erwiderte Miss Betty.
»Wir sind frei«, sagte
Claybourne.
»Frei wie die Flöhe,
das seid ihr«, sagte sie. »Ich hab’n sauberes Bett und’n Dach, das nich leckt,
und brauch kein Wohltätigkeitsessen in St. Paul’s Chapel.«
»Gut«, sagte
Claybourne. »Kann ich deinen Apfel haben?«
Bertilda schlug ihm
spielerisch auf die Hand. »Du biss’n fieser Bursche, weiß du das?«
»Ich behalte meinen
Apfel, vielen Dank, schon um dich zu ärgern, Mr Besserwisser«, sagte Miss
Betty.
Der Sommer schritt
voran, und Miss Betty kam zu jeder Stunde, selbst noch, als ich anfing, zweimal
die Woche zu unterrichten. Sie saß stets neben Claybourne und schien sich
darauf zu freuen, mit ihm zu streiten. Als sie dann plötzlich zweimal
nacheinander nicht kam, zog sich Bertilda ihre besten Sachen an und bat mich,
mit ihr zum Haus von Bettys Besitzer zu gehen. Wir klopften an.
Ein weißhaariger Mann
öffnete die Tür. In der Hand hielt er ein Gewehr. »Wenn ihr Randalierer seid,
schieß ich euch ein Loch ins Herz«, sagte er.
»Wir wollen zu Miss
Betty«, sagte ich.
»Wer seid ihr?«
»Ich bin ihre
Lehrerin.«
»Ihre Lehrerin? Was für
ein Unsinn ist das denn?«
»Ihre Lehrerin aus der
St. Paul’s Chapel.«
»Und was lernt sie da?«
»Lesen und schreiben.«
»Die dumme Alte. Davon
hat sie mir nichts erzählt. Sie hat gesagt, sie geht wegen der Religion, und
dagegen hatte ich nichts. Nun, sie ist krank, und ich denke nicht, dass ihr
noch viel von ihr zu sehen bekommt.«
Wir fragten, ob wir sie
sehen könnten. Der Mann, der sagte, er heiße Croft, führte uns in ein Zimmer
hinten im Haus. Miss Betty lag unter einer dünnen
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