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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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sich auf diesen Weg mit uns zu machen, und sie hält uns auf«,
beklagte sich einer.
    »Sie ist nicht dumm,
aber sie ist eine Frau.« Das war Alassane. »Still jetzt.«
    Ich hörte Alassane
sagen, dass wir in zwei Tagen das Dorf Kassam erreichen würden, einen
Sklavenverkaufsplatz, von dem aus eine Route südlich zur Küste führte, weit weg
von Bance Island.
    »Dort werde ich die
Frau verkaufen«, sagte Alassane.
    »Was willst du für
sie?«
    »Das ist nicht wichtig.
Wir werden sehen. Fünf Stoffballen vielleicht. Sie ist alt. Aber sie spricht
viele Sprachen, und die Toubabu auf Bance sagten, sie ist sehr gut darin, Babys
auf die Welt zu holen. Wir müssen sie verkaufen, solange sie noch gesund ist.
Bald wird es heiß, und da wird sie krank. Dann will sie keiner mehr.«
    Einen Moment lang
konnte ich es nicht glauben. Es konnte doch nicht sein, dass Alassane sein
Versprechen mir gegenüber nicht einhielt. Es konnte doch nicht sein, dass er
meine drei Fässer Rum vergaß.
    Die Männer lachten. Ich
hörte Alassane mit einstimmen. Es war so gut wie unbegreiflich. Eine Gänsehaut
überzog meine Arme. Ich konnte nicht weiterleben, wenn mich all die Jahre, die
ich mich nach Freiheit und meiner Heimat gesehnt hatte, am Ende wieder unters
Joch und in die Fußeisen meiner Verschleppung als Kind brachten.
    Ich legte mir eine Hand
auf den Mund, um mich mit der Wärme meines Atems zu beruhigen, aber auch um die
Schreie zu ersticken, die mir über die Lippen kommen wollten.
    Die Menschenfänger
wollten mich also doch verkaufen.
    In diesem Moment wurde
mir klar, dass ich es niemals nach Hause schaffen würde, und ich begann meine
Flucht zu planen.
    Den ganzen nächsten Tag
lutschte ich auf unserem Weg nach Nordosten ein Stück Salz und trank, so oft
ich konnte. Jede Ansammlung von Hütten, an der wir vorbeikamen, jedes Dorf, das
in der Ferne aufschien, brannte ich mir in mein Gedächtnis ein. Ich studierte
die Leute, denen wir begegneten, die Dorfbewohner, Jäger, Sklaventreiber und
Gefangenen, und versuchte aufzuschnappen, was ich konnte. Konnte ich ihre
Sprache verstehen, waren sie mir möglicherweise freundlich gesonnen und lebten
in der Nähe?
    Ich spürte, wie das
Fieber mit einem Zittern in meine Knochen zurückkehrte. Während einer
Trinkpause verschwand ich zwischen die Bäume und hatte das Gefühl, mein halber
Körper bräche aus mir heraus, als ich mich hinhockte und das Gedärm leerte.
Aber ich konzentrierte mich auf das, was ich zu tun hatte, gab mir alle Mühe,
keinerlei Anzeichen von Unwohlsein zu zeigen, und betete inständig, dass sich
der Nachmittag möglichst schnell seinem Ende zuneigte. Wie immer hielt
Alassanes Zug zwei Stunden vor Sonnenuntergang, und es wurde ein Lager
aufgeschlagen. Ich aß, weil ich nicht wusste, wann ich wieder etwas bekommen
würde. Was ich nicht herunterbrachte, vergrub ich in einem Loch hinter meinem
Zelt, damit niemand Alassane zutragen konnte, dass ich mein Essen nicht ganz
gegessen hatte.
    Als die Nacht
hereingebrochen war und die Männer schliefen, packte ich meine Sachen zusammen,
den Wassersack, den ich extra noch einmal gefüllt hatte, die getrocknete Rinde
gegen das Fieber und meine Ledertasche mit den Tüchern und Münzen, und schlich
in den Wald hinter meinem Zelt.
    Ich ging ein, zwei
Meilen südwestlich über den Pfad, auf dem wir gekommen waren, und als ich zu
dem Bach kam, den ich nachmittags gesehen hatte, stieg ich in ihn und ging so
lange barfuß über seine Steine, wie ich es auszuhalten vermochte. Ich lief
jetzt nach Nordwesten. Die Männer würden umkehren und mich einzuholen
versuchen, würden im Wald links und rechts des Pfades nach meinen Spuren suchen
und weitaus besser darin sein, mich aufzuspüren, als ich meine Spuren zu
verwischen vermochte. Auf ihrem ureigenen Terrain würde ich sie nicht schlagen,
sondern konnte ihnen nur entgehen, indem ich sie grundsätzlich überlistete.
    Ich ging in dieser
Nacht, solange meine Kraft reichte, und musste mich immer wieder entleeren.
Jedes Mal trank ich, lutschte ein Stück Salz und ging weiter. Endlich, bei
Tagesanbruch, kam ich an einer Höhle vorbei und kletterte tief in sie hinein.
Wahrscheinlich würde ich hier eher einem Raubtier begegnen als einem Menschen.
Ich schlief den ganzen Tag. Als ich erwachte, wurde es bereits wieder dunkel,
und ich zog weiter. Drei Nächte lang kämpfte ich mich voran und versteckte mich
tagsüber, bis mich die Krankheit und der Hunger zu sehr schwächten. Zudem hatte
ich mir an einem

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