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Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter

Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter

Titel: Ich hänge im Triolengitter - Bauermeister, M: Ich hänge im Triolengitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bauermeister
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denen ich weiter herumlaufen musste, bekam ich noch eine Spritze und wurde dann entlassen. Es bestehe nun keine Gefahr mehr, die Schmerzen würden allerdings noch anhalten. Ich solle nur immer in Bewegung bleiben, sagte der Arzt lachend, erleichtert. Ja, der Wind aus Afrika, der heiße Sommer in diesem Jahr, das lauwarme Wasser, das brächte eben auch die Petermännchen herüber.
    Zurück in Kürten, stand nun eigentlich unsere verabredete Scheidung an. Aber Stockhausen befand schließlich: »Wir lassen das. Ich komme doch nicht von dir los.« Er teilte Nancy Wyle mit, dass sie gern zu uns nach Kürten kommen könne, um in einer ménage à trois mit ihm und mir zu leben, dass er sich aber nicht von mir trennen werde. Doch das lehnte sie ab, sie hätte ihn für sich allein haben wollen.
    Eine andere Liebschaft von Karlheinz hatte sich nicht so schnell erledigt. Aiko aus Japan kündigte ihren Durchreisebesuch in Kürten an. Sie wollte eigentlich nach New York, um dort bei der Galerie Staempfli eine ihr angebotene Ausstellung zu besprechen. Später – 1971 und 1973 – sollte auch ich bei Staempfli ausstellen, also hätten sich unsere Bahnen auch dort kreuzen können. Doch meine ursprüngliche Sympathie für Aiko mündete nicht in eine Freundschaft wie bei anderen Frauen von Stockhausen. Es endete sogar relativ feindselig.
    Karlheinz holte Aiko vom Flughafen ab, ich hatte ein Abendessen vorbereitet und wartete. Aber sie kamen spät. Da hatte er bereits einen plakativen Kussfleck am Hals, als ob Aiko ihm ihr Siegel aufgedrückt hätte: Du gehörst mir! Hier steht es eingebrannt, und sei es nur für diesen Moment. Ich wurde wütend, obwohl ich dem Besuch doch zugestimmt hatte, räumte das Abendessen ab, packte Julika und Simon ins Auto und verschwand. Ich hatte inzwischen endlich den Führerschein, und so fuhr ich zu meiner Schwester und meinem Schwager. Ich wollte nur weg, wollte kein Zeuge des Zusammenseins der beiden werden. Stockhausen holte uns zwei Tage später zurück. Aiko war weitergereist, und wir versöhnten uns – wie immer.
    Ich hatte wie eine durchschnittliche betrogene Frau reagiert. Das Ideal einer Liebe ohne Besitzanspruch fiel mir in der Praxis eben doch nicht immer leicht. Als ich Karlheinz später einmal gestand, dass ich sehr wohl unter seinen Eskapaden gelitten hatte, entgegnete er: »Warum hast du mir nicht die Augen ausgekratzt? Warum nicht in den Teppich gebissen? Du hättest mich abhalten müssen vom Ausleben meiner Lüste und Triebe!« Mir verschlug es die Sprache.
    Er warf mir auch einmal in einem Brief vor, ich hole die Bestie aus dem Mann hervor. Hatte ich also etwa auch aus Benno seine Prügel- und Wutattacken hervorgelockt? War ich für die zahllosen Affären von Stockhausen mitverantwortlich, einfach dadurch, dass ich sie hinnahm? War das ein Masochismus, der automatisch seinen Gegenpart anzog – Sadismus? Ich kam jedoch zu dem Schluss, mir seine Schuldzuweisung nicht anheften zu lassen.
    Ich stieß immer wieder an meine Grenzen. Karlheinz be merkte einmal, dass ich die tolerante Lebensweise, die ich mir vorgenommen hatte, gefühlsmäßig nicht durchstehen konnte. Wie recht er damit hatte. Mein Kopf wollte aber diesem Animalischen, wie ich es nannte, dieser kreatürlichen Regung der Eifersucht kein Recht einräumen. Das zermarterte mich oft bis an den Rand der Verzweiflung. Dann wieder dachte ich, nicht ich bin wahnsinnig, sondern er ist es! Oder waren wir es beide?
    Ich merkte allmählich, dass ich diesem Hin und Her immer weniger gewachsen war, dass ich das Chaos verlassen sollte, das ich durch mein Geschehenlassen mitverursacht hatte. Mir wurde klar, dass etwas nicht mehr stimmte in unserer Beziehung, wenn ich ihm als Frau und wir uns in unserer Liebe nicht mehr genügten. So konnte es nicht weitergehen. Ich war gedanklich inzwischen tatsächlich viel mehr bei meinen Kindern und bei meiner Arbeit als bei ihm. Ich konnte ihm gar nicht mehr Muse sein, er verliebte sich pausenlos in andere Frauen, brauchte offenbar ständig neue sexuelle Abenteuer.
    Die Sexualität war der Bereich, in dem Stockhausen am ehesten Erlösung fand, der ihn von seinem Schmerz befreite. Der Akt der Liebe beruhigte ihn, war sein »Pazifismuselixier«. Ich hatte immer das Gefühl, dass er noch große psychische Belastungen aus seiner Jugend zu überwinden hatte. Die körperliche Liebe war wohl sein Allheilmittel für diese tiefen Verletzungen.
    Mein Lebenselixier war eher die nicht ausgelebte Begierde. Ich

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