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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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und plötzlich empfand ich Unbehagen. Dann verschwand der Ausdruck, und sie war wieder das schöne Mädchen, das ich liebte.
    »Alles wird gut werden«, versicherte ich ihr. »Nur noch wenige Wochen, und alles ist vorüber. Endlich. Und dann werden wir heiraten.« Ich ging zu ihr und nahm ihre Hand.
    Sie erwiderte die Berührung und sah zu mir auf. »Manchmal denke ich, dass ich es nicht erwarten kann, Eure Gemahlin zu werden.«
    War dies der glücklichste Augenblick meines Lebens? War dies der Gipfel und alles andere nur noch Abstieg?
    Inzwischen wusste das ganze Reich von meinem ehelichen Dilemma und erwartete die Ankunft des päpstlichen Legaten ebenso eifrig wie ich selbst. Es war zu Beginn des Frühjahrs 1529. Es hatte fast zwei Jahre gedauert und unzählige Gesandte und Missionen erfordert, um die päpstliche Erlaubnis für ein Verfahren auf englischem Boden zu erlangen.
    Als Campeggio, der päpstliche Legat, in London eintraf, berichtete er mir zufrieden, dass Klemens selbst Katharina den Rat gegeben habe, den politisch ratsamen Weg einzuschlagen und in ein Kloster zu gehen, wie es auch die fromme Jeanne de Valois getan hatte, um König Ludwig um der Thronfolge willen freizugeben. Seine Heiligkeit würde jedermann aus seiner irdischen Ehe entlassen, wenn er dafür eine himmlische einginge.
    Ich war überglücklich. Diese Lösung würde allen gefallen. Katharina stand ja bereits an der Grenze zum religiösen Leben, nachdem sie die Gelübde des Dritten Ordens des hl. Franziskus abgelegt hatte; sie zeigte einen starken Hang dazu, denn sie verbrachte ebenso viel Zeit in Andacht und im Gebet wie jede Nonne. Klemens würde damit ein Zeit raubendes und peinliches Verfahren erspart bleiben. Ich würde von der möglichen Missbilligung meiner Untertanen verschont bleiben, die Prinzessin Katharina liebten und schon jetzt gegen Anne murrten, weil sie bürgerlicher Herkunft war.
    Ein paar Tage später schleppte sich Campeggio, begleitet von Wolsey, zu Katharina und unterbreitete ihr fröhlich seinen Vorschlag. Katharina lehnte ab; sie verspüre keine »Berufung« zum Klosterleben, erklärte sie, aber sie werde dennoch einwilligen, wenn ich gleich ihr das klösterliche Gelübde ablegte und fortan als Mönch lebte.
    Das Weib ärgerte mich! Sie war entschlossen, meiner zu spotten und mir bei jeder Wendung neue Steine in den Weg zu legen. In dieser Zeit begann ich sie zu hassen. Ich hasste sie für ihren selbstgefälligen spanischen Hochmut gegen mich. Sie war eine spanische Prinzessin, ich bloß der Spross eines emporgekommenen walisischen Abenteurers. So sah sie mich. Und sie glaubte, gelassen über Mächte verfügen zu können, die mir nicht zu Gebote standen: über den Kaiser, ihren Neffen, und über den Papst, der dessen Gefangener war. Soll der kleine Heinrich in seinem kleinen Königreich doch tun, was er wollte, schien sie belustigt zu denken. Am Ende werde ich mit den Fingern schnalzen und ihn zur Räson bringen.
    Also gut. Ich würde ihr in der Arena entgegentreten – in der Arena des päpstlichen Gerichtes.
    Es war das erste Mal, dass ein solches Gericht in England abgehalten wurde. Ein regierender König und seine Königin würden auf eigenem Boden vor den Agenten einer fremden Macht erscheinen und zu bestimmten Vorwürfen Stellung nehmen.
    Das Gericht sollte zu Blackfriars, im Kloster der Dominikaner, zusammentreten; Wolsey und Campeggio saßen in vollem Ornat gleich unterhalb meines Thrones. Zehn Fuß tiefer stand Katharinas Thron, aber Katharina hatte geschworen, überhaupt nicht zu erscheinen, denn sie betrachte jede Entscheidung, die außerhalb Roms getroffen würde, als ungültig, auch wenn der Heilige Vater persönlich die Erlaubnis dazu erteilt habe! Was für ein törichtes und störrisches Weib sie doch war!
    Aber am Tag der Eröffnung folgte sie dem Ruf des Gerichtsdieners: »Katharina, Königin von England, erscheint vor dem Gericht!«
    Ah, dachte ich; jetzt hat sie die Rechtmäßigkeit und den Ernst des Falles begriffen. Jetzt endlich hat sie verstanden.
    Sie kam langsam herein und schritt ihrem Sessel entgegen. Dann aber, statt sich zu setzen, wandte sie sich jäh nach rechts, ging an den erstaunten Kardinälen vorbei und stieg die Stufen zu meinem Thron herauf. Als sie keine fünf Fuß weit von mir entfernt war, kniete sie plötzlich nieder.
    Ich fühlte, wie mir im ganzen Gesicht der Schweiß ausbrach. War dieses Weib verrückt geworden?
    »Sire«, hob sie an, und sie schaute zu mir auf und

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