Ich, Heinrich VIII.
deine Hochzeit«, erläuterte die Königin. »Lange wird es nicht mehr dauern«, fügte sie sanft hinzu. »In zwei oder drei Jahren …«
»Ja.« Margaret vollführte einen ungelenken Knicks und stapfte zu ihrem Platz zurück. Dort ließ sie sich niederplumpsen; und so angespannt umklammerte sie den zierlichen Kopfschmuck mit ihren klebrigen Händen, dass sie ihn fast verbogen hätte.
»Und für Heinrich …« Ich stand auf, als sie meinen Namen riefen, und ging auf die Königin zu, die mir ihre Hand entgegenstreckte. »Dies ist für deine Hochzeit.« Sie reichte mir ein dünnes Päckchen und bedeutete mir mit einem Kopfnicken, ich solle es auswickeln. Ich gehorchte und fand ein erlesen illustriertes Brevier. Überrascht sah ich zu ihr auf.
»Für deine Hochzeit mit der Kirche«, erklärte sie. »Jetzt, da dein Unterricht schon so weit gediehen ist, kannst du vielleicht schon Gebrauch davon machen.«
Ich war enttäuscht, ohne zu wissen, warum. Aber was hatte ich erwartet? »Danke, Majestät«, sagte ich und kehrte zu meinem Platz zurück.
Mit solcher bemühten Fröhlichkeit ging es weiter. Der König verbrachte viel Zeit im Gespräch mit seiner Mutter, und die Königin verließ nicht ein einziges Mal ihren zierlich geschnitzten Sessel, um mit einem von uns zu reden; stattdessen nestelte sie mit den Fingern an den Verschlüssen ihres Kleides und lauschte dem eindringlichen Gewisper Margaret Beauforts an ihrer Seite.
Gelegentlich konnte auch ich das eine oder andere Wort aufschnappen. Die Cornier. Armee. Tower. Niederlage.
Und noch immer hatte niemand den Löwen oder die Hunde erwähnt. Darüber wunderte ich mich am meisten, und ich verstand es nicht, aber ich verstand damals so wenig.
Zum Beispiel verstand ich nicht, weshalb der König, der bekannt für seinen Geiz war, ein so üppiges Bankett veranstaltet hatte. Ich verstand nicht, wieso er, seinen Worten vom Fröhlichsein zum Trotz, so offensichtlich düster gestimmt war. Ich verstand nicht, was die Cornier mit all dem zu tun haben sollten.
Ich versuchte, auf all diese Fragen im Geiste eine Antwort zu finden, und schaute dabei pflichtbewusst in mein Brevier, um meiner Mutter einen Gefallen zu tun, als ein Bote hereinstürzte. Er schaute wild umher und sprudelte dann, sodass wir alle es hören konnten, hervor: »Euer Gnaden – die Cornier zählen an fünfzehntausend! Sie sind schon zu Winchester! Und Warbeck ist gekrönt!«
Der König saß da, und sein Gesicht war wie eine Maske. Einen Augenblick lang hörte man nichts als sein schweres Atmen. Dann bewegten sich seine Lippen, und er sagte ein einziges Wort. »Wieder!«
»Die Verräter!«, spie die Mutter des Königs. »Bestrafe sie!«
Der König wandte sich ihr mit unbewegter Miene zu. »Alle, Madam?«, fragte er leise.
Ich sah, wie ihr Gesichtsausdruck sich veränderte. Ich wusste damals nicht, dass der Bruder ihres Gemahls, Sir William Stanley, soeben zum Prätendenten übergelaufen war.
Sie hielt seinem Blick Stand – Stahl gegen Stahl. »Alle«, sagte sie.
Dann ging der Bote zu ihnen, und aufgestört begann man, sich murmelnd zu beraten. Ich beobachtete das Antlitz der Königin; es war blass geworden, aber sonst zeigte es keine Regung. Unvermittelt erhob sie sich und kam herüber zu Arthur, Margaret und mir.
»Es ist spät«, sagte sie. »Ihr müsst zu Bett gehen. Ich werde Mistress Luke rufen lassen.« Es war offenkundig, dass sie uns loswerden wollte, just als mir am meisten daran lag, zu bleiben.
Schwester Luke erschien zu meiner Enttäuschung unverzüglich und führte uns hinaus. Mit übersprudelnder Neugier erkundigte sie sich fröhlich nach dem Bankett und nach unseren Geschenken. Auf dem Rückweg in unsere Gemächer spürte ich die Kälte stärker noch als in der Kammer des Königs. Sie sickerte durch den offenen Gang wie Wasser durch ein Sieb.
Die Fackeln an der Wand warfen lange Schatten vor uns her. Sie waren weit heruntergebrannt; es musste schon sehr spät sein. Wo sie schon an den Fassungen glimmten, qualmten sie stark.
Tatsächlich schien mir der ganze Gang dunstig von Rauch zu sein, der vor uns immer dichter wurde. Als wir in einen anderen Korridor einbogen, war die Kälte plötzlich verschwunden. So nahm ich es wahr – es war nicht ungewöhnlich warm, aber eben auch nicht mehr kalt. Ich fing an, mir den Mantel auszuziehen. Ich erinnere mich noch heute, wie der abgetragene Samtstoff sich anfühlte, als ich die Spange aufriss und merkte, wie die schwere Last mir von den
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