Ich habe einen Namen: Roman
sein’ Namen nich. Und noch was.«
»Was?«
»Wenn das Baby kommt,
still’s, bis keine Milch mehr kommt.«
»Warum?«
»Wenn du’s stills’,
nimmt’s dir Apbee vielleicht nich weg.«
»Er würde mir mein Baby
wegnehmen?«
»Wenn du alt genug
biss, um’n Baby zu kriegen, biss du auch alt genug, um zu wiss’n, dass du
Master Apbee gehörs’, mit Haut und Haar. Genau wie alles, was du machs’.«
Ich verstummte. Georgia
und ich hatten auf Applebys Plantage bisher zwei Kindern auf die Welt geholfen,
und die waren beide noch bei ihren Müttern.
»Er würde doch kein
Baby wegnehmen«, sagte ich.
»Kind«, sagte Georgia,
»das Böse kennt kein Ende.« Sie sah mich an und legte mir die Hand auf die
Schulter. »Still das Baby und bete um Milch«, sagte sie. »Viel, viel Milch, und
lass alle seh’n, wie du das Baby stills’. Wie viel Blutungen hass du schon
verpasst?«
»Erst zwei.«
»Da hass du noch lange,
Kind. Das iss noch lange.«
Spätnachmittags,
als Georgia und ich die Indigo-Blätter und die Pisse in den Bottichen
umrührten, tauchte Master Appleby mit zwei Besuchern auf. Mamed bellte uns an,
schneller zu rühren.
Einer von Applebys
Bekannten war ein gut angezogener Mann, der sich die Fliegen wegfächelte und
aussah, als wollte er möglichst schnell wieder aus der heißen Sonne. Der andere
beugte sich vor, um genau zu sehen, was wir machten. Er war groß, vielleicht so
alt wie mein Vater und hatte einen Bart, so dunkel wie meine Haut. Ich rührte
die Äste, das Laub und das Wasser im zweiten Bottich um, und als ich ihm den
Kopf zuwandte, sah ich, wie mich der mit dem dunklen Bart anstarrte. Unsere
Blicke trafen sich, und ich schlug die Augen nieder. War das ein Lächeln
gewesen? Ich sah wieder zu meiner Arbeit. Einem Lächeln von einem Buckra war
nicht zu trauen. Für mich bedeutete es: Ich weiß
etwas, was du nicht weißt .
Ich rührte weiter im Indigo.
»Weißt du, wer dieser
Mann ist?«, fragte Appleby Mamed.
»Nein, Sir.«
»Das ist Solomon
Lindo«, sagte Appleby. »Er ist der neue Indigo-Inspektor für ganz
Süd-Carolina.«
Der Mann namens Solomon
Lindo fragte Mamed: »Was hast du da drin?«
»In dem Rührbottich?«,
fragte Mamed.
Solomon Lindo nickte.
»Kalk«, sagte Mamed,
»Urin und Wasser.«
»Mit wie viel Zoll
Schlamm rechnest du unten im Bottich?«, fragte Lindo.
»Mit drei«, sagte
Mamed.
Solomon Lindo stieß
mich an. Ich hielt mit meiner Arbeit inne. »Sieh mich an, bitte.«
Langsam wandte ich ihm
den Blick zu. Im Gegensatz zu Appleby hatte Lindo dunkle Augen.
»Und was machst du?«,
fragte er mich.
»Ich rühr den Indigo
um, damit Luft reinkommt.«
»Wie lange machst du
das?« Der Mann sprach komisch Englisch, auf eine Art, wie ich es noch nie
gehört hatte. Er klang überhaupt nicht wie Appleby.
»Bis der blaue Staub
oben aufs Wasser steigt.«
»Und dann?«
»Dann hören wir auf zu
rühren und lassen das Blau auf den Schlamm sinken.«
»Weißt du, was
passiert, wenn ihr zu lange rührt?«
»Dann wird die Farbe
nicht richtig«, sagte ich.
Solomon Lindo wandte
sich erneut Appleby zu. »Sie haben gute Leute«, sagte er, und die drei Männer
gingen zurück zum Haus.
An diesem Abend mussten
Georgia und zwei andere Frauen dem Koch dabei helfen, einen großen Topf
Hühner-Gumbo zu kochen. »Kein Schwein«, hatte Appleby uns gesagt. »Das kann ich
einem Juden nicht vorsetzen. Der Mann ist den ganzen Weg von London
hergekommen. Macht ihm den besten Gumbo von ganz Süd-Carolina, der stuft
unseren Indigo ein.«
Ich wollte mehr über
diesen Mann wissen, der genau wie ein Muslim kein Schweinefleisch aß. Wir
kochten genug für zehn Neger und trugen Teller, Wasser, Essen und Getränke auf.
Appleby und seine Gäste aßen das meiste davon. Hinterher hingen sie in ihren
Sesseln im Wohnzimmer, rauchten Zigarren und tranken Kaffee mit Whiskey.
Appleby schickte alle Neger außer mir aus dem Haus. Es war das erste Mal seit
zwei Jahren, dass ich ohne Georgia oder Mamed in seiner Nähe war. Ich stand
mitten im Zimmer, und die drei Männer sahen mich an.
»Das ist meine beste
Coromantee«, sagte Appleby zu den anderen. »Gerade mal drei Jahre hier und hat
was im Kopf. Sie hilft den anderen kochen. Macht Seife. Wie sie mit dem Indigo
umgeht, haben Sie gesehen. Und das Erstaunlichste ist, dass sie schwangere
Sklavenfrauen behandelt. Hab sie in Charles Town für so gut wie nichts
bekommen. Sie bestand nur noch aus Haut und Knochen, als sie von Sullivan’s
Island kam. Ich dachte
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