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Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)

Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)

Titel: Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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eine ruhige Stelle und versucht, ihn notdürftig zu verbinden. Es ist dunkel geworden. Immer wieder hört man Chino stöhnen. Die Offiziere fluchen. Sie können diesen Laut nicht mehr ertragen. Chino kann das Stöhnen nicht unterdrücken. Da lassen sie ihn zum Flussufer bringen. Die Soldaten töten ihn mit Schüssen aus dem Maschinengewehr.
    Das Gefecht hat 15 oder 20 Minuten gedauert, Joaquín ist tot. Braulio ist tot, Alejandro, Polo, Walter, der bolivianische Arzt, Chino und Moisés Guevara - alle sind sie gefallen. Die Leichen von Tania und El Negro treiben mit der Strömung ab. Nur Tanias Knappsack wird gefunden, darin ein Ausweis, der auf den Namen Laura Gutiérrez Bauer ausgestellt ist, ein Notizbuch und eine Liste mit den Adressen ihrer Kontaktpersonen in der Stadt.
    Im Knappsack steckt ein angefangener Brief an die Mutter in Berlin: »Liebe Mutter, jetzt habe ich Angst. Ich weiß nicht, was aus mir werden soll. Wahrscheinlich nichts. Ich fürchte mich schrecklich und heule die ganze Zeit. Ich bin mit meinen Nerven am Ende. Ich versuche, mich daran zu erinnern, wie es ist, wenn man Courage hat. Bist Du Mutter Courage? Ich bin ein Nichts. Ich bin nicht einmal mehr eine Frau, kein Mädchen, nur noch ein Kind ...«

Bis September
    Der Haupttrupp wird nach Nordosten abgedrängt. Krankheit, Erschöpfung, Hunger - auch hier. Der Gesundheitszustand Guevaras verschlechtert sich immer mehr. Che kann nicht mehr laufen, wie sehr er sich auch zusammennimmt. Er kann sich nur noch zu Pferd oder auf einem Maultier fortbewegen. Er leidet unter Arthritis. Die Asthmaanfälle nehmen an Heftigkeit immer mehr zu. Leberbeschwerden kommen hinzu. Und er hat keine Medikamente mehr. Deswegen entschließen sich die Guerilleros, den Ort Samaipata anzugreifen. Die kleine Stadt liegt zwischen den Städten Santa Cruz und Cochabamba, im Zentrum von Ostbolivien.
    Am 6. Juli gegen 16.15 Uhr erscheinen die Guerillas auf der Farm und Sägemühle des Deutschen Heinrich Stenderg, die etwa zehn Meilen östlich von Samaipata an einer Nebenstraße gelegen ist. Sie stoppen einen Lastwagen und den Linienbus Cochabamba - Santa Cruz, der eine Studentengruppe befördert. Ein drittes Fahrzeug, das auf Zeichen nicht halten will, wird durch Schüsse in die Reifen zum Stehen gebracht. Der Verkehr auf der Hauptstraße kommt zum Erliegen. Die Fahrgäste und Chauffeure der angehaltenen Wagen sind nervös. Es geschieht ihnen nichts. Die Guerillas fordern sie nur auf, ihren Anweisungen unbedingt Folge zu leisten.
    Um 19 Uhr muss Herr Stenderg bei den Behörden in Samaipata anrufen und dort mitteilen, dass die Rebellen die Stadt noch in dieser Nacht besetzen werden.
    Sechs Guerillas bleiben bei den Fahrgästen zurück. Che begibt sich an einen Ort, der Pena Colorada heißt. Von dort aus lässt sich einsehen, was auf der Landstraße vor sich geht.
    Um 20.10 Uhr setzen sich die beiden erbeuteten Fahrzeuge in mäßigem Tempo nach Samaipata in Bewegung. Der Ort liegt ebenfalls nicht direkt an der großen Überlandstraße, sondern etwas weniger als eine halbe Meile abseits.
    An der Straßenabzweigung befindet sich ein Polizeihäuschen, in Bolivien »Tranca« genannt. Davor steht ein Tisch, an dem Lebensmittel, Zigaretten und Getränke verkauft werden.
    Der Telefonanruf von Herrn Stenderg hat die Behörden in Samaipata verwirrt. Sie nehmen die Warnung nicht ernst. Sie sind der Meinung, die Guerillas operierten in einer Gegend, die weit von Samaipata entfernt liegt. Möglicherweise hat sich da jemand einen Scherz erlaubt. Es hat in den letzten Wochen immer wieder Meldungen vom Auftauchen der Guerillas gegeben, die sich dann nicht bewahrheitet haben. Immerhin begeben sich der Polizeikommandant, der Bürgermeister, ein Offizier der Armee und einige andere Männer zu dem Polizeihäuschen an der Straßenabzweigung.
    Um 23.45 Uhr nähern sich ein Bus und ein Lastwagen aus Richtung Santa Cruz. Beide Fahrzeuge halten. Der Verkehrspolizist tritt vor das Häuschen, um eine routinemäßige Kontrolle durchzuführen. Die Guerillas verstecken ihre Waffen und steigen aus. Sie stellen sich zwanglos so auf, dass die Vertreter der Behörden, die ebenfalls aus dem Gebäude getreten sind, um dem Polizisten bei der Kontrolle zuzuschauen, umringt werden. Plötzlich setzt unter der Gruppe von Menschen ein Gerangel und Geschubse ein. Die Unruhe dauert nur einen Augenblick, bis die Leute sehen, dass sie von einer bewaffneten Gruppe überrumpelt worden sind. Jeder spürt einen Gewehrlauf im

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