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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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besonderer Intelligenz war.
    »Eine ausgezeichnete List«, gab ich zu. »Denn er ist tapfer und loyal. Man kann sich darauf verlassen, dass er tut, was man ihm aufträgt.«
    »Solange er nicht zu denken braucht, Eure Majestät, sondern nur kühn sein muss.«

    Als Brandon unterwegs nach Dover war und Anstalten traf, sich einzuschiffen und den winterlichen Kanal zu überqueren, traf ein Bote ein und überbrachte einen Brief, der aus dem Konvent herausgeschmuggelt worden war. Maria wurde von Franz überfallen und belästigt; er besuchte sie täglich unter dem Vorwand, ihr Trost zu spenden, machte ihr in Wahrheit aber Anträge, fasste sie an und unternahm allerlei Versuche, sie zu umwerben. Er pflegte den Nonnen zu befehlen, sie allein zu lassen und die Türen abzuschließen; dann versuchte er, sie zu verführen, und wenn ihm das nicht gelang, zwang er sie, mit ihm das Lager zu teilen.
    Ich bebte vor Wut bei der Vorstellung, wie dieser Libertin Hand an meine Schwester legte – eine Königstochter! Der Himmel selbst verdammte solchen uralten Frevel. Der »erste Edelmann Frankreichs«, wie er sich selber nannte, war eine perverse Bestie. Wäre Maria doch schwanger, auf dass Frankreich von seiner üblen Regentschaft befreit wäre! Brandon sollte nur bald als ihr Beschützer erscheinen und sie aus dem Kerker befreien, in den Franz sie gesperrt hatte!
    »Bete zu Gott, Katharina«, sagte ich, nachdem ich ihr Marias Lage geschildert hatte. »Ich weiß, er erhört deine Gebete.«
    »Nicht immer«, antwortete sie. »Aber beten will ich gleichwohl.«
    Gott erhörte ihre Gebete, aber auf eine verheerende Weise. Denn Brandon rettete Maria, indem er sie selber heiratete, und zwar mit Franz’ Billigung.
    »Verräter!«, schrie ich, als ich seinen Brief gelesen. »Verräter!«
    Zum zehnten Mal las ich seine Worte:
    Mein Herr, es begab sich so, dass ich nach meiner Ankunft zu Paris gar mancherlei hörte, was große Furcht in mir erweckte, und nicht anders erging es der Königin; und die Königin gab keine Ruhe, bis ich mich bereit gefunden, sie zu heiraten. Und so will ich Euch ehrlich sagen, dass ich sie von Herzen gern geheiratet und ihr auch beigewohnt, und ich befürchte nun, dass sie wohl möchte gesegneten Leibes sein.
    Jetzt kannte ich sie auswendig. Kein Grund mehr, das abscheuliche Dokument zu behalten. Ich schleuderte es ins Feuer, wo es sich rasch zusammenrollte, schwärzte und verging.
    »Er hat mir meine Schwester geraubt!«
    »Ich finde, es war recht … vornehm, was er getan hat«, wandte Katharina schüchtern ein, denn sie hatte gelernt, mir in meiner Wut nicht zu widersprechen.
    »In Spanien mag derlei vielleicht als vornehm gelten. In England nennt man es tollkühn und gefährlich.«
    »Er hat eine Prinzessin aus der Not gerettet, als ihre Ehre bedroht war.«
    »Er hat mich eines wertvollen Besitzes beraubt, der mir in manchen Eheverhandlungen hätte als Pfand dienen können! Jetzt habe ich niemanden, den ich als Köder für einen Vertrag nutzen könnte, niemanden, denn wir sind ja kinderlos, und …«
    »Könnt Ihr Euch nicht für sie und ihr Glück freuen? Heinrich, einstmals hättet Ihr es getan. Oh, denkt doch an den Knaben, der schrieb:«
    Die Liebe schenkte Gott allein,
    Drum kann nichts Falsches in ihr sein.
    Ohn’ Makel lebt sie zwischen beiden.
    Warum dann sollten wir sie meiden?
    »Dieser Knabe ist tot.« Wann war er gestorben? Als ich gelernt hatte, König zu sein?
    »Er hat mich gerettet. Als ich eine Prinzessin in fremdem Land war.«
    Oh, nun würde sie wieder damit anfangen. Ich erkannte es an dem abwesenden Ausdruck in ihrem Blick. Wie langweilig das war. »Nun, heute bist du Königin, und es ist längst vorbei.« Ungeduldig sah ich mich nach einer Ausflucht um.
    »Ich will Wolsey beauftragen, sich eine Strafe für sie auszudenken. Er soll eine Bußzahlung festsetzen. Jawohl, das ist es.« Hastig verließ ich sie.
    Wolsey tat genau das. Er schlug vor, Brandon für den Verlust von Marias ständiger Witwenrente aus Frankreich haftbar zu machen, indem er sie selbst zahlte: Das waren etwa vierundzwanzigtausend Pfund. Wenn er sich damit einverstanden erklärte, dürften sie nach England zurückkehren, und ich würde kassieren.
    Will:
    Letzten Endes bewirkte dies, dass Brandon jegliche Gelegenheit genommen war, sich um eine Machtposition bei Hofe zu bewerben. Mit dem gewaltigen Bußgeld war sichergestellt, dass der Herzog von Suffolk sich nicht mehr leisten konnte, am Hofe zu leben; er und Maria mussten

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