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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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von Ségou und dem Joliba.
    Der große Fulbe hob die
Brauen und sagte: »Ich mache mit Frauen keine Geschäfte.«
    »Ein Fass Rum«, sagte
ich, »wenn du mich hinbringst.«
    »Eintausend Fässer«,
entgegnete er.
    »Ein Fass Rum«, sagte
ich, »ohne einen Tropfen Wasser darin.«
    »Du verhandelst wie ein
Mann«, sagte er. »Eines Tages sprechen wir uns wieder.«
    »Wann?«, fragte ich.
    »Das nächste Mal, wenn
ich herkomme.«
    »Wann wird das sein?«
    Alassane lächelte. »Ich
komme zurück, wenn ich zurückkomme. Ich bin Alassane, der große Händler der
Fulbe.«
    Ich traute dem großen
Händler der Fulbe nicht. Aber er war meine einzige Hoffnung.
    Drei Wochen
vergingen, bis ich wieder mit John Clarkson reden konnte. Er war unterwegs
gewesen, um mit König Jimmy über Land zu verhandeln, und kam nach seiner
Rückkehr gleich zu mir. Ich bot ihm ein heißes Getränk an. Er sagte, er habe
mich schon immer gerne besucht, seit ich ihm in Birchtown den
Pfefferminz-und-Ingwer-Tee gegeben hätte.
    »Nichts ist besser als
ein Besuch bei Ihnen, Meena, um mich von den Männern der Company abzulenken und
auf andere Gedanken zu kommen.«
    Wir setzten uns mit
unserem Tee.
    »In zwei Wochen kehre
ich nach England zurück.«
    Fast wäre mir die Tasse
aus der Hand gefallen. »Das wird die Neuschottländer tief erschüttern«, sagte
ich. »Sie sind der einzige Vertreter der Company, dem sie vertrauen.«
    »Es ist Zeit für mich,
nach Hause zurückzukehren. Ich will meine Verlobte nicht länger warten lassen.«
    Das konnte ich
verstehen. Auch ich hätte das Meer überquert, um bei meinem Mann zu sein, oder
ihn zu mir gerufen.
    »Ich habe Ihnen einen
Vorschlag zu machen«, sagte Clarkson. »Kommen Sie mit nach England. Ich bezahle
die Reise.«
    Als Sklavin in
Süd-Carolina hatte ich darauf gehofft, nach England zu kommen, aber nur, um von
dort nach Afrika zu gelangen.
    »Ich soll die Kolonie
verlassen?«, sagte ich.
    »Ja.«
    »Für wie lange?«
    »Für immer«, sagte er,
»oder für so lange, wie Sie wollen.«
    »Und warum, um alles,
sollte ich Afrika verlassen wollen, wo ich doch endlich wieder zu Hause bin?«
    »Wir brauchen Sie,
Meena. Die Abolitionistenbewegung braucht Sie. Wir brauchen Ihre Geschichte und
Ihre Stimme.«
    Es schien mir
undenkbar, dass mich Menschen an einem Ort brauchen könnten, an dem ich nie
gewesen war. Ich fragte ihn, wie er das meine.
    »Mein Bruder Thomas und
eine Gruppe gleichgesinnter Männer, Anglikaner und Quäker, sind nahe daran, das
Parlament zu überzeugen, von diesem barbarischen Tun abzulassen.«
    »Falconbridge hat mir
erzählt, einige Leute hätten versucht, die Sklaverei abzuschaffen«, sagte ich.
    »Nicht die Sklaverei
selbst. Aber den Handel mit Sklaven. Das ist ein großer Unterschied. Mit Handel
meine ich, hier an der afrikanischen Küste Sklaven zu kaufen, sie über den
Atlantik zu bringen und in Amerika wieder zu verkaufen. Das abzuschaffen, löst
nicht alles, wäre aber ein erster Schritt. Die Sklaverei würde noch existieren,
aber wenigstens würden nicht immer noch mehr Männer, Frauen und Kinder mit
Sklavenschiffen verschleppt.«
    »Wie sollte ich da in
England helfen können?«
    »Wie gesagt, sind die
Abolitionisten ihrem Ziel schon sehr nahe, Meena, ein Erfolg ist ihnen jedoch
bisher versagt geblieben. Etwas hat immer gefehlt. Aber Sie haben die Sklaverei
überlebt und könnten den Briten erzählen, was Sie durchmachen mussten. Ihre
Stimme könnte Tausende Menschen bewegen. Wenn es so weit kommt, dass das
Parlament darüber berät, könnte Ihre Stimme das Votum entscheidend
beeinflussen.«
    Es rührte mich, dass
Clarkson mir so seine Hand hinhielt, allerdings vermochte ich mir nur schwer
vorzustellen, dass ausgerechnet ich in der Lage sein sollte, die öffentliche
Meinung in England zu beeinflussen. Die Weißen, die ich bisher in meinem Leben
hatte beeinflussen können, ließen sich an den Fingern einer Hand abzählen.
    »Lieutenant Clarkson«,
sagte ich.
    »Nennen Sie mich doch
bitte John.«
    Kein weißer Mann hatte
mir je so etwas angeboten. Und soweit ich es sah, nannten sich auch die Weißen
untereinander oft bei ihren Titeln wie »Mister« oder »Captain«.
    »Mr Clarkson«, sagte
ich.
    Er lächelte.
    »John«, sagte ich. »Sie
müssen verstehen, dass ich meine eigenen Pläne habe. Ich war kürzlich mit Mr
Falconbridge auf Bance Island.«
    »Was? Warum denn das?«
    »Um einen Afrikaner zu
finden, der mich ins Landesinnere bringt.«
    »Einen Händler? Einen
Sklavenhändler?«

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