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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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Welt unseres Erlösers war klar aufgeteilt: Seine Jünger auf der einen, seine Feinde auf der anderen Seite. Wie aber stand es mit jemandem, der freundlich sprach, Ihn aber hasste in seinem Herzen? Gab es dafür ein Beispiel in der Heiligen Schrift? Es musste eines geben. Ich nahm mir vor, es zu suchen. Vorläufig aber betete ich um Tapferkeit im Umgang mit einem Mann, von dem ich nun wusste, dass er von allen auf Erden Seiner Satanischen Majestät am nächsten verwandt war.
    Will:
    Heinrich war immer geneigt, zu übertreiben und die Dinge mit Begriffen des Schlachtfeldes zu belegen. Franz war nicht der Antichrist; er war bloß ein liederlicher Franzose, der das Leben als einen kosmischen Witz betrachtete. Zweifellos hätte es ihm geschmeichelt, wenn er gewusst hätte, welch vorzügliche Ehre Heinrich ihm erwies, indem er ihm einen so hohen Rang in der Hierarchie der Dämonen zuwies.

XXIX
    W ährend wir, Franz und ich, einander begegneten und uns gegenseitig musterten, in den grünen Gefilden Frankreichs, da wetterte Bischof John Fisher von Rochester gegen diese Begegnung und geißelte uns beide.
    Obwohl er, zu Katharinas Gefolge zählend, selbst dabei gewesen war, hielt er eine flammende Predigt über die Eitelkeit des ganzen Unterfangens; zwar war einiges von dem, was er vorbrachte, durchaus gültig (nämlich, dass alles Vergnügen sich irgendwann in Überdruss und Langeweile verwandelt; dass der Mensch geborgten Leibschmucks von anderen Tieren bedarf, sich zu kleiden und zu putzen; dass nichts am Ende unseren Erwartungen entspricht), aber es galt gleichermaßen auch für das Leben an sich und überhaupt, eingerechnet den Umstand, dass der Mensch als Mensch geboren ist. Mit seinem letzten Argument, dass nämlich Regen und Hagel und »ein seltsam Geschehen vom Himmel herab« die hübschen Scheinpaläste in Trümmer gelegt hatten, fasste er die ganze Begegnung treffend zusammen. Die entente cordiale war ohne Substanz und verwehte im ersten Hauch der realen Politik.
    Das änderte indessen nichts daran, dass ich mich über Bischof Fisher ärgerte, diesen naseweisen Nörgler. Seine Einmischungen waren mir immer schon verdrießlich gewesen. Meine Großmutter Beaufort und er hatten zusammengehangen »wie Pech und Schwefel«, wie man so zu sagen pflegt. Auf ihrem Sterbebett hatte sie mir befohlen, »Bischof Fisher in allen Dingen zu gehorchen«. Ha! Die Tage des Gehorchens waren für mich vorbei, wenngleich sie davon nichts ahnen konnte. Ich kümmerte mich nicht um den rechthaberischen alten Theologen, und seinen Rat suchte ich schon gar nicht. Aber diese öffentlichen Predigten über meine Außenpolitik … das musste ein Ende haben. Ich gab Befehle.
    Allenthalben stritt der Klerus nun in der Öffentlichkeit, verkündete dies, verdammte jenes. Der deutsche Mönch, Martin Luther, hatte sogar drei theologische Traktate drucken lassen: Von der Freiheit eines Christenmenschen, An den christlichen Adel deutscher Nation: von des christlichen Standes Besserung sowie Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche. Die letzte Schrift war ein direkter Angriff gegen die Kirche im Allgemeinen und den Papst im Besonderen; er behauptete, die Prophezeiungen aus dem siebzehnten Kapitel der Offenbarung seien nunmehr eingetroffen (»Und es kam einer von den sieben Engeln mit den sieben Schalen, und er sprach zu mir und sagte: Komm, ich will dir zeigen das Gericht über die große Hure, die da sitzt an vielen Wassern … Und auf ihrer Stirne stand geschrieben das Geheimnis des Namens babylon die grosse, die mutter der buhlerinnen und der grÄuel der erde. Und ich sah das Weib trunken vom Blute der Heiligen und vom Blute der Zeugen Jesu … Und der Engel sprach zu mir: Ich will dir das Geheimnis des Weibes sagen … Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen das Weib sitzt … Und das Weib, das du sahst, ist die große Stadt, die Herrschaft hat über die Könige der Erde.«). Gemeint war offensichtlich die Stadt Rom auf ihren sieben Hügeln und mit ihr der Papst, dem alle Könige Gefolgschaft schuldeten.
    Papst Leo hatte ihm die Exkommunikation angedroht, wofern er nicht binnen sechzig Tagen widerrufe. Luthers Antwort hatte darin bestanden, dass er die päpstliche Bulle vor einer jubelnden Menge verbrannte.
    Jubel – denn das Volk in Deutschland, in den Niederlanden und in Flandern hatte Luthers Protest mit Freuden aufgenommen. Es war, als hätten sich die Menschen schon lange von der Kirche abgewandt, als hätten sie seit einer

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