Ich habe einen Namen: Roman
Dann holten die Engländer es sich zurück
und blieben weitere sieben Jahre. Der Englischunterricht in der St. Paul’s
Chapel fand mit der Rückkehr der Tories ein abruptes Ende, denn sie sperrten
dort die eingefangenen Rebellen ein und überließen sie ihrem Schicksal. Die
Rufe der verhungernden weißen Männer ähnelten denen der Gefangenen auf dem
Sklavenschiff so sehr, dass ich es vermied, auch nur in die Nähe der Kapelle zu
kommen.
Mir blieben damit noch
drei Orte für meinen Unterricht, den Austausch und die Besprechung der neuesten
Nachrichten: Die Bestattungsstätte der Neger nutzten wir für die größeren
Zusammenkünfte, in Fraunces Tavern gab es einen Raum für bis zu zwanzig Leute,
und das kleine, runde Areal vor meiner Hütte diente vor allem spontanen, schnellen
Treffen.
Canvas Town zog jeden
Tag mindestens zwei, drei neue Flüchtlinge an, besonders nach der Erklärung von
Philipsburg 1779. Jeder Neger, den ich unterrichtete, lernte den Text der
Erklärung, die Sir Henry Clinton, der britische Oberkommandierende,
herausgegeben hatte: Jedem Neger, der die
Rebellentruppen verlässt, die volle Sicherheit, in unsere Reihen aufgenommen zu
werden, mit jeder Aufgabe, die er für passend hält .
Wer immer dazu imstande
war, nahm eine Arbeit bei den Engländern an. Diesmal wollten sie nicht nur
Soldaten. Sie brauchten Köche, Wäscherinnen, Schmiede und Arbeiter, Fassbinder,
Seiler, Schreiner und Fäkaliensammler.
Und sie brauchten mich.
Malcolm Waters kam mit
den Streifen eines Captains auf den Schultern zurück nach New York. Ich
erklärte ihm, seine Beförderung habe wahrscheinlich mit seiner wahren Berufung
auf der Heiligen Erde zu tun, und nannte ihn Captain Heiligkeit. Die Briten
hielten sich ihre Mätressen aber nicht länger in den Behausungen dort, denn die
höheren Offiziere bezogen Häuser überall in der Stadt. Dazu boten die
aufblühenden Bordelle Frauen aller Arten an, Negerinnen hier, Weiße da und alle
möglichen anderen in wieder anderen Häusern.
Ich leistete nicht
allein Hebammendienste, sondern wurde oft auch gerufen, um eine Dosis
Gänsefingerkraut oder Baumwollwurzel zu verabreichen und bei den Frauen zu
bleiben, bis ihre Schwangerschaft aus ihnen herausgeblutet war. Männer suchten
mich auf, weil sie Blasen und Ausschläge auf ihrem Geschlecht hatten. Ich
verfügte über einen ziemlichen Vorrat an Blutwurz und Aloe und stellte allen,
die zahlen konnten, ein Pfund in Rechnung. Ich brauchte das Geld unbedingt. Die
Preise gingen in die Höhe, und alle betrogen, selbst noch die Bäcker. Es wurde
so schlimm, dass die Engländer den Preis für ein Brot auf zweiundzwanzig Copper
beschränkten und bestimmten, dass jeder Laib genau zwei Pfund wiegen müsse. Um
Betrug vorzubauen, stempelten die Bäcker ihre Initialen in die Laibe.
Jedes Mal, wenn es
Gerüchte über anstehende Änderungen gab, versammelten sich die Leute aus Canvas
Town vor meiner Hütte und warteten, dass ich mit der neuen New Amsterdam Gazette kam. Ich las ihnen vor, was über Thomas Paine und sein Buch Common Sense darin stand, was die Bewohner von Canvas Town buhen und pfeifen ließ. Es war
völlig absurd für sie, dass sich die Weißen in den dreizehn Kolonien
beschwerten, Sklaven der Briten zu sein.
Sam Fraunces war an
diesem Tag auch gekommen und sagte, Thomas Paine habe nicht ganz unrecht.
»Sagt, was ihr wollt, aber die Amerikaner werden König George besiegen und die
Engländer hinauswerfen«, sagte er. Die Rebellen wollten nun mal ihre Geschäfte
selbst kontrollieren, argumentierte Sam, und etwas anderes meine Paine nicht,
wenn er sage, sie seien Sklaven im eigenen Land.
Die Neger von Canvas
Town liebten ihren Sam Fraunces dafür, dass er ihnen die Reste von Feiern und
Banketten überließ, und sie waren so stolz darauf zu sehen, dass einem von
ihnen das beliebteste Gasthaus der Stadt gehörte, doch an diesem Tag schrien
sie ihn nieder.
»Was für’ne Freiheit
woll’n sie denn, die sie nich schon ha’m?«, rief Claybourne.
Bertilda nahm
Claybournes Hand und legte nach: »Die sind frei genug, um hier mit ihr’n
Halseisen einzufall’n und uns nach Süden auf ihre Reisplantagen zu
verschlepp’n«, rief sie. »Ihr alle wisst, dass sie mitneh’m, wen sie kriegen
könn’.«
Etwa zweihundert Leute
brummten zustimmend. »Keiner bringt mich runter nach Süden«, sagte Claybourne.
»Da wehr ich mich und sterbe eh’r. Einer legt mir’n Eisen um’n Hals, und mein
Herz bleibt steh’n. Ich seh runter und sag
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