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Ich haette dich geliebt

Ich haette dich geliebt

Titel: Ich haette dich geliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Haferburg
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Wahnvorstellungen. Sie war besessen davon, dass jemand ihr schaden wollte. Oder sie liebte. Je nachdem. Das waren mal der und mal die. Wir hatten das nicht unter Kontrolle. Immer wenn wir dachten, sie hätte sich gefangen, kam sie mit neuen Theorien. Sie redete von Freunden, die es nicht gab. Von Dingen, die nicht existierten. Aber da hilft keine Argumentation. Meine Eltern wollten das nicht wahrhaben. Um den Schein zu waren, steckten sie Emma in die Bank. Ein normaler Arbeitsablauf würde ihr guttun, sagte meine Vater. Normal! Naja ... tagein, tagaus stand sie unter schweren Neuroleptika. Mein Vater war Psychologe. Er hatte ja keine Probleme, an das Zeug zu kommen.“
    Sie schwieg, und ich sagte: „Sie haben sie gefunden, nicht wahr?“
    „Das habe ich. Ja. Und wissen Sie, was? Wir haben kein einziges Mal darüber gesprochen. Mein Vater hat weiter therapiert und meine Mutter hat gekocht. Ich war zweiundzwanzig Jahre alt. Meine aufgeschlitzte Schwester im Kopf.“
    Wieder stand sie auf.
    „Niemand war daran schuld. Sie war krank. Ich habe ganze Mappen voll mit ihren Aufzeichnungen, die das beweisen. Sie war besessen davon, alles aufzuschreiben, was in ihrem Kopf umherschwirrte. Sie war verrückt, aber nicht dumm. Sie kritzelte alles voll. Sogar meine Bücher von der Universität. Hier! Lauter erfundene Namen. Geschichten. Ich habe gar nicht erst versucht, das alles zu lesen. Ich wollte nichts mehr damit zu tun haben. Mein Leben war schwer genug mit einer kranken Schwester, die sich umgebracht hat.“
    Sie ging zum Regal und holte ein gebundenes fachmedizinisches Buch hervor. Als sie es aufschlug, konnte ich sehen, dass die beiden ersten Seiten mit dem Impressum und dem Inhaltsverzeichnis voller Sätze und einzelner Worte übersät waren. Es sah aus, als hätte sie versucht, einen Brief zu schreiben. Etwas zu formulieren. Immer wieder waren Sachen durchgestrichen.
    „Kann ich das mitnehmen?“, fragte ich.
    „Wozu?“
    Sie stand an der Tür und schaute an mir vorbei. Ich verstand das als Aufforderung zu gehen. Ich sagte „Danke!“ und versuchte, mich durch den schmalen Spalt zwischen ihr und der Tür vorbeizuschlängeln. Als ich schon auf dem Flur stand, sagte sie: „Niemand kann wirklich wissen, was in ihr vorging. Ich auch nicht.“
    Das Buch hatte ich ihr aus der Hand genommen. Sie hatte mich nicht daran gehindert. Mir schien, dass es ihr egal war.Wie benebelt ging ich nach Hause. Ich sah Louis vor mir, der meine Mutter nie vergessen konnte. Meine Mutter, die ihre große Liebe komplett verdrängt und ihr Leben mir gewidmet hatte. Und Emma, die ein Bündel an Schuldgefühlen hinterließ. Hätte es etwas geändert, wenn Louis und meine Mutter gewusst hätten, dass Emma schwer krank gewesen war? Zum ersten Mal hatte ich auch Mitleid mit Emma. Niemand hatte ihr wirklich beigestanden. Sie konnte nichts für ihre Wahnvorstellungen. Sie hätte betreut werden müssen. Richtig betreut und nicht vollgestopft mit Medikamenten, damit sie halbwegs funktionierte. Ihr Tod hätte nicht sein müssen. Da war ich mir sicher.

    Ich bildete mir ein, dass meine Wohnung immer noch nach Luise roch, obwohl ich den ganzen Tag die Fenster offen gelassen hatte. Sie hatte sich nicht mehr gemeldet seit gestern Nacht, und mein Stolz war zu groß, um sie anzurufen. Immer wieder nahm ich das Handy in die Hand, um ihr eine SMS zu schreiben, aber ich konnte mich nicht dazu überwinden. Vielleicht lag sie jetzt schon wieder in Mikkels Armen. Würde sie sich melden? Spätestens an meinem Geburtstag in zwei Wochen? Ob ich es so lange aushalten würde, ohne einen Kontakt zu ihr, konnte ich mir nur schlecht vorstellen.
    Das Buch mit Emmas Notizen war ziemlich schwer. Es sah aus, wie eines dieser typischen Lehrbücher, ohne ein Bild auf dem Deckel und mit viel Fachjargon im Untertitel. Ich verstand nur jedes zweite Wort davon. Es ging um die die richtige Anamnese bei Patienten unter Berücksichtigung von genetischen Defekten im Hals-Nasen-Ohren Bereich. Ich beschäftigte mich nicht weiter damit und schlug das Buch ganz vorne auf. Dort, wo Emma ihre Notizen gemacht hatte. Ihre Schrift sah klein und rundlich aus. Fast kindlich, und trotz der Streichungen hatte sie sehr ordentlich geschrieben. Mir wurde schnell klar, dass sie versucht hatte, etwas Wichtiges zu sagen. Aus Emma sprach eine unglaubliche Abgeklärtheit, und ich wusste, dass diese Zeilen alles hätten ändern können, wenn sie jemals wirklich zu einem Brief geworden wären. Denn Emmas

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