Ich habe einen Namen: Roman
ihr
herausgesprudelt.
Georgia stieß mich mit
dem Ellbogen an. »Gut, dass du hier biss, Kind.«
Die Frau hieß Falisha,
und sie sagte, sie sei vor zwei Monden über den großen Fluss gekommen. Falisha
fasste meine Hand und krümmte den Rücken.
»Atme schnell und kurz,
wenn es wehtut«, sagte ich.
Georgia legte meine
Hand auf Falishas Leib. Auf eine Stelle, eine andere und noch eine andere. Sie
fragte, ob ich etwas fühlte.
»Zwei Babys«, sagte
ich.
Georgia fiel das Kinn
herunter. »Woher weiß du das?«
»Ich hab’s dir doch
erzählt. Meine Mutter hat mir beigebracht, wie man Babys auf die Welt bringt.«
»Könnt’n deine Mama
jezz hier gebrauch’n«, sagte Georgia. »Die Frau kann sterben.«
Die ganze Nacht
hindurch kamen die Wehen. Dazwischen redete und redete Falisha, als hätte sie
seit Monden mit keiner Menschenseele gesprochen. Sie sagte, sie habe zu Hause
zwei Kinder. Sie war mit ihrem Mann entführt worden, aber der war auf der
Überfahrt gestorben. Ich wollte das alles nicht hören und stellte keine Fragen,
sondern hoffte, dass sie irgendwann müde wurde und aufhörte, aber Falisha
erzählte immer weiter. Ihre Kinder waren drei und fünf Regenzeiten alt. Sie
hatte keine Ahnung, wo sie jetzt waren und wer sich um sie kümmerte. Ich fühlte
mich erleichtert, als sie ein langes, tiefes Stöhnen hören ließ. Es kam tief
aus ihrer Kehle.
Falisha wartete nicht
auf meine Anweisungen. Sie presste mit aller Kraft, und nach ein paar Versuchen
kam ein Kopf zum Vorschein. Noch einmal presste sie, und die Schultern, der Po
und zwei kleine Füße kamen aus ihr heraus. Georgia wickelte das Baby und gab es
mir. Es hatte eine winzige, schwammige Nase und einen suchenden Mund. Ich
fragte mich, wie viel Zeit vergehen würde, bis dieses winzige Wesen begriff,
dass es nicht so leben konnte, wie es wollte.
Falisha atmete flach.
»Ein Junge«, sagte ich
ihr.
Falisha lächelte
schwach, hatte aber nicht die Kraft zu antworten.
»Du bekommst noch
eins«, erklärte ich ihr.
Das erste Baby fing an
zu schreien.
»Gut, er atmet«, sagte
Falisha. »Ich sterbe. Du nimmst mein Baby, Fulbe-Mädchen. Ich sterbe.«
»Niemand stirbt hier«,
sagte ich. »Du hast noch ein Baby in dir.«
Falisha schlief eine
Weile. Ich hielt das Baby fest an mich gedrückt, bis es ebenfalls einschlief.
»Ihr zwei sprecht
Mambojambo«, sagte Georgia.
»Fulfulde«, sagte ich.
»Fu-was?«
»Unsere Sprache«, sagte
ich. »Fulfulde.«
Georgia zuckte mit den
Schultern. Sie steckte sich eine Pfeife an und rauchte ihren Tabak.
Ich wollte die Mutter
und das schlafende Baby nicht aufwecken, aber ich wartete schon seit Tagen
darauf, Georgia eine Frage stellen zu können. Leise sagte ich zu ihr: »Ich will
einen Mann namens Chekura finden.«
Georgia sah mich
eindringlich an. »Du biss zu jung für’n Mann.«
»Er ist kein Mann«,
sagte ich. »Wir sind zusammen über das große Wasser gekommen. Er ist wie ein
Bruder.«
»Ein Bruder«, schnaubte
sie, doch als sie sah, wie ernst es mir war, wurde ihre Stimme weicher. »Wenn
er in uns’ren Niederungen hier iss, wird ihn das Fischnetz fin’en.«
»Das Fischnetz?«,
wiederholte ich.
»Wir haben uns’re
Wege«, sagte Georgia. »Nigger reden wie Flüsse. Uns’re Worte schwimmen in
Flüssen. Von Savannah nach St. Helena nach Charles Town und immer weiter. Ich
hab uns’re Worte bis nach Virginia und zurückschwimmen gehört. Uns’re Worte
schwimmen weiter, als’n Mann laufen kann. Wenn wir’n Mann suchen, findet ihn
das Fischnetz.«
»Er ist nicht wirklich
ein Mann«, sagte ich. »Nur ein Junge. Er heißt Chekura.«
»Wenn er nah iss, find
ich ihn im Fischnetz. Oder vielleicht findet er dich.«
Georgia drückte den
Tabak in ihrer Pfeife mit dem Daumen an. »Rauchs’ du?«
Ich schüttelte den
Kopf. »Gläubige rauchen nicht.«
»Gläubige?«
Ich deutete in die
Höhe. »Allah.«
»Wovon red’s du da,
Mädchen?«
»Von Gott«, sagte ich.
»Was hat Gott damit zu
tun?«, sagte Georgia.
»Gott sagt, wir sollen
nicht rauchen. Unser Buch sagt, wir sollen nicht rauchen.«
»Red nich über Bücher.
Buckra-Männer mög’n das nich.«
Ich war völlig
verwirrt. Schließlich hatte ich den Medizinmann in seiner Kabine bei
Lampenlicht Bücher lesen sehen.
»Was hat Gott damit zu
tun?«, sagte Georgia noch einmal.
»Gott sagt, kein
Tabak«, sagte ich.
»Ha!« Georgia schlug
sich auf den Schenkel. »Master Apbee hat’n Gott, und er raucht. Zwei Nigger auf
uns’rer Plantage reden ständig
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