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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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fortan in Westhorpe Manor in Suffolk wohnen, wo das Leben billiger war. Aus Heinrichs Augen, aus Heinrichs Sinn. Das hoffte Wolsey zumindest.
    Heinrich VIII.:
    In der Zwischenzeit vergnügte ich mich mit Bessie. Brandons Satz, »dass ich sie von Herzen gern geheiratet und ihr auch beigewohnt, und ich befürchte nun, dass sie wohl möchte gesegneten Leibes sein«, plagte mich, verspottete mich. Er, der so viel von Frauen verstand – der sie zu umwerben, zu gewinnen und zu Bette zu führen wusste –, wusste Geheimnisse, die ich nicht kannte. Wo immer seine männliche Schönheit liegen mochte, sie genügte, um eine königliche Prinzessin zu erringen. Hatte ich dergleichen auch? Was war es? Ich wusste es nicht, und das war es, was mich um den Verstand brachte. Es war mir verschlossen, eine Macht, derer ich nicht sicher war. Und wiederum, hatten wir nicht beide den gleichen Körper, die gleichen Gliedmaßen? Waren wir nicht beide Männer, und gab es nicht hier wie da nur wenige Dinge (weit weniger, als mancher Lüstling zugeben würde), die wir beide mit diesen hier wie da vorhandenen Körperteilen anstellen konnten? Ich plagte mich, jeden Aspekt des Fleisches mit Bessie zu erkunden, als wollte ich jenes letzte, flüchtige Ding ergreifen: die Sinnlichkeit selbst. Dennoch, am Ende enthüllte mein Körper mir nichts, was ich nicht schon gewusst hätte.
    Nachher kehrte ich dann in mein äußeres Gemach zurück, wo meine Bediensteten und Freunde zusammenkamen. Es war bekannt, dass das äußere Gemach des Königs ein Ort war, wo man sich die Zeit vertrieb, wo man würfelte und sang und schwatzte und modische Kleider miteinander verglich. Ich gesellte mich zu den anderen, wurde einer von ihnen oder bildete es mir doch ein. Ich befahl, mehr Holz aufs Feuer zu legen, mehr Fackeln zu entzünden, stärkeren Wein zu bringen, und dann leuchtete es warm und rötlich im Zimmer, und wir holten die Karten hervor und spielten Primero. Im gelben Feuerschein und dem angenehmen Nachempfinden vom Missbrauch meiner Schamteile fühlte ich mich dann wie ein Mann unter Männern.
    Übersättigt zog ich mich schließlich zurück, und ich verlangte, dass Bessies Vater mir dabei behilflich sei, meine Obergewänder abzulegen. Die Berührung seiner Hände, seiner dienenden Hände, war wie ein perverser Triumph für mich, den ich genoss, in all seinen schmutzigen Verästelungen. Ich schlief dann traumlos.

    Mitten im Frühjahr gebar Katharina wiederum einen halb geformten, toten Sohn. Al-Ashkar schätzte das Alter des Fötus auf fünfeinhalb, Linacre auf sechseinhalb Monate. Wo war der Unterschied? Das Leben hatte er weit verfehlt.
    Sobald die Ärzte es gestatteten, nahm ich den ehelichen Verkehr mit ihr wieder auf. Mehr war es jetzt nicht mehr. Eine Pflicht, eine politische Notwendigkeit, wie das Unterzeichnen von Staatsakten in meinem Arbeitszimmer. Die Säfte strömten immer noch, so unpersönlich und prompt wie die Tinte, mit der ich die Dokumente unterschrieb: Henricus Rex. Die Essenz meiner Person. Auf das Pergament, in meine Königin.
    Meine Leidenschaft – beinahe ebenso unpersönlich – ergoss ich in Bessie.

    Maria kehrte zurück nach England, und in Dover sollte sie feierlich begrüßt werden. Ich sorgte dafür, dass ich nicht zugegen war; dort zu sein, hätte bedeutet, dass ich ihrem Tun meine Billigung gegeben hätte, und dazu würde ich mich niemals bereit finden. Brandon, der (von mir berufene!) Herzog von Suffolk, war jetzt ihr Beschützer. Mochte er für sie sorgen.
    Wir verständigten uns ausschließlich über Wolsey. Brandon konnte sich ohne Wolseys Genehmigung nicht an mich wenden, und Maria auch nicht. Sie wollte ich sehen, und daher richtete ich es ein, dass wir einander in London auf der königlichen Barke begegneten. Man sollte uns zusammen auf der Themse auf und ab rudern; dort könnten wir ein letztes Mal miteinander sprechen, bevor ich sie Brandon für alle Zeit überließe.
    Die Frau, die sich dem Landungssteg näherte, war größer und schöner, als ich sie in Erinnerung hatte. Sie trug einen Mantel aus tiefblauem Samt, der um Hals und Schultern gerafft war und sich dann fließend ausbreitete wie der Mantel der Heiligen Jungfrau. Aber sie war keine Jungfrau. Sogar ihr Gang war verändert.
    Die Ruderknechte salutierten vor ihr. »Eure Majestät.«
    Ich begrüßte sie, bemerkte aber spitz: »Königin nicht mehr, ihr Leute. Sie ist Herzogin.«
    »Ich bleibe Prinzessin, was immer der Titel meines Gemahls sei«, versetzte

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