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Ich habe einen Namen: Roman

Ich habe einen Namen: Roman

Titel: Ich habe einen Namen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Hill
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den Afrikanern. Wer hat da die Arbeit getan?«
    »Ich hab so schön
geträumt«, sagte Georgia. »Warum rührs’ du mit dei’m Reden so in mei’m Kopf
rum? Wer, was, wo. Mädchen, ich bin todmüde. Ich hab’n ganzen Baumstamm in
mei’n Knochen.«
    Ich lag auf dem Rücken
und presste die Lippen zusammen. Vielleicht konnte ich sie all diese Sachen ein
anderes Mal fragen. Jetzt, wo ich mit Georgia reden konnte, platzte ich vor
Fragen.
    Georgia rückte ein
Stück von mir weg, blieb einen Moment so, ließ dann ein lautes Schnaufen hören
und drehte sich zu mir um. Sie schlug mir spielerisch auf die Hand. »In dei’m
Land, reden die Afrikaner da die ganze Zeit?«
    »Nicht mehr als du«,
sagte ich. »Wenn du mal anfängst, gibst du auch keine Ruhe mehr, wie’n Hund,
dem der Schwanz brennt.«
    Georgia lachte und
stand auf, um sich auf dem Eimer draußen vor der Tür zu erleichtern. Als sie
zurück ins Bett kam, sagte sie: »Dein Afrikanermund iss wie’n galoppierendes
Pferd. Reit langsamer und steuer gut, Schätzchen, sonst landes’ du noch vorm
Baum. Und jezz lass mich schlafen, sons’ schlag ich dich grün und blau.« Sie
tätschelte mir den Rücken, drehte sich um und schnarchte auch schon wieder.
    Ich brauchte noch eine
Weile, bis ich einschlief, aber ihr Schnarchen beruhigte mich, genau wie ihre
Wärme, die unser Bett erfüllte.
    Einen
Mondwechsel später brachte Mamed eine Gruppe Neger, darunter Georgia, Fomba und
mich, auf ein Stück Ackerland. Während er zusah, säten wir. Es war genau wie zu
Hause. Mit der Ferse grub ich ein Loch, ließ ein Samenkorn hineinfallen und
scharrte mit dem anderen Fuß Erde darüber. Ich konnte sehen, dass Mamed von
meiner Geschicklichkeit beeindruckt war. Die Männer benutzten allerdings lange
Hacken und waren damit viel schneller.
    Wir sangen viel, und
Georgia übernahm meist die Führung. Während wir gruben, säten und die Samen mit
Erde bedeckten, jeder in seiner eigenen Reihe, sang Georgia mit tiefer,
klagender Stimme. Ich konnte nicht sagen, woher sie all die Lieder kannte.
Manchmal sang sie Strophe um Strophe, dann wieder wartete sie, dass wir jede
Zeile beantworteten. Wenn wir gemeinsam so sangen, säten wir die Samen im
Rhythmus unserer Antworten.
    An unserem letzten Tag Säen
sang Georgia: »Had a big ole daddy but he done gone –
Hatte’n großen alten Daddy, aber der iss tot.«
    Und wir ließen den
Samen fallen und antworteten: »Big ole daddy but he
done gone.«
    Fomba, der in der Reihe
neben mir arbeitete, hielt den Rhythmus ebenfalls, wenn er auch nicht sang. Wir
füllten die Löcher, rückten ein Stück weiter und hielten kurz inne. Georgia
sang: »He pull ten stumps in da burnin’ sun« , und wir gruben das nächste Loch.
Ließen unseren Samen fallen und sangen alle zusammen: »Ten stumps in da burnin’ sun – zehn Stümpf’ in der brennenden
Sonn’ .«
    Als Georgia die nächste
Zeile anstimmen wollte, hob ich den Fuß für das nächste Loch. Sie fing an zu
singen, und ich trat auf eine Schlange. Das Biest wand sich, zischte und rollte
sich mit vorschnellender Zunge auf. Ich schrie. Fomba flog zu mir, ließ seine
Hacke niederfahren und trennte der Schlange den Kopf ab. Bevor ich noch ein
Wort des Dankes sagen konnte, ergriff er den Kopf mit der einen und den
zuckenden Körper mit der anderen Hand und schleuderte beides weg.
    »Bauerntrottel«, sagte
Georgia und gab ihm einen Stoß. Sie lief zu der Stelle, wohin Fomba die
Schlange geworfen hatte, und steckte den Körper ein.
    Am Abend zog sie der
Schlange die Haut ab und ölte sie ein. Das wiederholte sie etliche Tage. Am
Ende trocknete sie die ölige Haut und wickelte sie zweimal um ihren
Sonntagshut, ein breitkrempiges Strohdings mit einer grünen und einer blauen
Pfauenfeder, die daraus hervorwuchsen.
    »Schlange oder Master,
iss beides das Gleiche«, sagte Georgia. »Trag seine Kleider, das bringt Glück.«
    Es dauerte nur fünfzehn
Tage, bis die ersten Triebe aus der sandigen Erde sprossen. Unter Mameds
genauer Überwachung wässerte ich sie mit einem Eimer, und sie schossen förmlich
in die Höhe. Als die ersten dicken Blätter kamen, teilte mir Mamed jeden Tag
zehn Pflanzenreihen zu. Meine Aufgabe war es, alle Grashüpfer davon zu
entfernen. Dabei durfte ich auf keinen Fall die Blätter beschädigen, nicht mal
die feine Puderschicht, die sie bedeckte. Ich durfte nur das Insekt berühren,
fassen, zerquetschen und in einen Eimer werfen. Und schon ging es zur nächsten
Pflanze. Mamed wachte über die

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