Ich habe sieben Leben: Die Geschichte des Ernesto Guevara, genannt Che (German Edition)
Rücken. Der Verkehrspolizist und der Armee-Offizier sind sofort entwaffnet. Der Coup ist außerordentlich geschickt abgestimmt.
Es fällt nicht ein einziger Schuss.
Die Vertreter der Behörden werden genötigt, auf den Lastwagen zu klettern, und als dort nicht genügend Platz ist, beschlagnahmen die Guerillas noch einen leichten Lastwagen der Bolivian Gulf Oil Company, der in der Nähe geparkt hat.
Sie fahren in die Stadt, suchen die Apotheke »Kind von Prag« auf und holen den Besitzer aus dem Bett. Sie haben eine Liste, nach der er ihnen die gewünschten Medikamente heraussuchen muss. Sie zahlen 1.000 bolivianische Pesos.
Von der Apotheke geht es weiter zur Schule! Sie wird zu dieser Zeit als Kaserne benutzt. Oberleutnant Vacaflor, den die Guerillas am Polizeihäuschen gefangen haben, nennt am Tor seinen Namen, worauf die Wache die Fahrzeuge passieren lässt.
Im Innenhof laden die Rebellen Waffen, Munition, Kleider, Decken und andere Ausrüstungsgegenstände auf. Die Geschwindigkeit, mit der sie eingedrungen und die provisorische Kaserne besetzt haben, hat die jungen Rekruten, die zumeist schon schliefen, verblüfft. Nur einer, der Soldat José Verazain, will sich wehren und wird von den Guerillas erschossen.
Dann fordern sie die Wachhabenden auf, sich zu entkleiden, damit sie ihnen nicht sofort folgen können. Nachdem sie in der Stadt alles gefunden haben, was sie suchten, kehren Guevaras Männer mit den Autos zu dem Polizeihäuschen zurück. Dort kaufen sie noch Lebensmittel und Konserven ein und fahren darauf zum Sägewerk weiter. Oberleutnant Vacaflor und neun Soldaten haben sie noch als Geiseln bei sich.
In Las Cuevas geben sie den Chauffeuren des Autobusses und des Lastwagens Geld, gewissermaßen als Leihgebühr. Den Soldaten wird eingeschärft, sie sollten nicht versuchen, den Guerillas zu folgen, sonst müssten sie und ihre Familien mit Repressalien rechnen. Um halb eins verschwindet Guevara mit seiner Gruppe in der Nacht. Das Kommandounternehmen Samaipata ist beendet. Das einzige Opfer ist der Soldat José Verazain.
Waffen, Munition, Kleider, Decken ...
Dieser tollkühne und so präzis ablaufende Überfall darf nicht zu der Annahme verleiten, dass die Schwierigkeiten der Guerilla nun überwunden seien - im Gegenteil, es war vielmehr einer der letzten wütenden Tatzenhiebe einer Wildkatze, die sich in eine Ecke gedrängt sieht. Wenn man Ches Tagebuch liest, wird nicht ohne weiteres klar, mit welchem Ziel und aus welchen Beweggründen die Guerillas eine gewisse Gegend als Aufenthaltsort wählen, nachdem sie das Basislager verlassen haben. Es scheint, dass Guevara seine weiteren Operationen nördlich des Rio Grande und jenseits der Straße Santa Cruz - Cochabamba ausführen wollte. Aber die Guerillas sind jetzt nicht mehr Herr ihrer Entscheidungen. Die Gegenseite hat sich organisiert. Ches Bewegungen zielen nun vor allem darauf ab, der sich aufbauenden Übermacht der Armee zu entkommen.
Die taktischen Gruppen der 8. Division haben die Operation Parabano eingeleitet. Ziel: die Rebellen in der Gegend südlich von Valle Grande zusammenzudrängen. Die Soldaten haben die typische Kampfweise der Guerillas angenommen. Sie tauchen mal hier und mal dort auf.
Die Guerillas versuchen noch einmal, den Rio Grande zu überschreiten und nach Süden in das Becken des Ñancahuazú zu gelangen. Das misslingt durch die Wachsamkeit der Verbände der 4. Division.
Es bleibt Che nur noch ein Ausweg. Er muss versuchen, sich nach Nordosten hin der enger werdenden Umklammerung durch die 4. und 8. Division zu entziehen. So gelangt seine Gruppe in die Gegend um Higuera, Sari Antonio, Abra del Picacho, Alto Seco und El Churo. Abgesehen von dem Gebiet um Ñancahuazú, das nun unerreichbar geworden ist, scheint von der Topographie und der Vegetation her jenes Feld in dem Dreieck günstig, das vom Rio Grande und dem Mizque gebildet wird. Ein schwerer Schlag ist für Che die Nachricht vom Ende der Nachhut; während dieser Sieg die Armee Selbstvertrauen gewinnen lässt. Auch kann sie nun, wie schon erwähnt, die speziell für die Guerillabekämpfung ausgebildeten Rangerverbände einsetzen.
Um diese Zeit, in der zweiten Septemberhälfte, als die Schlinge sich enger um die Guerillas zusammenzieht, setzt eine erstaunliche Aktivität unter den linken politischen Gruppen in den Städten ein. Die Parole wird ausgegeben: Rettet Che!
Mitglieder der verschiedenen Flügel der bolivianischen KP nehmen Kontakt zu Mittelsmännern der
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