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Ich, Heinrich VIII.

Ich, Heinrich VIII.

Titel: Ich, Heinrich VIII. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret George
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leichte Lektion, und ich war nie begriffsstutzig gewesen.
    Am Abend um sieben wurden Arthur und Margaret und ich zum Bankett in die Große Halle eskortiert. Draußen im Gang sah ich eine Schar Musikanten beim Üben. Sie spielten manchen schrägen Ton und sahen entschuldigend herüber, als wir vorbeigingen.
    Vater ließ uns Kinder alle auch in Musik unterrichten. Man erwartete von uns, dass wir ein Instrument spielen konnten. Dies war ein Quell mancher Mühen für Arthur und Margaret. Ich hingegen wusste mit der Laute ebenso mühelos umzugehen wie mit Pferden, und ich liebte den Unterricht. Ich wollte das Spinett spielen lernen, die Flöte, die Orgel – doch mein Lehrer ermahnte mich, zu warten und ein Instrument nach dem anderen zu erlernen. Also wartete ich, aber ungeduldig.
    Ich hatte erwartet, dass die Musikanten des Königs gut ausgebildet sein würden, und nun war ich von Enttäuschung erfüllt. Sie spielten kaum besser als ich.
    Will:
    Dies ist irreführend, denn Heinrich war außergewöhnlich talentiert. Höchstwahrscheinlich spielte er mit sieben Jahren besser als ein nachlässiger erwachsener Musiker.
    Heinrich VIII.:
    Als wir in die Halle kamen, strahlte dort alles in gelbem Licht. Mir kam es vor wie tausend Kerzen, die da auf den langen Tischen längs der Wände brannten. Alle Tische waren mit weißem Linnen gedeckt, und goldene Teller und Becher blinkten im Kerzenlicht.
    Kaum waren wir eingetreten, da erschien ein Mann neben uns, der sich verbeugte und etwas zu Arthur sagte. Arthur nickte, und der Mann –
prächtig gekleidet in burgunderrotem Samt – geleitete ihn auf die königliche Estrade, wo er bei König und Königin seinen Platz einnahm.
    Beinahe im selben Augenblick tauchte ein zweiter Mann auf, der mich und Margaret anredete. Er war etwas jünger als der andere und hatte ein rundes Gesicht. »Euer Gnaden sollen am ersten Tisch neben dem des Königs sitzen. So könnt Ihr den Narren und all die Schauspieler gut sehen.« Er wandte sich ab und führte uns zwischen den hereinströmenden Leuten hindurch; ich fand, es sah aus wie ein Wald aus Samtmänteln. Er geleitete uns zu unseren Plätzen, verbeugte sich und ging.
    »Wer war das?«, fragte ich Margaret. Sie war schon ein paar Mal bei höfischen Festen zugegen gewesen, und ich hoffte, sie werde Bescheid wissen.
    »Der Graf von Surrey, Thomas Howard. Er war Herzog von Norfolk.« Als ich sie verständnislos ansah, erklärte sie: »Du weißt doch! Er ist das Oberhaupt der Familie Howard. Die haben Richard III . unterstützt. Deshalb ist er jetzt Graf, und nicht mehr Herzog. Er muss seine Loyalität zeigen, indem er die Kinder des Königs zu ihren Plätzen eskortiert!« Sie lachte boshaft. »Wenn er uns oft genug zu Tische führt, wird er vielleicht eines Tages wieder Herzog. Das hofft er wenigstens.«
    »Die Howards …«, begann ich, aber sie fiel mir ins Wort.
    »Sind eine große und mächtige Familie. Sie sind überall.«
    Das waren sie in der Tat. Später sollte ich mich daran erinnern, dass ich diesen Namen bis zu jenem Bankett nie gehört hatte. Die Howards. Als König heiratete ich zwei, drei ließ ich hinrichten, und mit einer vermählte ich meinen Sohn. Aber an diesem Abend waren sie alle noch nicht auf der Welt, und ich war ein siebenjähriger Zweitgeborener, der den Tag erwartete, da er die kirchlichen Gelübde ablegen sollte. Hätte ich gewusst, was kommen würde, vielleicht hätte ich Thomas Howard an diesem Abend getötet, um all dem zuvorzukommen. Oder er mich. Aber stattdessen wandte er mir den Rücken zu und verschwand in der Menge, um sich eigenen Angelegenheiten zu widmen, und ich zog auf meinem Stuhl ein Bein unter mich, um besser auf den Tisch langen zu können, und die Sache nahm ihren Lauf wie Wasser, das einen Berg hinunterrann.
    Ein plötzlicher Fanfarenstoß von Hörnern und Posaunen (leicht aus dem Takt geraten) übertönte das Stimmengewirr der Versammlung. Sofort verstummten alle. Die Musikanten stimmten einen langsamen Prozessionsmarsch an, und der König, die Königin und die Königinmutter kamen hereingeschritten, gefolgt von Erzbischof Warham, dem Lordkanzler, Bischof Fox, dem Geheimsiegelbewahrer, und Bischof Ruthai, dem Sekretär. Den Abschluss bildete Thomas Wolsey, der Priester, der als Königlicher Almosenier diente. Vermutlich hatte er wenig zu tun, denn der König war ein Knauser und gab keine Almosen.
    Sie war hier! Mein Herz tat einen Satz, und ich konnte den Blick nicht von ihr wenden: die Königin, meine

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