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Ich habe mich verträumt

Ich habe mich verträumt

Titel: Ich habe mich verträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristan Higgins
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wirst du hier noch bleiben?“ Okay, das war gemein, aber es fühlte sich gut an.
    „Warum?“, meinte Margaret. „Störe ich dich etwa in deiner Zweisamkeit mit Wyatt?“ Damit stampfte sie in die Küche zurück.
    Zehn Minuten später, als in mir das Gefühl aufkam, dass ich die Kontrolle über mein Haus haben und mich nicht in meinem Schlafzimmer verstecken sollte, ging ich nach unten. Margaret stand am Herd und rührte in ihren Nudeln, während ihr die Tränen vom Kinn tropften. „Es tut mir leid“, sagte sie kleinlaut.
    „Schon gut“, erwiderte ich seufzend, während mein Ärger verpuffte. Margaret weinte sonst nie. Wirklich niemals.
    „Ich liebe ihn, Grace. Zumindest glaube ich das, aber manchmal hatte ich einfach das Gefühl zu ersticken. Als würde er es, wenn ich anfinge zu schreien, nicht einmal merken. Ich will keine Scheidung, aber ich kann auch nicht mit einem Stück Pappe verheiratet sein. Es ist, als würde es theoretisch gut funktionieren, aber wenn wir tatsächlich zusammen sind, sterbe ich. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Wenn er doch nur ein Mal aus seinen Gewohnheiten ausbrechen könnte! Und ein Kind …“ Sie begann zu schluchzen. „Ich habe das Gefühl, Stuart will damit sagen, dass ich ihm nicht mehr reiche. Dabei sollte er mich doch vergöttern!“
    „Was er auch tut, Margs!“
    Sie hörte nicht zu. „Außerdem bin ich eine blöde Ziege – wer will mich schon als Mutter?“
    „Du bist keine blöde Ziege. Wenigstens nicht immer“, versicherte ich ihr. „Angus liebt dich. Das ist doch ein gutes Zeichen, oder nicht?“
    „Willst du, dass ich wieder gehe? In ein Hotel ziehe oder so etwas?“
    „Nein, natürlich nicht. Du weißt ganz genau, dass du so lange hierbleiben kannst, wie du willst“, entgegnete ich. „Komm her, lass dich drücken.“
    Sie nahm mich in die Arme und drückte fest. „Entschuldige, dass ich das mit Wyatt gesagt habe.“
    „Schon gut.“ Ich drückte sie ebenfalls. Angus, eifersüchtig auf die Liebe, die gerade nicht ihm galt, sprang hoch und begann zu fiepen.
    Margaret trat zurück, nahm ein Taschentuch und wischte sich die Augen. „Willst du was essen?“, bot sie an. „Ich habe genug für uns beide.“
    Ich sah mir an, was sie als Abendessen bezeichnete. „Eigentlich vermeide ich es, Bindfäden zu essen“, sagte ich, woraufhin Margs mich angrinste. „Aber ich habe auch keinen Hunger. Ich glaube, ich setze mich einfach ein bisschen nach draußen.“ Ich schenkte mir ein Glas Wein ein, klopfte ihr auf die Schulter, um zu signalisieren, dass ich nicht sauer war, und ging mit meinem Hund in die süß duftende Nacht hinaus.
    Von einem meiner Adirondack-Stühle aus betrachtete ich meinen Garten. Angus schnüffelte am hinteren Zaun entlang, um das Gelände zu prüfen – guter Wachhund, der er war. Alle Blumen, die ich im letzten Jahr gepflanzt hatte, gediehen prächtig. Die Pfingstrosen trugen schwere Blüten, deren zuckriger Duft in die Nacht strömte. Über die Kiefern hinweg, die mich vor der Nummer 32 abschirmten, roch ich Zitronenmelisse, und auf Callahans Seite wuchsen schlank und grazil die Iris, in Weiß und Violett, mit dem Duft von Vanille und Trauben. Der Flieder auf der Ostseite des Hauses war mittlerweile verblüht, aber der Geruch war immer noch unbeschreiblich schön, beruhigend und belebend zugleich. Als einziges Geräusch war der Fluss zu hören, der zu dieser Jahreszeit voll und reißend überdie Felsen rauschte. Von irgendwo ertönte ein Zugsignal, dessen melancholischer Klang gut zu dem Gefühl der Einsamkeit in meinem Herzen passte.
    Warum konnten Menschen allein nicht glücklich sein? Die Liebe nahm dein Herz als Geisel. Für Margaret und Natalie, meine Eltern, Julian, selbst meinen süßen kleinen Angus würde ich meine Seele verkaufen. Wie meine letzten Aktionen bewiesen hatten, würde ich alles tun, um jemanden zu finden, der mich mit derselben Hingabe liebte, die ich zu geben bereit war. Die fernen Tage mit Andrew kamen mir vor, als hätte sie jemand anderes erlebt. Und selbst wenn ich jemanden fände, welche Garantie hatte ich, dass es halten würde? Ich musste mir ja nur meine Eltern ansehen, die die ganze Zeit aufeinander herumhackten. Margaret und Stuart … sieben Jahre, die vor unseren Augen zu zerbröckeln schienen. Kiki, Julian und ich, die wir unentschlossen dahintrieben …
    Plötzlich merkte ich, dass ich weinte. Ich wischte mir mit dem Ärmel über die Augen und nahm einen großen Schluck Wein. Blöde Liebe.

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